Der Syrien-Konflikt hat Deutschland erreicht. Bei einem Aufeinandertreffen von Türken und Kurden droht ein Polizeibeamter offenbar mit Schusswaffengebrauch. Es kommt zu einem dramatischen Einsatz.
Update vom 23. Oktober, 16.00 Uhr: Im nordrhein-westfälischen Herne ist es erneut zu Ausschreitungen zwischen Türken und Kurden gekommen. An einer Schlägerei am Montagabend waren laut Polizeiangaben 60 Personen beteiligt. Knüppel und Latten seien zum Einsatz gekommen, zudem sei ein Messer gezeigt worden. Es habe einen Leichtverletzten gegeben.
Die verfeindeten Gruppen seien vor einem türkischen Café aufeinandergetroffen, nachdem sich die Kurden zuvor in einem nahe gelegenen Cafe versammelt hätten. Die Einsatzkräfte hätten zu Pfefferspray gegriffen, Schlagwerkzeuge und Schreckschusspistolen sichergestellt, vier Anzeigen wegen Landsfriedensbruchs und Körperverletzung gestellt sowie mehrere Platzverweise ausgesprochen.
Schon das klingt nach einem höchst ungewöhnlichen Einsatz. Nach Informationen von Focus Online soll das Geschehen aber noch weit dramatischer gewesen sein. Die Redaktion verweist auf ein Handyvideo eines Augenzeugen, das einen Polizisten zeige, der Gäste des türkischen Cafes mit gezogener Schusswaffe in Schach hält und droht: „Keinen Schritt weiter, sonst knalle ich euch alle ab.“
Außerdem sei in dem Clip Gebrüll zu hören, Randalierer würden zu schraubenbewehrten Holzlatten, Baseballschlägern, Ketten und Messern greifen. Die Polizei sei zunächst hoffnungslos unterlegen gewesen, so dass 15 bis 20 Angreifer den aufgebauten Riegel umgangen hätten und auf das Cafe zugestürmt seien. Erst eine wenige Minuten später eintreffende Einsatzhundertschaft habe Schlimmeres verhindert.
Kurden-Demo in Stuttgart: Nach der Offensive des türkischen Militärs in Syrien kommt es in Stuttgart seit zwei Wochen zu Demonstrationen von Kurden. Am Samstag rechnet die Polizei mit Ausschreitungen.
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Neukölln-Bürgermeister nimmt Moscheen in die Pflicht
Update vom 21. Oktober, 16.27 Uhr: Der türkische Präsident Erdogan hat vor knapp zwei Wochen die Offensive in Nordsyrien gestartet. Auch in Deutschland hat der Vormarsch sichtbare Spuren. Einerseits protestierten vielerorts Kurden gegen die Offensive. Doch Erdogan hat auch Unterstützer in Deutschland. So werde in Moscheen in Deutschland etwa „für den Militäreinsatz und die Märtyrer gebetet“, sagte Neuköllns Bürgermeister Martin Hikel gegenüber der Bild (Hinter Bezahl-Schranke). Er halte dies für „problematisch“, fügte der SPD-Politiker hinzu.
Zudem komme es seit der Offensive immer wieder zu Demonstrationen auf der Straße, die teils sogar in Gewalt ausarten, heißt es weiter. Dabei stört sich Hikel nicht daran, dass für verschiedene Sichtweisen auf die Straße gegangen werde. Allerdings sollten die Proteste und Demonstrationen nicht eine „so starke Emotionalisierung“ erleben, dass sie in Gewalt ausarten würden.
An dieser Stelle nimmt der Bürgermeister auch die Moscheen in die Pflicht. Diese müssten ein Signal des Friedens aussenden und die Imame müssten klar machen, dass Moscheen „nicht missbraucht werden für Kriegspropaganda und politische Indoktrination.“
Annegret Kramp-Karrenbauer sorgte mit ihrem Vorstoß für eine internationale Sicherheitszone in Nordsyrien für Irritationen. Jetzt ist die Meinung von Angela Merkel zur AKK-Initiative durchgesickert.
