Das Präsidium des SV Werder Bremen hat ein lukratives Angebot einer Investorengruppe aus den USA abgelehnt. Die Bremer hätten dafür mit ihrer ausgegliederten Kapitalgesellschaft an die amerikanische Technologiebörse Nasdaq gehen müssen. Warum das Investoren-Thema trotzdem nicht vom Tisch ist.
Bremen – Vor zwei Wochen musste es ganz schnell gehen: Das Präsidium des SV Werder Bremen stand in einer kurzfristig einberufenen Sondersitzung vor der Entscheidung, ob der Verein mit seiner ausgegliederten Kapitalgesellschaft (KG) an die Börse geht – und das nicht in Deutschland, sondern in den USA. Ein absolutes Novum in der Bundesliga. Dem Verein lag nach Informationen der DeichStube ein lukratives Angebot für eine Zukunft an der Technologiebörse Nasdaq in den USA vor. Es ging um einen Betrag zwischen 50 und 70 Millionen Euro, aber auch um bis zu 30 Prozent der Anteile der KG. Geschäftsführung und Aufsichtsrat empfahlen, die Fortführung der Gespräche mit der Investorengruppe aus den USA und die Unterzeichnung eines „Letters of intent“ (eine unverbindliche Absichtserklärung), doch das elfköpfige Präsidium entschied sich als Vertreter des Vereins, dem alleinigen Gesellschafter der KG, einstimmig dagegen. Zu groß waren die Bedenken. Das Thema hat sich damit erledigt, der Einstieg eines Investors allerdings nicht. Das Prozedere wurde als gute Erfahrung für künftige Angebote verbucht. Öffentlich äußern will sich Werder dazu nicht und verweist auf Vertraulichkeit im Verhältnis zu möglichen Geschäftspartnern sowie in der Zusammenarbeit der einzelnen Gremien.
50 bis 70 Millionen Euro Volumen: Werder Bremen lehnt lukratives Angebot einer Investorengruppe aus den USA ab
„Wir brauchen finanzielle Mittel“, hatte Vereinspräsident Hubertus Hess-Grunewald unlängst im Gespräch mit der DeichStube gefordert und auf die weiterhin angespannte Lage des SV Werder Bremen verwiesen. Den Bundesligisten drücken Schulden von fast 40 Millionen Euro (landesverbürgte Darlehen und eine Anleihe). Eine Rückzahlung aus eigener Kraft ist vorgesehen, würde aber auch dringend notwendige Investitionen in den Kader und die Infrastruktur hemmen. Das hatten bereits die Aufsichtsräte Harm Ohlmeyer und Marco Fuchs angemahnt und sich für den Einstieg eines Investors ausgesprochen. Selbst Hess-Grunewald war dem Thema zuletzt offener begegnet, aber seine jüngsten Aussagen überraschten dann schon. Denn nur wenige Tage zuvor hatte der Präsident, der erst Ende des Jahres nach einer Satzungsänderung aus der Geschäftsführung ausgeschieden ist, gemeinsam mit seinem Präsidium eine mögliche Einnahmequelle durch die erteilte Absage versiegen lassen. Das gefiel nicht jedem im Club, aber das Verhältnis zwischen den Protagonisten in Geschäftsführung, Aufsichtsrat und Präsidium soll trotzdem intakt sein. Denn die Offerte war eben nicht nur sehr lukrativ, sondern auch extrem kompliziert und durchaus riskant.
