„Jetzt können wir handeln“: Sportchef Frank Baumann im Interview über baldige Transfers bei Werder und die Ungeduld im Umfeld

Sportchef Frank Baumann muss bei Werder Bremen in Sachen Transfers dringend handeln.
 ©gumzmedia

Bremen – Nein, natürlich hatte Frank Baumann die bittere 0:2-Pokalpleite beim VfL Osnabrück am Sonntagmittag noch nicht verdaut. Das war dem Sportchef des SV Werder Bremen während des Gesprächs mit der DeichStube deutlich anzumerken.

„Es war ein Rückschlag für uns“, sagte der 45-Jährige und kündigte für die kommende Woche mindestens einen Neuzugang für die Offensive des SV Werder Bremen an. Außerdem sprach Frank Baumann über den „Dominostein“ Josh Sargent, erklärte den Verkauf von Johannes Eggestein – und übte Kritik an der großen Ungeduld des Umfelds, was die Kaderplanung betrifft.

Herr Baumann, 0:2 in Osnabrück – wie groß ist Ihr Ärger nach dem Aus im DFB-Pokal?

Die Enttäuschung über das Ergebnis ist sehr groß. Wir sind raus und können es nicht mehr gutmachen. Vor allem, weil die Niederlage so unnötig war, wird sie noch länger nachwirken. Zu Beginn haben wir nicht ins Spiel gefunden und in der zweiten Halbzeit dann unsere klare Überlegenheit nicht in Tore umgemünzt. Es war ein Rückschlag für uns, nachdem der Start in die 2. Liga mit vier Punkten aus zwei Spielen gut verlaufen ist.

Während des Spiels war – bei allem Pech mit Pfosten- und Lattentreffern – deutlich zu sehen, dass Werder Bremen dringend Verstärkung für die Offensive braucht. Wann kommt sie?

Erstmal möchte ich sagen, dass wir die Überzeugung haben, dass Spieler wie Eren Dinkci und Niclas Füllkrug, die in Osnabrück Chancen ausgelassen haben, auch wieder treffen werden. Das ist für mich nur eine Frage der Zeit. Zudem haben wir mit Leo Bittencourt einen sehr abschlussstarken Spieler, der gerade verletzt ist. Auch aus dem Mittelfeld entwickeln wir Torgefahr. Nicolai Rapp hatte nach seiner Einwechslung zum Beispiel gute Aktionen. Aber trotzdem wollen wir im Offensivbereich personell nachlegen und in dieser Woche mindestens einen Neuzugang für den Sturm präsentieren.

Werder Bremen muss einen Transferüberschuss erzielen

Ist mit dem Verkauf von Josh Sargent an Norwich City also der Dominostein gefallen, der Werders Transferplanungen endlich so richtig ins Rollen bringt?

Wir können jetzt handeln, ja. Aber an oberster Stelle stehen für uns durch die Pandemie und den Abstieg aus der Bundesliga weiterhin zwei Aufgaben, um die wirtschaftlichen Herausforderungen meistern zu können. Erstens, dass wir einen Transferüberschuss erzielen müssen, und zweitens, dass wir das Gehaltsgefüge weiter reduzieren müssen. In beiden Punkten sind wir durch die Verkäufe von Josh, Yuya Osako und Johannes Eggestein natürlich einen Schritt weitergekommen, aber trotzdem werden wir nur einen kleinen Teil der Ablöse wieder investieren können.

Der Eggestein-Verkauf hat bei vielen Fans für Unverständnis gesorgt. War am Ende sein dem Vernehmen nach hohes Gehalt der Hauptgrund für die Trennung?

Nein, aber natürlich muss man bei Transferentscheidungen immer auch Dinge wie die Vertragslaufzeit und das Gehalt berücksichtigen. Es ist immer die Frage, was sich zudem noch für eine Ablösesumme erzielen lässt und was es im Kader für Alternativen dahinter gibt, die vielleicht deutlich weniger verdienen. Wenn ein Vertrag in einem Jahr ausläuft, kann man es vielleicht mal bei einem Spieler riskieren, ihn zu halten. Dann muss er aber sportlich schon eine sehr große Relevanz oder ein geringeres Gehalt haben.

Sind Johannes Eggestein und Werder Bremen aneinander gescheitert?

