Kommt bald umstrittenes Reiserecht für Pauschalreisen?

Die neue EU-Pauschalreise-Richtlinie im Bundestag sorgt für Aufruhr.
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Die Regierung will eine Reform durchsetzen, bei der Reiseveranstalter das Recht haben, Preise nachträglich zu erhöhen. Verbraucherschützer warnten bereits davor.

Laut der Bundestagsabgeordneten Heike Brehmer ist die neue EU-Pauschalreiserichtlinie so gut wie durchgesetzt. Die Politikerin verkündete dies in ihrer Funktion als Vorsitzende des Tourimusausschusses auf dem Parlamentarischen Abend des DRV in Berlin. Die Richtlinie muss bis zum 1. Januar 2018 in nationales Recht umgesetzt werden.

Brehmer sprach von einer zeitnahen Verabschiedung der Reform durch den Deutschen Bundestag. Doch um was geht es in der neuen Reform genau?

Online gebuchte Reisen anfangs nicht abgesichert

Seit rund 30 Jahren erhalten Pauschalreisende, die mindestens Flug und Hotel buchen, einen sogenannten Sicherungsschein. Damit übernehmen Reiseveranstalter bei Insolvenz einer Fluglinie oder Hotels für Reisende alle Kosten.

Seit im Netz Reisen gebucht werden können, hat sich aber auch die rechtliche Lage geändert: Wenn Urlauber dort Flüge oder Hotels buchen, muss es nicht immer eine Pauschalreise sein. Nicht selten werden einzelne Bausteine gebucht - für die es bisher keine Absicherung gab.

Was ist eine Bausteinreise?

Urlauber können eine klassische Pauschalreise buchen oder ihre Ferien ganz individuell organisieren. Und dann gibt es da noch die Bausteinreise, mit der Veranstalter, Reisebüros und Online-Reisevermittler werben. Was genau bedeutet das - eine Bausteinreise?

"Es gibt keine gesetzliche Definition, jeder versteht darunter etwas anderes", erklärt der Reiserechtsexperte Prof. Ernst Führich aus Kempten gegenüber der Deutschen Presseagentur. Streng genommen sei jede Pauschalreise mit Flug, Hotel und Transfer eine Bausteinreise, wenn sie auf Wunsch des Kunden zu einem Paket zusammengestellt wird.

Als Bausteine werden schlicht die Reiseleistungen bezeichnet, aus denen sich eine Urlaubsreise zusammensetzt. Oft werben Veranstalter mit Bausteinreisen, die eigentlich klassische Pauschalreisen sind. Es kann aber auch sein, dass der Vermittler einer Bausteinreise zum Veranstalter wird - wenn er unter seinem Namen ein fertiges Reisepaket als eigene Leistung verkauft. Urlauber fragen bei der Buchung im Zweifel nach, ob der Anbieter Reiseveranstalter oder Vermittler ist.

EU-Kommission mit neuer Pauschalreiserichtlinie

Seit vielen Jahren wollte die EU-Kommission diese Absicherung zugunsten des Verbrauchers herstellen. Diese Pauschalreiserichtlinie ist mittlerweile beschlossen worden. Die neue EU-Pauschalreiserechtlinie sieht vor, dass bei kombinierten Reisen der Vermittler ab der Sommersaison 2018 zum Reiseveranstalter wird.

Der Hintergrund: Immer mehr Urlauber buchen Bausteinreisen, sind aber bislang nicht durch das Pauschalreiserecht geschützt, so Führich. "Derzeit übernehmen die Vermittler keine Veranstalterhaftung."

Die Reform soll nun auf deutsches Recht umgemünzt werden. Dabei steht im Mittelpunkt, dass Onlinebuchungen mit mehreren Bausteinen wie Pauschalreisen behandelt werden sollen.

Diese geplanten Neuregelungen sorgen für Missmut

1. Wenn eine Pauschalreise zu einem bestimmten Preis gebucht wurde, dürfen Reiseveranstalter den Preis nun um bis zu acht Prozent anheben. Voraussetzung: Sie tun dies bis 20 Tage vor Reiseantritt. Als Begründung dienen gestiegene Kosten der Reise.

2. Wenn Reisebüros maßgeschneiderten Urlaub nach dem Baukastenprinzip für ihre Kunden erstellen, sollen sie künftig wie Veranstalter haften. Heißt konkret: Sie müssen von Kunden zahlreiche Verträge, Einverständniserklärungen und Bestätigungen unterschreiben lassen. Das könnte Reisende von Einzelbuchungen auf diesem Wege abschrecken. Die Richtlinie sei so „nicht mehr besonders verbraucherschutzfreundlich" und sollte "zurück nach Brüssel geschickt werden", so Felix Methmann, Touristikreferent beim Bundesverband der Verbraucherzentralen, gegenüber dem Fachblatt "Touristik aktuell".

Verbraucher sollten sich absichern

Entscheidend für den Kunden ist, wer eine organisierte Reise in welcher Form verkauft - ob als Veranstalter oder Vermittler. Denn die Bausteine können von einem einzigen Veranstalter kommen, etwa von der Tui. Oder der Urlauber stellt eine Reise mit Bausteinen verschiedener Anbieter zusammen - etwa das Hotel von Tui, der Flug von Ryanair und ein Mietwagen von Avis. Wer als Anbieter verschiedene Leistungen kombiniert, tritt meist als Vermittler der Bausteine auf. Das kann das Reisebüro oder ein Online-Portal wie Expedia sein.

Der Kunde schließt in diesem Fall verschiedene Verträge mit den jeweiligen Leistungsträgern der Bausteine. "Das ist derzeit in 99 Prozent der Fälle keine Pauschalreise", erklärt Führich. Das heißt, es gilt auch nicht das deutsche Pauschalreiserecht, etwa mit einer besseren Absicherung für den Urlauber im Krisenfall, der Insolvenzabsicherung und der Möglichkeit, bei Reisemängeln den Preis zu mindern. Kurzum: Das Schutzniveau ist bei einer Reise aus vermittelten Bausteinen geringer.

Auch interessant: Diesen Fehler macht fast jeder nach der Flugbuchung.

sca / dpa

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