Herne: Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Zahlreiche Demos - Polizei greift zu Pfefferspray und Schlagstöcken
Update vom 19. Oktober, 22.00 Uhr: Tausende haben am Samstag in mehreren deutschen Städten gegen die türkische Militäroffensive in Nordsyrien protestiert. Die Demonstrationen verliefen weitgehend friedlich. In Köln etwa blieb eine befürchtete Eskalation aus. In Stuttgart dagegen kam es nach Angaben der Polizei zu Auseinandersetzungen zwischen Teilnehmern der Demonstration und der Polizei. Dabei wurde nach bisherigem Stand ein Polizist verletzt.
In der Hauptstadt Baden-Württembergs spaltete sich nach Polizeiangaben eine größere Gruppe ab und lief teils vermummt Richtung Hauptbahnhof. Die Menge habe sich nicht aufhalten lassen. „Um nicht überrannt zu werden, mussten die Einsatzkräfte Pfefferspray und Schlagstock einsetzen. Sie wurden mit Gegenständen und Böllern beworfen, weshalb die Versammlung gegen 17.15 Uhr durch die Polizei aufgelöst wurde.“ Anschließend kontrollierten die Beamten mehr als 200 Personen. Dabei seien erneut Flaschen- und Böller geworfen worden. Ein Beamter erlitt ein Knalltrauma und wurde von Rettungskräften versorgt.
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Proteste schon vor geplanten Großdemos
Update vom 17. Oktober, 9.46 Uhr: Bereits vor den am Wochenende geplanten Großdemonstrationen gab es am Mittwoch in mehreren deutschen Städten Proteste gegen die türkische Militäroffensive in Syrien. Grund dafür ist der Vorwurf an Ankara, einen völkerrechtswidrigen Angriffskrieg zu führen.
In der Innenstadt von Bottrop sind Demo-Teilnehmer und Passanten türkischer Herkunft aufeinandergetroffen und haben sich provoziert, wie die Polizei mitteilte. Anschließend seien Steine geflogen. "Ein Aufeinandertreffen konnten wir nur dadurch verhindern, dass wir mit starker Polizeipräsenz in der Innenstadt unterwegs waren", sagte eine Polizeisprecherin.
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Neun Verletzte bei Demonstrationen
Bei den Auseinandersetzungen seien fünf Polizisten leicht verletzt worden. Außerdem erlitten zwei Männer und eine Frau leichte Verletzungen. Fünf Tatverdächtige wurden anschließend festgenommen, von elf weiteren nahm die Polizei die Personalien auf.
In Lüdenscheid wurde bei einer kurdischen Demonstration ein türkischstämmiger Mann sogar schwer verletzt. Ein Unbekannter habe dem 50-Jährigen mit einem Messer in den Rücken gestochen. Der Mann sei anschließend ins Krankenhaus gebracht worden. Die genauen Hintergründe der Tat sind bislang unklar, eine Mordkommission wurde laut Polizei eingesetzt. Der Staatsschutz ermittelt. Über den Zwischenfall bei der Demonstration in Lüdenscheid berichtet auch come-on.de*.
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Prokurdische Aktivisten kündigen Großdemos in elf deutschen Städten an
Update vom 16. Oktober, 18.21 Uhr: Die prokurdische Organisation „riseup4rojava“ plant für das Wochenende regionale Großdemonstrationen in deutschsprachigen Städten. Via Twitter rufen die Aktivisten dazu auf, am Samstag in zehn deutschen Städten sowie in Wien und Bern auf die Straßen zu gehen, um Solidarität mit Rojava - so die kurdische Bezeichnung für die Demokratische Föderation Nord- und Ostsyrien - zu demonstrieren und anschließend öffentliche Plätze, die Infrastruktur allgemein und Bahnlinien zu blockieren. Am Sonntag erhoffen sich die Aktivisten dann Unterstützung auf der NoPEGIDA-Demo in Dresden.
On 19th October take to the streets in solidarity with #Rojava and afterwards block public spaces, infrastructure, railways...
— Riseup4Rojava (@RISEUP4R0JAVA) 16. Oktober 2019
If the states won't act, the people will act.
