(age). Die erste Ehrung der stillen Stars in Rotenburg war eine stilvolle, aber nicht steife Veranstaltung.
„Stille Stars sind Menschen, die sich ohne viel Aufsehens, ohne Aufgabe im Rahmen einer Vereinsmitgliedschaft oder sonstigem offenbarem Auftrag um ihre Mitmenschen kümmern“, meinte Bürgermeister Detlef Eichinger in seiner Begrüßungsrede. Sie seien meist von der Öffentlichkeit unbemerkte Helfer. „Sie tragen mit ihren guten Taten dazu bei, dass unsere Welt besser wird. Sie sind in meinen Augen unentbehrlich für eine lebens- und liebenswerte Gesellschaft“, so Eichinger. Die Idee, einmal die stillen Stars zu ehren, hatte Susanne Kuppler. Ohne zu zögern, gab der Rat dafür grünes Licht. Eine Jury bestehend aus Helga Boisch, Eduard Hermann, Susanne Kuppler, Fred Krüger, Reinhard Lüdemann, Herbert Neumann, Birgit Thiel, Ernst-Wilhelm Unterhinninghofen und Horst Dieter Werwoll entschied über die Vergabe. In diesem Jahr wurden Irmgard Wichmann, Elisabeth Isermann, Elsbeth Bonath und Lilli Rosebrock ausgezeichnet. - Den ersten stillen Star, der von der Stadt Rotenburg für soziales Engagement gewürdigt wurde, stellte Kuppler vor. „Es war mir eine Ehre und eine Freude, Irmgard Wichmann persönlich kennenzulernen“, erklärte Kuppler. Wichmann habe aus reiner Nächstenliebe viel auf sich genommen und dafür wenig Dank erhalten. Sie ist in Polen geboren und musste im Zweiten Weltkrieg nach Berlin flüchten. 1960 zog sie mit ihrem Mann und vier Kindern nach Rotenburg. Ihr Mann arbeitet als Lehrer am Ratsgymnasium. „In ihrer Nachbarschaft lebte auch ein Ehepaar, wo der Mann dann verstarb, und Irmgard Wichmann sorgte in herzlicher und selbstloser Weise für ihre Nachbarin und spätere Freundin, über zwölf Jahre lang“, berichtete Kuppler. Parallel dazu half sie einem weiteren älteren Ehepaar, bis beide in ein Pflege- und Altenheim nach Hamburg zogen. Mit drei anderen Frauen betreut Wichmann seit sechs Jahren eine hilfebedürftige und mittlerweile demente Nachbarin. Sie überwacht ihre Medikamentenversorgung in Zusammenarbeit mit einem Pflegedienst, tätigt Einkäufe, nimmt die Post an und beauftragt und überwacht die bezahlten Arbeiten. „Aus reinster Nächstenliebe zu anderen Menschen und insbesondere für die Nachbarn ist Frau Wichmann da, wenn sie gebraucht wird, so wie früher, als Nachbarschaftshilfe noch fast selbstverständlich war“, meinte Kuppler. Wichmann wünscht sich, dass die junge Generation wieder mehr Verpflichtungen übernimmt. „Die Menschen sind heute nicht mehr gewohnt, für andere da zu sein. Werte und Wertschätzungen gegenüber anderen, sollten wieder mehr an die jüngere Generation vermittelt und auch vorgelebt werden“, sagt auch Kuppler. - Helga Boisch würdigte das soziale Engagement von Elisabeth Isermann, der zweiten Preisträgerin. Als 1991, nach dem Krieg im ehemaligen Jugoslawien, die ersten Flüchtlinge nach Rotenburg kamen, fanden sich Männer und Frauen, die ihnen beim Einleben in Rotenburg halfen. Daraus entstand der Ökumenische Arbeitskreis Asyl. Seit 23 Jahren ist Isermann Sprecherin des Arbeitskreises. „Frau Isermann hat als zehnjähriges Kind selbst erlebt, wie wenig Aufnahmebereitschaft den Flüchtlingen von den Einheimischen entgegengebracht wurde. „Als Mitglied der