Trotz finanziell angespannter Lage wird der SV Werder Bremen für Transfers in diesem Sommer Geld investieren - auch, wenn keine Einnahmen generiert werden. Das hat Klaus Filbry gegenüber der DeichStube bestätigt.
Zell am Ziller – Manchmal, da steht Clemens Fritz einfach nur da und redet. Gern ganz hinten in der Ecke des Hauptplatzes im Parkstadion von Zell am Ziller. Dort, wo auch an regnerischen Tagen ein großer Baum genügend Schutz bietet. Und auch wenn es so ausschaut, als würde der Leiter Profifußball des SV Werder Bremen Selbstgespräche führen – er tut es freilich nicht. Denn neben seinem Smartphone hat der 42-Jährige auch stets weiße, kabellose Kopfhörer dabei, die er sich in die Ohrmuscheln stopft, damit er freihändig telefonieren kann. Und das tut er im Zillertal ziemlich häufig. Es ist im Grunde eine der Hauptaufgaben seines Jobs. Es müssen schließlich Transfers abgeklopft und angebahnt werden. Doch genau daran hapert es aktuell bei Werder. Dabei steht schon in dreieinhalb Wochen das erste Bundesliga-Spiel an, sechs Tage zuvor wird bereits eine gute Leistung im DFB-Pokal benötigt. Und auch wenn das Transferfenster noch bis Anfang September geöffnet ist, die Zeit drängt. Denn Werder hat Baustellen.
Werder Bremen braucht wegen der finanziellen Situation „mitunter etwas Geduld“ bezüglich Transfers
„Wir arbeiten intensiv daran und schauen, dass wir da zeitnah etwas umsetzen können“, erklärt Clemens Fritz. „Wir wollen uns aber auch nicht treiben lassen, weil es wichtig ist, dass das Sportliche und auch das Wirtschaftliche zusammenpassen.“ In beiden Bereichen haben die Bremer klare Vorstellungen, doch vor allem beim Geld sind eindeutig Grenzen gesetzt – und somit irgendwie auch beim Wunsch nach einer wesentlichen Steigerung der sportlichen Qualität. Im Fall von Naby Keita gelang es vor wenigen Wochen, einen hochveranlagten Akteur von Werder Bremen zu überzeugen. Der Ex-Liverpooler kam ablösefrei, hatte aber eine dicke Krankenakte im Schlepptau. Und verletzte sich prompt kurz nach der Ankunft in Bremen. Genau solche Risiken müssen am Osterdeich aber eingegangen werden, um außergewöhnliche Transfers stemmen zu können. Oder aber es ist – so wie jetzt gerade – ein gutes Nervenkostüm gefragt, bis sich Werder mit den Vereinen einig wird, die interessante Spieler im Kader haben. „Wenn wir finanziell auf Rosen gebettet wären, dann wäre natürlich alles einfacher“, gesteht Fritz, der stattdessen die genannten Faktoren Sport und Finanzen in Einklang bringen muss. „Das ist manchmal die Schwierigkeit an der ganzen Geschichte, da braucht man mitunter etwas Geduld.“
Der SV Werder Bremen ist bekanntlich verschuldet, auch deshalb hieß es in den vergangenen Monaten immer wieder: Transfereinnahmen müssen her. Doch richtig viel Geld ist noch nicht in die Werder-Kasse geflossen – und gleichzeitig betont Sportchef Frank Baumann, dass der Club absolut „handlungsfähig“ sei und nicht erst groß verkaufen müsse, um dann selbst shoppen gehen zu können. Wie passt das zusammen? Die DeichStube hat bei Werder-Boss Klaus Filbry nachgefragt, der ist für die Finanzen der Grün-Weißen zuständig ist.
Werder Bremen-Boss Klaus Filbry über Transfers: „An der ein oder anderen Stelle auch nochmal ins Invest gehen“
„Frank hat es doch gerade erst gesagt: Wir sind handlungsfähig“, betont Filbry gleich zu Beginn des Gesprächs und erklärt: „Die Einnahmeseite ist stabil gewachsen.“ Es gibt mehr Geld aus dem TV-Vertrag und von den Sponsoren. Aber reicht das? Nein, das gibt auch Filbry zu: „Transfers gehören weiter zu unserem Geschäft und Transfererlöse sind für uns – wie auch in den letzten Jahren – notwendig. Da sind wir in einem Prozess. Den gehen wir weiter an. Johannes Jahns und Clemens Fritz arbeiten gemeinsam mit Frank Baumann und Ole Werner am Kader.“ Aber kann es sich Werder Bremen dabei leisten, keinen Topspieler zu verkaufen? „Man muss dann sehen, wie man andere Dinge löst. Aber aktuell sind wir stabil. Ich hätte damit keine Probleme. Aber es geht auch immer darum, den Kader weiterzuentwickeln“, antwortet Filbry.
Heißt eigentlich im Umkehrschluss: Wenn kein großes Geld reinkommt, gibt es auch keine großen Veränderungen. Doch das gilt offenbar nicht ganz, denn Klaus Filbry betont auch: „Neuzugänge wie Dawid Kownacki sind mir sehr lieb, weil sie ablösefrei sind und eine hohe Qualität haben. Oder auch ein Rückkehrer wie Nick Woltemade, der sich in der 3. Liga durchgebissen hat und dort zum besten Spieler gewählt worden ist. Das sind schöne Geschichten. Mir ist aber auch klar, dass wir an der einen oder anderen Stelle auch noch mal ins Invest gehen müssen. Das werden wir auch tun.“ Das dürften also noch interessante Wochen bei Werder Bremen bis zum Ende der Transferperiode am 1. September werden.
Clemens Fritz kündigt Werder Bremen-Transfers an: „Natürlich wollen und werden wir noch das ein oder andere umsetzen“
Auch Clemens Fritz ist sich dessen bewusst. „Wenn man sich unseren Kader und die Trainingsqualität anschaut, dann sieht das alles sehr gut aus. Aber natürlich wollen und werden wir noch das eine oder andere umsetzen“, sagt Werder Bremens früherer Kapitän. „Wie viele Spieler es am Ende werden, hängt auch ein bisschen vom Markt ab.“ Bedarf gibt es aber genug. „Wir haben auf der rechten Seite aktuell zwei verletzte Spieler und links Lee Buchanan abgegeben, weshalb wir natürlich wissen, dass noch einiges zu tun ist“, erzählt Fritz. „Wir müssen aber in Ruhe herausfiltern, was für uns das Sinnvollste und Beste ist.“
Das klingt nach vielen weiteren wichtigen Telefonaten. Am Morgen, am Mittag und am Abend. Womöglich wieder unter dem großen Baum in der Stadionecke. Dort, wo es am vergangenen Dienstag kurzfristig so aussah, als habe Fritz einen lange ersehnten Anruf bekommen und einen dicken Deal für Werder Bremen abgeschlossen. Jedenfalls grinste er anschließend breit über das ganze Gesicht und stattete einem Staff-Mitglied nach dem anderen einen Besuch ab. Um direkt die gute Nachricht zu überbringen? Fritz wiegelt ab: „Da hat wahrscheinlich einfach meine Frau angerufen, deswegen habe ich mich sehr gefreut.“ Naja, geht das Warten halt weiter. (mbü/kni)