Shut down the world, stop Turkish fascism!#riseup4rojava pic.twitter.com/APDVPOYNqI
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Prokurdische Aktivisten stören wichtigen politischen Termin in Berlin
Update vom 16. Oktober, 17.02 Uhr: Aktivisten der linksgerichteten prokurdischen Organisation "riseup4rojava" haben kurzzeitig die Bundespressekonferenz in Berlin unterbrochen. Sie entrollten Transparente, auf denen sie gegen den türkischen Einmarsch in Kurdengebiete Nordsyriens protestierten. Auf Veranlassung des Vorsitzenden der Pressekonferenz wurden die Demonstranten von der Polizei aus dem Saal geführt.
Die Demonstranten kritisierten die Zusammenarbeit der Bundesregierung mit der Türkei und ihrem Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Auf Transparenten wurden der "türkische Angriffskrieg" sowie "ethnische Säuberungen" zu Lasten der Kurden durch die Invasionstruppen angeprangert. Auch wurde dazu aufgerufen, die im Rahmen der kurdischen Selbstverwaltung erreichten Frauenrechte in der Region zu verteidigen. Die Kurden bezeichnen das Gebiet als Rojava.
Prokurdische Demonstranten stören Bundespressekonferenz - TV-Übertragung wird unterbrochen
Die TV-Übertragung der dreimal wöchentlich stattfindenden Pressekonferenz mit den Sprechern der Bundesregierung und der Bundesministerien wurde wegen der Aktion durch den Vorsitzenden unterbrochen. Er warf den Aktivisten einen Verstoß gegen das Hausrecht der Bundespressekonferenz vor und kündigte deswegen Strafanzeigen gegen die Demonstranten an.
"riseup4rojava" verteidigte das Vorgehen der Aktivisten. "Ihr könnt uns kriminalisieren, schikanieren, festnehmen - aber ihr werdet nicht verhindern, dass wir uns gegen Krieg und Genozid in Rojava erheben“, hieß es im Internetdienst Twitter.
Friends in Germany visited the federal press conference to help the press to report on the genocidal attack on Northern Syria and the brave resistance of the people and democratic self defense forces#riseup4rojava pic.twitter.com/8Y7jYMTiL4
— Riseup4Rojava (@RISEUP4R0JAVA) 16. Oktober 2019
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Türkische Ladenbesitzer angegriffen
Update vom 16. Oktober, 9.30 Uhr: „Die Lage ist zunehmend angespannt“, sagt Gökay Sofuoglu. Gegenüber welt.de erklärt der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, was ihm mehrere Betriebe berichtet hätten. Nach einer Kundgebung in Stuttgart sollen türkische Restaurantbesitzer mit Stühlen angegriffen worden sein. „Die allermeisten Kurden und Türken distanzieren sich von der Gewalt“, stellt Sofuoglu klar. Leider gebe es Extremisten, die „weltpolitische Konflikte für ihre eigene aggressive Agenda nutzen.“
Auch sein Pendant Ali Ertan Toprak, Vorsitzender der Kurdischen Gemeinde in Deutschland, mahnt. Die Ditib-Moscheen, die direkt dem türkischen Präsidenten unterstellt seien, täten „alles, damit die Türken die nationalistische Politik Erdogans unterstützen“, sagte Toprak gegenüber dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Die Kurden würden weiterhin mit demokratischen Mitteln dagegen protestieren. „Aber wir wissen nicht, welche Verbrechen in den nächsten Tagen noch passieren“, sinniert der Vorsitzende der Kurdischen Gemeinde.
Das Bundesinnenministerium sieht sich noch nicht veranlasst, die Lage neu zu bewerten, bereitet sich jedoch auf mögliche Konflikte vor. Es sei nicht auszuschließen, „dass es aufgrund des hohen Emotionalisierungspotenzials des Themas vereinzelt zu gewaltsamen Auseinandersetzungen am Rande solcher Veranstaltungen kommen kann.“
Syrien-Konflikt erreicht Deutschland: Kurden attackieren türkische Läden in Herne
Erstmeldung vom 15. Oktober:
Herne - Eine Demonstration in Deutschland lebender Kurden gegen die türkische Militäroffensive in Syrien hat am Montagabend zu Ausschreitungen im nordrhein-westfälischen Herne geführt. Dabei wurden fünf Menschen wurden verletzt, wie ein Polizeisprecher sagte. Bei der angemeldeten Demonstration, die unter dem Motto „Hände weg von Rojava“ stand, hatten sich rund 350 Menschen versammelt.
