Das Flugzeug gilt als das sicherste Verkehrsmittel der Welt. Viele Menschen haben dennoch ein ungutes Gefühl beim Fliegen - erst recht nach Berichten über Pannen, Abstürze und Anschläge wie zuletzt. Manchmal sogar mit schweren körperlichen Folgen.
Frankfurt/Main - Die Ferienzeit steht bevor. Die Reise in den Urlaub ist für manche Menschen allerdings ein Alptraum, wenn sie sich dafür in ein Flugzeug setzen müssen. Flugangst kann jeden treffen. Manchmal ist es nur ein Unbehagen. Doch in schlimmen Fällen kommt es zu Panikattacken mit Herzrasen, Zittern oder Atemnot. Die jüngsten Abstürze und die Anschläge auf die Flughäfen in Brüssel und Istanbul tragen nicht zur Beruhigung bei. Aber auch Meldungen über umgekehrte Maschinen und außerplanmäßige Landungen machen Betroffenen Angst.
„Wenn ich flugängstlich bin, nehme ich die Berichterstattung über Zwischenfälle auf wie ein trockener Schwamm“, sagt Lufthansa-Sprecher Michael Lamberty. „Denn da erhalte ich scheinbar eine Bestätigung für meine Angst: Da ist ja schon wieder was passiert. Doch das ist natürlich ein Trugschluss.“
Die Psychologin Darina Augapfel, die Seminare gegen Flugangst hält, erlebt bei ihrer Arbeit, dass die Auswirkungen von Flugzeugabstürzen oder Terroranschlägen begrenzt sind. Die Ängste nähmen dann zwar zunächst zu, aber „nur ganz kurzfristig, vielleicht für ein paar Tage. Danach lässt das wieder nach“, sagt sie.
Angesichts der Anschläge auf Flughäfen müsse man zudem trennen zwischen der Angst vor dem Fliegen und möglichen Ängsten beim Betreten von Flughäfen. „Nach den Terroranschlägen gibt es eine generelle Verunsicherung. Eine solche Flughafenangst trifft auch andere Menschen. Das ist ja auch das Ziel der Terroristen“, sagt Augapfel. „Es handelt sich nicht um eine Angst vor dem Fliegen, sondern eher um eine Terrorangst.“
Flugangst kann auch dann auftreten, wenn man vorher schon ohne Probleme geflogen ist. Sie trifft Urlauber ebenso wie Geschäftsreisende. Rapper Cro, Autorin Charlotte Roche oder Schauspieler Matthias Schweighöfer etwa haben oder hatten nach eigener Aussage Flugangst.
Zur Verbreitung des Phänomens gibt es keine gesicherten Zahlen. In Schätzungen variiert der Anteil der Betroffenen in Deutschland zwischen 10 bis 15 Prozent. „Das ist wie ein Stochern im Nebel“, sagt Lufthansa-Sprecher Lamberty. Grund sei, dass verschiedene Faktoren die Flugangst auslösen könnten und es verschiedene Ausprägungen gebe - von leichter Anspannung bis hin zu massiver Beeinträchtigung.
Rezepte gegen die Angst vor dem Fliegen gibt es viele. In erster Linie geht es darum, Stress vor dem Flug zu vermeiden, denn unter Stress kann sich das flaue Gefühl in der Luft oft in Angst wandeln - und das, ohne dass das direkt am Fliegen liege, wie Augapfel sagt.
In leichteren Fällen können schon kleine Kniffe wie der Verzicht auf Kaffee oder Entspannungsübungen helfen, das Unbehagen zu lindern. Manche schwören auf homöopathische Mittel gegen die Flugangst. Auch mit Hypnose kann man dagegen angehen.
Andere trinken vor dem Abflug zwei Gläser Rotwein oder nehmen Beruhigungsmittel. Aus Sicht von Experten ist das jedoch nicht empfehlenswert: Der empfundene Kontrollverlust wird verstärkt, was eher zu einer Verfestigung der Angst führt.
Viele große Fluggesellschaften bieten Seminare gegen Flugangst an oder arbeiten mit entsprechenden Instituten zusammen. Die Stiftung Warentest hat vor einiger Zeit mehrere Anbieter getestet. Das Angebot der Agentur Texter-Millott, die mit der Lufthansa kooperiert, hat dabei am besten abgeschnitten. Für 790 Euro erhalten die Teilnehmer ein zweitägiges Gruppenseminar mit einem Abschlussflug.
Aber es gibt auch zahlreiche andere Anbieter. Manche haben Veranstaltungen ohne Flug im Programm, die dann deutlich günstiger sind. Den Testern zufolge sind Seminare mit Flug aber wirksamer.
Bei den Seminaren geht es auch darum, mit falschen Vorstellungen vom Fliegen aufzuräumen. Denn oft liege darin ein Grund für Angst und Unbehagen, berichtet Lamberty. Früher sei es ein probates Mittel gewesen, betroffenen Passagieren während des Fluges einen Cockpitbesuch zu vermitteln. Doch seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001 müssen die Cockpittüren verschlossen bleiben, womit diese Option wegfällt.
„Bei den Seminaren ist nicht mit einer Wunderheilung zu rechnen, aber man lernt Techniken, wie man besser mit der Flugangst umgehen kann“, sagt Lamberty. Und Psychologin Augapfel ergänzt: „Flugangst ist eine erworbene Angst. Deswegen kann man sie auch gut wieder verlieren.“
dpa