Chöre der Universitäten Danzig und Bremen gestalten Konzert - Erste Station: Rotenburg

Gesamteindruck: schier übermächtig

Im Rahmen der Partnerschaft zwischen Bremen und Danzig hat unlängst ein deutsch-polnisches Jahr begonnen. Dazu erarbeiteten der Chor der Universität Danzig sowie das Orchester und der Projektchor der Universität Bremen ein eindrucksvolles Konzert, für das die Stadtkirche Rotenburg erste Station war. Hier erklangen "Stabat Mater" ("die schmerzerfüllte Mutter stand...") von Karol Szymanowski und "Te Deum" ("Dich, Gott, loben wir") von Anton Bruckner, zwei Chor- und Orchesterwerke, die auch im Bremer Dom und in der Sankt-Johannis-Kirche in Danzig aufgeführt werden.

Partnerschaftlich wie die Begegnung der Mitwirkenden sind auch die ausgewählten Werke, geistliche Kompositionen eines Polen und eines Österreichers, der dem deutschen Musikschaffen zugerechnet wird. Besingt Szymanowski in seinem 1926 komponierten Werk den Schmerz und die Trauer, die Maria unter dem Kreuz um ihren toten Sohn empfindet, so ist Bruckners "Te Deum" aus dem Jahre 1884 ein machtvoller Lobgesang, der passagenweise klingt, als werde er von den himmlischen Chören der Offenbarung angestimmt. Superintendent Hans-Peter Daub nahm diese Symbolik in seiner Begrüßung auf und verwies darauf, dass neben dem Schmerz der Muttergottes auch die Trauer über die Verletzungen des Zweiten Weltkriegs aufgenommen werde, ebenso aber auch die Freude über den Neuanfang und das Vertrauen der nachbarlichen Beziehungen der beiden Völker, ein Neuanfang, der gerade für die Jugend zur Hoffnung berechtige. Dazu passt, dass ein Pole und eine Deutsche als Dirigenten beteiligt waren: Professor Marcin Tomczak leitet den Danziger Chor seit 1992 und errang mit ihm 2004 bei der dritten Chorolympiade in Bremen eine Goldmedaille. Susanne Gläß ist Universitätsmusikdirektorin in Bremen. Sie leitet das 65-köpfige Orchester der Universität. "Stabat Mater", das sechssätzige Chorwerk Karol Szymanowskis, beeindruckte durch den Wechsel von zarten Passagen, hämmerndem Ostinato und a-cappella-Gesang. In den Dialogen zwischen den Solisten und dem Chor zeichnete sich Agnieszka Kupisz (Sopran) durch brillante Klarheit und große Natürlichkeit aus, sie und die Altistin, Professor Maria Kowollik, gestalteten gemeinsam mit dem Chor den a-cappella-Satz wunderbar schlicht. Insgesamt gelang Marcin Tomczak mit dem großen Orchester und dem Riesenchor (weit über 100 Sängerinnen und Sänger) in ausgewogenem Miteinander mit den Solisten eine spannungsreiche, dabei anrührend innige Aufführung. Anton Bruckner, dessen Herz im Stift St. Florian unter der von ihm lange Jahre gespielten Orgel begraben ist, gestaltete in seinem "Te Deum" den Lobgesang mächtig und brausend, fordert in den Fortissimi die Sänger bis zum Äußersten. So entstand ein Werk, das unter dem stets kontrollierenden Dirigat von Susanne Gläß Mitwirkende und Publikum bannte und begeisterte. Clemens-C. Löschmanns schlanker, strahlender Tenor fügte sich ausgezeichnet zum dunkel-voluminösen Bass Jinwon Yangs, kongenial ergänzt durch die solistischen Frauenstimmen. Das schier übermächtige Finale sprengte fast mit seiner Lautstärke den Kirchenraum. Im "Dona nobis pacem" ("gib uns Frieden") vereinten sich abschließend Chor, Orchester und Konzertbesucher, kollegial von beiden Dirigenten geleitet, zu einem Gesamteindruck, der lange in den Seelen der Teilnehmer nachhallte. Uwe Lehmann