Kulturverein ließ ein Stück Geschichte lebendig werden - Von Vera Mertins

Alte Schuluhr tickt wieder

"Das Rektorhaus bleibt stehen“, titelte die Rundschau im Juni 2000. Vorausgegangen waren Kontroversen um den geplanten Abriss und das erfolgreiche Bemühen engagierter Bürger um den Erhelt des Jugendstilgebäudes Am Brink, gleich neben dem alten Schulgebäude.

Damit die Gemeinde einen Ansprechpartner hat, wurde bereits 1999 der Kulturverein im Rektorhaus gegründet, dem seit Beginn Matthias Flau-Kolm vorsteht. Das Besondere war, dass Einwohner, die im normalen Leben wenig oder gar nichts miteinander zu tun haben, gemeinsam für ein Ziel auf die Straße gingen, eine Lichterkette vom Rektorhaus bis zum Rathaus in Händen hielten und fast tausend Unterschriften für den Erhalt des Gebäudes sammelten. Dabei hatte der Rat schon mehrheitlich für den Abriss votiert. Doch in buchstäblich letzter Sekunde konnte das Ruder noch einmal herumgerissen und der Ratsbeschluss gekippt werden. Das zehnjährige Bestehen des Kulturvereins im Rektorhaus ist es wert, einen Blick auf die turbulenten Anfänge zu richten. Zu den ganz engagierten Mitgliedern zählen neben dem Vorsitzenden Matthias Flau-Kolm auch Wilhelm Wiebe, Günther Wiggers, Ulf von Spreckelsen, Karl-Heinz Dörl und Fritz Bullerkist. Und wenn es um die Ottersberger Geschichte geht, macht diesen gestandenen Herren keiner etwas vor. Der Rundschau berichten sie von den Projekten, die in den letzten Jahren realisiert wurden. Die Gesprächsrunde findet natürlich im Rektorhaus statt, genauer im damaligen Herrenzimmer. Von hier aus hatte der Schulleiter, dieses Amt füllte über Jahrzehnte Heinrich Scheibe aus, einen direkten Blick auf das Schulgebäude und die Turmuhr. Damals war es noch üblich, dass die Schulleiter im Rektorhaus wohnten. Wilhelm Wiebe und Fritz Bullerkist können sich noch gut an ihre Zeit in der Ottersberger Volksschule erinnern. Den Raum unter dem Dach haben wir immer als "Taubenschlag“ bezeichnet, berichtet Bullerkist. Dort war das Lehrmittelzimmer untergebracht, in dem es auch einen Schacht für die Turmuhr gab, damit das Uhrwerk mit Hammer und Pendel funktionieren konnte. "Manchmal mußten auch wir Schüler da hoch, um die Uhr wieder aufzuziehen“. Details über die Uhr hat Günther Wiggers parat: "Die Schlosserei Jäger, damals mit Sitz Am Brink in Ottersberg, feierte im Jahr 1908 ihr 200-jähriges Geschäftsjubiläum und war somit eines der ältesten Unternehmen im Ort. Rudolph Wilhelm Jäger (1867 bis 1948) Ururenkel des Unternehmensgründers, wuchs als Einzelkind auf. Sein Vater hat ihn streng erzogen. Das hat auch in mannigfaltiger Hinsicht seinem Wesen und Wirken geprägt. Er hat seiner Heimat immer eine besondere Liebe entgegengebracht. Es war ihm eine besondere Freude, wenn –er helfen konnte und es galt, die Kultur zu pflegen und zu fördern. So schenkte er der Kirchengemeinde Ottersberg eine Orgel für die Kapelle, der Schule ein Harmonium und für den Neubau der Ottersberger Schule 1914/1915 stiftete er die Schuluhr. Er widmete sie seinem Vater zum Andenken. Als dann in den 60er Jahren das Lehrmittelzimmer zu einem Klassenraum umgebaut wurde, fiel der Schacht weg. Auch bekam die Volksschule ein neues Dach. Im Zuge dieser Erneuerungsmaßnahmen wurde die Schuluhr abgebaut. Die Gemeinde bewahrte sie in einem Stallgebäude hinter dem sogenannten Weißen Haus (Beyer) auf. Als dann der Abriss dieses von der Gemeinde genutzten Objektes anstand, läuteten bei den Mitgliedern des Kulturvereins die Alarmglocken, denn es galt, die alte Schulturmuhr sicher zu stellen. Vorübergehend wurde sie bei Ulf von Sprechelsen untergebracht. "Die war in einem ganz schlechten Zustand und natürlich auch nicht mehr funktionsfähig“, berichten die Ottersberger. Im Jahre 2006 beschloss dann der Vorstand des Kulturvereins, die Uhr zu restaurieren. In das Vorhaben einbezogen wurde Uhrmachermeister Klaus Tornow, der jetzt in Vorsfelde in der Nähe von Wolfsburg wohnt, früher aber einmal ein Geschäft in der Langen Straße in Ottersberg hatte. "Wir haben überlegt, ob wir die Uhr wieder auf das alte Schulgebäude bringen können, aber das war aus finanzieller und technischer Sicht nicht möglich“, berichtet der Vorsitzende Flau-Kolm. Um die Kosten überschaubar zu halten, unternahmen die Ehepaare Bullerkist und Wiebe eine "Arbeitsfahrt“ nach Hamburg. "Als wir im Stadtbus platt schnackten wurde es um uns herum plötzlich ganz still“, schmunzelt Bullerkist. Mit einem passenden Uhrwerk traten sie dann wieder die Heimreise an. Fritz Bullerkist installierte das Funkuhrwerk und setzte noch einen kleinen Turm mit Dachzielgeln drauf, um auf den Ursprung hinzuweisen. Ein adäquater Platz ist auch gefunden. Das Prachtstück ziert nun die Aula der Wümmeschule. Das alte Uhrwerk ist zur Ansicht in einem Schrank untergebracht, der unter der Uhr platziert ist. Seit Herbst diesen Jahres ist alles komplett bis auf die Glocke, "die leider nicht auffindbar ist“, bedauert Matthias Flau-Kolm. "Wenn uns die jemand als Weihnachtsgeschenk vor die Tür stellen würde oder sie über eine neutrale Person an uns weitergibt, würden wir uns riesig freuen.“

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