Jojo ist bei uns nicht gescheitert. Er hat an die 50 Bundesligaspiele gemacht und wechselt jetzt zu einem Club, der international spielt. Am Ende ist es so, dass die Spieler mit ihren Leistungen beeinflussen, welche Rolle sie einnehmen. Auch aufgrund von Jojos Position als eine Art Halbstürmer war es am Ende für beide Seiten nicht mehr das Richtige. Das haben wir ihm gegenüber früh und ehrlich kommuniziert. Und auch in der Öffentlichkeit, um den einen oder anderen Interessenten insbesondere im Ausland auf ihn aufmerksam zu machen, weil ja schon viele davon ausgegangen sind, dass er auf jeden Fall bleiben wird.

Frank Baumann hat bei 15 bis 20 Transfers für Werder Bremen angekündigt

Vor drei Wochen haben Sie 15 bis 20 Transfers noch in diesem Sommer angekündigt. Bereuen Sie die Aussage inzwischen?

Nein, denn ich habe klar kommuniziert, dass in diesen Zahlen wirklich alle Transfers inkludiert sind, also auch die von jungen Perspektivspielern. Dazu zählt zum Beispiel die Ausleihe von Kebba Badjie nach Halle oder der Wechsel von David Philipp zu Victoria Köln. Dazu haben wir Dejan Galjen vom KSC verpflichtet und sind kurz davor Johan Mina an einen Verein im Ausland zu verleihen. Das alles ist für die Öffentlichkeit vielleicht nicht so entscheidend, für eine nachhaltige Kaderplanung aber sehr wichtig.

Trotzdem sehnen sich die Fans in erster Linie nach Sofort-Verstärkungen für das Zweitliga-Team. Können Sie die Erwartungen und die damit verbundene Kritik an Ihrer Arbeit nachvollziehen?

Wir hätten schon längst neue Spieler verpflichten können, dann hätten wir aber am Ende der Transferphase einen zweistelligen Millionenbetrag weniger auf dem Konto, weil wir zuvor Spieler für geringere Summen verkauft hätten, als es jetzt möglich ist. Josh Sargent ist dafür das beste Beispiel. Wenn wir ihn eher abgegeben hätten, hätte das dafür gesorgt, dass wir insgesamt mehr Spieler verkaufen müssen, um unsere wirtschaftlichen Ziele zu erreichen, oder dass wir für Neuzugänge noch weniger Geld ausgeben können. Es geht darum, einen Mittelweg zu finden und die wirtschaftliche Vernunft in den Vordergrund zu stellen.

Nach dem suchen andere Clubs auch. Schalke 04, das ebenfalls aus der Bundesliga abgestiegen ist und das ebenfalls wirtschaftliche Zwänge plagen, hat bereits 13 neue Spieler unter Vertrag genommen...

Es stört mich, dass immer wieder solche Zahlen gespielt, sie aber nicht vergleichbar sind und nicht richtig eingeordnet werden. Schalke wird plötzlich als das große Vorbild dargestellt, weil sie schon 13 Spieler geholt haben und wir angeblich erst drei. Schalke hatte aber auch über 20 Abgänge, wir seit wenigen Tagen acht. Zudem haben sie noch vier aussortierte Spieler. Dass sie dann mehr Neue holen, ist ganz normal. Bei den Schalker Abgängen waren der absolute Großteil Spieler mit auslaufenden Verträgen. Bei uns ist die Situation eine ganz andere, weil die Verträge unserer Spieler alle auch mit deutlich reduzierten Bezügen in der 2. Liga gelten. Nach meiner Rechnung haben wir zudem schon sechs bis sieben Neuzugänge, da sich unsere neuen Kaderspieler aus drei Säulen zusammensetzen. Das sind externe Neuzugänge, Rückkehrer nach Ausleihen wie Niklas Schmidt oder Michael Zetterer sowie Spieler aus dem Nachwuchs wie Abed Nankishi oder Oscar Schönfelder.

Sind Sie von der Ungeduld des Umfelds überrascht?

Wir wussten, dass nach dem Abstieg erstmal nur das Negative gesehen wird, was ja auch nachvollziehbar ist. Einige haben die Sorge, dass wir direkt durchgereicht werden, andere erwarten vom ersten Jahr in der 2. Liga vielleicht zu viel. Dazu wollen wir eine neue Mannschaft mit vielen entwicklungsfähigen Spielern aufbauen. Dabei braucht man Geduld und muss auch mit Rückschlägen rechnen. Das ist das Spannungsfeld, in dem wir uns bewegen. (dco) Auch interessant: So erklärt Josh Sargent seinen Wechsel von Werder Bremen zu Norwich City!

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