Menschenrechtsorganisation Amnesty International lag es nahe, dass sie sich vor Ort für Opfer von Krieg und Verfolgung einsetzt“, so Boisch. Sie unterstützte bei Behördengängen und Arztbesuchen, half bei der Beschaffung von Wohnung und Bekleidung und gab Hilfe bei den Hausaufgaben der Schulkinder. „Ein besonders positives Ergebnis war, als nach 18 Monaten Kirchenasyl zwei Romafrauen in der Auferstehungskirche Schutz vor der Abschiebung in Verhältnisse, die sie mit großer Wahrscheinlichkeit nicht überlebt hätten, fanden“, berichtete Boisch. Isermann wünschte sich, dass nicht nur die Gesetze nach dem Recht ausgelegt werden, sondern auch menschliche Zuneigung einfließen können. - Die Dritte im Bunde der Geehrten war Elsbeth Bonath. Ihr Engagement würdigte Fred Krüger. Er leitete seine Laudatio mit einigen Gedichten ein. Sie standen unter den Titeln von der Geburt bis zum Tod, die Seele fliegt und wer trauert, darf nicht lachen. „All diese Sätze und Zeilen gewähren nur einen kleinen Einblick in die Arbeit von Elsbeth Bonath“, meinte Krüger. Das erste Gespräch mit ihr sei sehr bewegend gewesen. „Wenn ich an dieser Stelle von Gänsehautfeeling spreche, weiß jeder, was ich damit meine. Die authentische Erzählung von Erfahrungen hat mich berührt“, berichtete Krüger. Bonath arbeitet seit mehr als zehn Jahren im Hospizverein Rotenburg. Sie hat neben der Ausbildung zur Erwachsenen-Trauerarbeit eine zusätzliche Ausbildung zur Jugendtrauerausbildung absolviert. - Die Laudatio für Lilli Rosebrock hielten Herbert Neumann und Eduard Hermann. Rosebrock kümmert sich um Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion, die nach Rotenburg gekommen sind. „Geprägt von einem tiefen Mitgefühl für ihre Mitmenschen, die in einem neuen Land neu beginnen. So wie sie einst neu begann und in Rotenburg heimisch wurde“, meinte Neumann. „Lilli Rosebrock teilt das Schicksal vieler Deutscher aus Russland und hat das schwerste Kapitel der Geschichte der Russlanddeutschen, als kleines Kind, selbst erlebt“, so Neumann. „Vielleicht hat ihr genau das die Kraft gegeben, all den anderen zu helfen.“ 1968 kam Rosebrock als 30-Jährige mit ihren beiden Kindern nach Rotenburg. Sie wurde freundlich aufgenommen. Viele halfen, denn sie kam mit nur einem Koffer, wie viele nach ihr. Als die ersten Aussiedler aus der Sowjetunion nach Rotenburg kamen, wurde Rosebrock zur Helferin beim Einleben. Besonders half sie, Bürokratisches zu meistern. Gemeinsam mit ihrem Partner, dem verstorbenen Innozenz Grad, wurde sie Ansprechpartnerin für fast alle, die als Aussiedler und Spätaussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion kamen. Das Haus im Samlandweg wurde zur bekanntesten Adresse in Rotenburg für die Russlanddeutschen. „Mit dem Ehrenpreis der Stadt für besonderes soziales Engagement hoffe ich, dass wir einen Impuls gegeben haben, dass mehr Menschen die als stille Stars wirken, entdeckt werden“, meinte Eichinger in seiner Abschlussrede. Die Veranstaltung soll alle zwei Jahre durchgeführt werden. Eichinger hofft, dass immer mehr Menschen entdecken, dass es gar nicht so schwierig ist, Gutes zu tun. Die Preisträger erhielten übrigens nicht nur eine Glasstatue, sondern als persönliches Geschenk ein Essen zusammen mit den Paten.