Werder Bremen sollte für einen Börsengang in den USA eine Mantelgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden gründen
Darum ging es: Eine Investorengruppe aus den USA, die sich schon länger im Profisport engagiert, möchte ihre Aktivitäten nach Europa ausdehnen. Seit etwa zwei Jahren wird mit mehreren Clubs verhandelt, Werder geriet dabei in die Pole Position. Für einen Börsengang in den USA sollte eine Mantelgesellschaft mit Sitz in den Niederlanden gegründet werden. Es war vorgesehen, dass der Verein Werder Bremen seine 100 Prozent Anteile an der KG in diese Mantelgesellschaft einbringt. Die bis zu 30 Prozent davon sollten dann an der Nasdaq in den freien Handel gehen. Die Investorengruppe aus den USA präsentierte dafür entsprechende Kaufzusagen mit einem Volumen von bis zu 70 Millionen Euro. Der Anreiz, das tatsächlich erfolgreich umzusetzen, war für die Amerikaner sehr groß. Ihnen winkten Vorzugsaktien in Millionen-Höhe. Der ganze Prozess hätte Werders Einnahme für den Verkauf der bis zu 30 Prozent - auch wegen einer umfangreichen juristischen Begleitung - um etwa zehn Millionen Euro schrumpfen lassen. Doch ein anderer Aspekt war noch viel wichtiger: Würden die Anleger wirklich zahlen? In einer solchen Transaktion ist es nicht unüblich, dass plötzlich Rückzieher gemacht werden. Eine Rückzugquote von 95 Prozent ist bei diesen Investments keine Seltenheit. Mit dem Risiko muss man gerade in den aktuellen Kapitalmarktzeiten leben. Dafür lässt sich viel Geld einsammeln. Zudem hätte Werder vom durchaus spannenden Know-How und dem internationalen Netzwerk der Investorengruppe profitieren können.
Das geschäftsführende Präsidium des Vereins war schon seit Monaten über die Verhandlungen der Geschäftsführung mit den Amerikanern informiert. Plötzlich musste es jedoch ganz schnell gehen und ein „Letter of intent“ von Werder Bremen unterschrieben werden. Nur dann wäre die Investorengruppe bereit gewesen, für eine anstehende Fristverlängerung an der Nasdaq 800.000 Euro zu zahlen. Ganz so unverbindlich wäre auch eine grün-weiße Unterschrift nicht gewesen. Für die professionelle Weiterverfolgung dieses Modells hätte Werder rund eine Million Euro als Kosten einplanen müssen. Denn juristisch ist die ganze Geschichte ziemlich kompliziert, wenn auch nach ersten Prüfungen wohl vereinbar mit der 50+1-Regel im deutschen Profifußball.
Präsidium des SV Werder Bremen entschied sich in letzter Instanz gegen die weitere Verfolgung des Investoren-Modells
Das Präsidium, das von der Geschäftsführung in Anwesenheit von Aufsichtsratsmitgliedern in besagter Sondersitzung ausführlich informiert wurde, entschied in letzter Instanz dagegen - aus mehreren Gründen. Das Präsidium sorgte sich, wer die Aktien von Werder Bremen kauft – sofort und später. Theoretisch wäre es an der Börse möglich gewesen, dass sich auch arabische, russische oder chinesische Investoren an den Grün-Weißen beteiligen und mitreden. Ein Schreckensszenario, allerdings auch ein sehr unwahrscheinliches – wie das Beispiel anderer Clubs zeigt. Es wurde zudem befürchtet, dass der geplante Börsengang in den USA von großen Teilen der Öffentlichkeit und vor allem von vielen Vereinsmitgliedern und Fans nicht als große Chance wahrgenommen, sondern durch die Komplexität gar nicht erst verstanden würde. Und schon die Unterzeichnung der Absichtserklärung hätte Werder publik machen müssen, da wäre es mit der Ruhe im Verein vorbei gewesen. Kein angenehmes Szenario im Schlussspurt einer Saison, in der die Klasse unbedingt gehalten werden muss.
Auch deshalb stellt sich die Frage: Warum hat die Geschäftsführung mit Klaus Filbry an der Spitze diese Option überhaupt so intensiv verfolgt und auch empfohlen – genauso wie der Aufsichtsrat, wenn die Unwägbarkeiten doch so groß sind? Weil der Auftrag des Präsidiums vorliegt und es auch die Rolle der Geschäftsführung mit sich bringt, solche Möglichkeiten intensiv zu prüfen und aufzuzeigen, um die Zukunft von Werder Bremen zu sichern. Letztlich muss dann der Gesellschafter entscheiden, was er will. An die Börse in den USA will das von den Vereinsmitgliedern legitimierte Gremium jedenfalls nicht. Zumal diese Lösung ein regionales Investoren-Modell quasi unmöglich gemacht hätte. Diese Idee wird nun weiter verfolgt. Bis zur nächsten Sondersitzung des Präsidiums soll es allerdings noch einige Zeit dauern. (kni)