Rojava ist der kurdische Name der Demokratischen Föderation Nord- und Ostsyrien, die ein de facto autonomes Gebiet in Syrien darstellt. In Deutschland ist das Gebiet als Westkurdistan bekannt. In dieses Gebiet ist die Türkei am 9. November einmarschiert.
Kurdischer Angriff auf türkische Läden: Fünf Menschen verletzt
In Herne seien ein Kiosk und ein türkisches Café von kurdischen Demonstranten angegriffen worden. Dabei seien im Kiosk ein Mann und eine Frau verletzt worden. Beide Personen wurden in ein Krankenhaus gebracht.
In dem türkischen Café seien außerdem eine Person und ein Polizeibeamter verletzt worden, sagte der Polizeisprecher weiter. Der Beamte habe lediglich leichte Verletzungen davongetragen und konnte das Krankenhaus noch am Montagabend verlassen.
Der Versammlungsleiter habe die Demonstration schließlich am geplanten Ort beendet. Beim Versuch, die Demonstration zu beenden, soll der Mann dann von Demonstranten angegriffen worden sein. Nach Polizeiangaben wurde er ebenfalls verletzt.
Kurdischer Angriff auf türkische Läden: Provokationen aus Café und Kiosk
In dem türkischen Café sind nach Angaben der Polizei sowohl Schaufensterscheiben als auch Mobiliar zerstört worden. Zunächst habe es Provokationen aus dem Café heraus gegeben, die schließlich zu den Angriffen geführt haben. Von wem der Kiosk betrieben wurde, war nach Angaben der Polizei zunächst unklar. Auch hier soll es soll es Provokationen gegeben haben, die dem Angriff vorausgingen.
Die Stimmung bei der Versammlung sei laut Polizei „ziemlich aufgebracht“ gewesen. Nach dem Ende der Demonstration gegen 21.00 Uhr war die Polizei weiter im Stadtgebiet von Herne im Einsatz. Weiteren Ausschreitungen habe es dabei nicht gegeben.
Versammlungsleiter war nach den Angaben ein Deutscher. Nach Angaben des Polizeisprechers hält er regelmäßig Demonstrationen in Herne ab und hatte sie dieses Mal unter das Thema türkische Syrienoffensive gestellt.
Kurdischer Angriff auf türkische Läden: Polizei wertet Videoaufnahmen aus
Am Dienstag will die Polizei Videoaufnahmen der Vorfälle auswerten, wie ein Polizeisprecher am Morgen sagte. Rund 100 der etwa 350 Demonstranten hätten sich an dem Angriff auf einen Kiosk beteiligt. Etwa genauso viele stürmten und beschädigten demnach am Montagabend ein türkisches Café. Von einigen Beteiligten seien die Namen erfasst worden.
Seit Mittwoch, den 9. Oktober, gehen türkische Truppen mit verbündeten Rebellen gegen die Kurdenmiliz YPG in Nordsyrien vor. Ankara betrachtet die YPG als Ableger der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK und damit als Terrororganisation.
Die türkische Fußballnationalmannschaft hatte sich mit ihren Truppen solidarisch gezeigt und nach ihren Länderspielen salutiert. Dabei verweigerten zwei Bundesliga-Profis den Gruß. Ein anderer Profi in Deutschland wurde wegen der Zurschaustellung von Sympathien für den türkischen Einmarsch freigestellt.
Alle aktuellen Entwicklungen zum türkischen Einmarsch in Nordsyrien lesen Sie im News-Ticker auf Merkur.de.
Droht der Bundeswehr eine Beteiligung am Krieg der Türken in Nordsyrien? Der NATO-Bündnisfall könnte greifen.
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