Die Diakonissen Heidemarie Führer und Elisabeth Keppler lebten und wirkten zwölf Jahre in Lauenbrück - Von Andrea Winterhalter

Ohne Harlekin Fritz heim ins Mutterhaus

Im Fintau-Ort ein bekanntes Trio: die Diakonissen Elisabeth Keppler und Heidemarie Führer (rechts) mit Harlekin-Pudel Fritz Foto: Winterhalter. Kleines Bild: Bei der Umgestaltung des Gartens: Schwester Heidemarie fasst tatkräftig mit an
 ©Rotenburger Rundschau

Drei freundliche Augenpaare blicken den Besucher an, der den Weg in den idyllisch gelegenen Lauenbrücker Fregattenweg gefunden hat. Das Trio lebt in einem ehemaligen Gesindehaus der Familie von Bothmer. Die Drei tragen ähnliche Farben: Heidemarie Führer (68) und Elisabeth Keppler (81) kleidet eine Diakonissentracht und Hund Fritz steckt in seinem lockigen schwarz-weißen Pudelfell.

"Willkommen“, heißt es und der Gast wird in ein gemütliches Wohnzimmer geführt. Ein Blick in die Runde: Kaminofen, viele Bücher, Broschüren, Zettel, Fernseher und Terrasse. Hinter der Tür zum Garten stehen ein blaues und ein rotes Paar Gartenclogs. Ein ganz normaler Haushalt also, der die landläufige Vorstellung von Kargheit eines Diakonissen-Mutterhauses entbehrt. "Das Gesindehaus wurde seinerzeit für Pastor Hans Just (1904 bis 1999) umgebaut. Das Arbeitszimmer war ursprünglich ein Schweinestall“, schmunzelt Schwester Heidemarie in einer deutlich baden-württembergisch eingefärbten Mundart. Wie diese besondere Lebensgemeinschaft nach Lauenbrück kam? "Meine Schwester, Ingeborg Koch-Dreyer, leitete vor Ort ein Seniorenheim. Haus und Hof waren tip-top, aber sie suchte jemanden, der sich um die Seele der Menschen kümmert. So fragte sich mich 1998, ob ich mir vorstellen könnte in den Norden zu kommen“, berichtet die 68-Jährige. "Unser Mutterhaus gab das Okay und so sind wir im August 2000 angerückt.“ Offizieller Dienstbeginn war der 1. Oktober des Jahres. Da der Mensch und seine Persönlichkeit im Vordergrund steht, wurde schon bald der "Freundeskreis Wümmetal“ gegründet. Die Institution hat sich die Förderung der Lebensqualität im Alter auf die Fahnen geschrieben. So wurde der große Garten hinter dem Seniorenwohnheim komplett umgestaltet. Für das Riesen-Projekt konnte Schwester Heidemarie eine Gruppe Jugendlicher gewinnen, die am Arbeitsmarkt als nicht vermittelbar galt. Im Rahmen einer Gärtnerausbildung packten die Heranwachsenden unter der Anleitung ihres Ausbilders Thomas Wildhagen und der Diakonisse ordentlich an. Diese Arbeiten dauerten ein Jahr. Das Resultat übertraf alle Erwartungen: Ein zauberhafter Sinnesgarten war entstanden. "Dort gibt es jeweils einen Duft-, Frucht- und Kräuterweg, ein Blumenfeld für das Auge, einen Abschnitt für Demenzpatienten und eine Klangstation“, berichtet die Wahl-Lauenbrückerin. Durch Sponsoren wurde das Kleinod um ein Gewächshaus, drei Musal-Skulpturen, einen Pavillon und eine Hollywood-Schaukel erweitert. Die geborene Heidelbergerin steckte voller Ideen. So trug sie Sorge, dass alle Mitarbeiter der Einrichtung einen Kinästhetik-Kursus besuchten, um hilfsbedürftige Bewohner rückenschonend heben zu können. Es folgte die Mentoren-Ausbildung für Hospizhelfer nach dem Cellermodell. Vorangegangen