Leserbrief von Gisela Ritter aus Rotenburg

Bösartig und beleidigend

Zu: "Leser berichten: Mein Kriegsende - Historiker Kohlrausch: Kontext beachten" (Rundschau vom 6. Februar)

Wenn sich Herr Dr. Kohlrausch intensiv mit der Geschichte der Ostgebiete befasst hätte, wäre ihm ein so bösartiger und beleidigender Artikel nicht unterlaufen. Falls es ihn interessieren sollte, haben im Westen auch Städte und ganze Provinzen über 50 Prozent der Wähler die NSDAP gewählt. Diese Wähler wurden im Gegensatz zu uns nicht vertrieben. Außerdem sind wohl alle, die nach seiner Meinung die Partei gewählt haben, tot und somit greift Dr. Kohl rausch die Nachkommen an. Wir waren 1945 Kinder und somit unschuldig. Ich war sechs Jahre alt, als wir wie Vieh verladen in Güterwaggons ohne Wasser und Lebensmittel bei 20 Grad Kälte aus dem Osten fliehen mussten. Schnee war unsere Rettung, so hatten wir unterwegs immer Wasser. Meine Mutter mit uns drei Kindern war bestrebt, nicht in die Hände der Russen zu fallen. Die kleinen Kinder, die erfroren oder durch Hunger und Durst starben, wurden aus den Waggons in den Schnee geworfen. Über uns ständig Tiefflieger und immer die Angst im Nacken. Dann ging es mit einem Verwundetentransportzug weiter. Die armen Soldaten, die Tag und Nacht vor Schmerzen weinten und wimmerten, waren wohl kein erfreulicher Anblick für Kinder. Anschließend ging es auf ein Schiff, auch dort wurde man von oben und unten angegriffen. Schade, dass Herr Dr. Kohlrauseh so etwas nicht miterlebt hat. Seine Einstellung den Heimatvertriebenen gegenüber wäre heute wohl eine andere und sein Artikel wäre objektiver ausgefallen. Verängstigt, krank und unterernährt kam man im Westen an. Aber leider wurde man hier wie Aussätzige behandelt. Eine Waschküche oder eine Stallwohnung wurde gerade noch für die Flüchtlinge zur Verfügung gestellt. Eine psychologische Betreuung haben wir damals nicht erhalten. Daher ist der Artikel von Dr. Kohlrausch um so unverschämter, da viele Kinder von damals diese Zeit nicht verarbeitet haben. Eigentlich hätten unsere Mütter, statt beleidigt und in den Dreck gezogen zu werden, ein Ehrenmal verdient. Von einem Historiker hätte man einen objektiveren und geschichtlich fundierteren Artikel erwarten können.

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