war die Unsicherheit eines Altenpflegers bei der Sterbebegleitung. "Ich saß am PC, als ein Mitarbeiter zu mir kam und mich um Hilfe bat, weil ein Bewohner im Sterben lag“, schildert sie. Nachdem der Mensch verstorben war, schrieb sie eine Handreichung (Leitfaden der Sterbebegleitung), sorgte mit Unterstützung von Sponsoren dafür, dass jedes Zimmer mit einer Bibel ausgestattet wurde und bildete Hospizhelfer aus. "Seither erfahren alle Betroffenen in der Einrichtung eine Sterbebegleitung.“ Das Tätigkeitsfeld Führers erweiterte sich stetig: Öffentlichkeitsarbeit, Seelsorge, Sterbebegleitung, Mitarbeit in der Lauenbrücker Kirchengemeinde. "Ich war im Kirchenvorstand, im regionalen Jugendausschuss, kümmerte mich mit Pastor Lars Rüter um die Konfirmanden und gründete die Gruppe BbC (Biblisch bei Cappuccino)“, sagt die engagierte Frau. "Missionarische Schwerpunkte waren auch von meinem Mutterhaus gewünscht“, ergänzt sie. Irgendwann zog Kater Horacio aus der Nachbarschaft selbstständig in das Haus im Fregattenweg. Als er starb war klar, Schwester Heidemarie wollte wieder ein Tier. Dieses Mal einen Hund. So tapste vor rund vier Jahren Fritz in ihr Leben. "Als ich nachts im Internet googelte stieß ich auf ein Bild von ihm.“ Der sollte es sein! So setzten die beiden Hundeliebhaberinnen sich in ihr Auto und brausten nach Münster, um den kleinen Harlekin-Pudel von der Züchterin zu holen. "Er hat sehr zu unserer Lebensqualität beigetragen“, sagt Schwester Elisabeth, "er ist immer fröhlich.“ Seitdem das auffällige Tier in Lauenbrück lebt, haben sich die Kontakte der Beiden deutlich vermehrt. Der heiter-charmante Fritz eroberte die Herzen der Dorfbewohner. "Selbst aus dem Auto heraus wird er gegrüßt und bekommt ein Leckerli gereicht“, lachen die Schwestern. Die Diakonissen leben bereits zwölf Jahre in Lauenbrück. Nun neigt sich die Zeit in Norddeutschland dem Ende entgegen. Beide blicken auf eine ereignisreiche und bewegte Zeit zurück. Im September werden die Schwestern in den wohlverdienten Ruhestand in ihr Mutterhaus in Baden-Württemberg gehen – genauer gesagt: in eine Außenstelle in Villingen. "Die Anpassung an die festen Strukturen des Mutterhauses wird nicht einfach werden“, berichtet Schwester Elisabeth, die im Fintau-Ort für Haus, Hof, Hund und Besuch zuständig war. "Es war eine reiche und schöne Zeit, ich möchte nicht einen Tag missen.“ Schwester Heidemarie sagt mit einer gewissen Wehmut in der Stimme: "Es sind hier sehr viele Beziehungen entstanden. Diese werden jetzt gekappt, die Wurzeln müssen raus.“ Auch die Arbeit im Seniorenheim ist beendet, allerdings nicht ohne nachhaltige Spuren hinterlassen zu haben: die Themen Menschlichkeit und Hospizbegleitung sind mittlerweile mit der Einrichtung fest verknüpft. Auch die Zeit im Kirchenvorstand läuft aus; der liebgewonnenen Lucas-Kantorei und dem Flötenkreis muss "Adieu“ gesagt werden. Den Abschied von ihrem treuen Freund Fritz fürchten die Beiden besonders. "Wir können ihn leider nicht mit ins Mutterhaus nehmen. Wir geben ihn in sehr gute Hände nach Hamburg“, sagen sie betrübt und streicheln ihrem "Fritzle“ das krause Pudelfell.

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