Eine Reportage von Malte Palm

Sauber gebügelt

Wenn es heißt: "Menschen in Not", dann sind die Scheeßeler Frauen des Deutschen Roten Kreuzes vorbildlich und hilfreich zur Stelle. Das begann schon im Jahre 1877, als der Hauptverein des Vaterländischen Frauenvereins des Roten Kreuzes in Berlin danach strebte, überall Zweigvereine ins Leben zu rufen. Seine Aufgabe: gemeinnützige Krankenpflege, Fürsorge für Bedürftige, Linderung von Notständen, Kriegsfürsorge für Kranke und Verwundete. Damals waren es die Scheeßeler Frauen, die auf Anregung des Landrats spontan ebenfalls einen Zweigverein des Roten Kreuzes gründeten. Erste Leiterin war Kaufmannsfrau Marie Müller, geborene Zahn.

Später folgte als Vorsitzende die Frau des Landes-Ökonomierates Müller (Scheeßeler Mühle), der die Frau des Organisten Brunkhorst zur Seite stand. Der Verein wuchs langsam. 1887 waren es 46 Frauen und im Jahre 1900 gehörten bereits 54 Scheeßelerinnen dem Verein an. Monatliche Handarbeitsnachmittage fanden zuerst in den Wohnungen wechselnder Mitglieder statt und wurden später, um die Beteiligung zu fördern, auf Stahmleders Saal verlegt. Gestrickt, genäht und geflickt wurde, um zum Beispiel für bedürftige Witwen nützliche Sachen als Weihnachtsgeschenke zu fertigen. Getreu dem Grundsatz zu helfen, wurden auch Geld- und Sachspenden gesammelt. Anlaß waren zum Beispiel eine Wasserkatastrophe bei Hildesheim und ein Explosions- und Brandunglück im Ruhrgebiet. Für erholungsbedürftige Kinder wurden Kuraufenthalte vermittelt und wo es im Kirchspiel nötig war, wurde geholfen. Als der erste Weltkrieg ausbrach, brachte er auch für die inzwischen etwa 260 Scheeßeler Rotkreuzfrauen neue Pflichten. Sie hatten den Unterhalt von Lazarettbetten und der dazugehörigen Wäsche übernommen, beteiligten sich an Sammlungen und schickten Sendungen mit Unterzeug, wärmender Kleidung und Lesestoff an die Front und in die Lazarette. Stahmleders Saal glich zu dieser Zeit einem riesigen Materiallager. Auch als der Krieg zuende ging, herrschte Not: Inflation. 1924 übernahm Gertrude Meyer vom Meyerhof den Vorsitz. Der Nationalsozialismus und der zweite Weltkrieg brachten auch für das Rote Kreuz viele Veränderungen. So durfte der Verein nicht mehr Vaterländischer Frauenverein, sondern nur noch: Deutsches Rotes Kreuz heißen. Es wurden Mütterberatungsstunden durch geführt und Schwesternhelferinnen ausgebildet. Nach dem Krieg verstand es Frau Meyer, den Verein zu neuem Leben zu erwecken. Helferinnenkurse fanden laufend statt und die Mitgliederzahl stieg auf 650. Wegen Erkrankung schied Gertrude Meyer 1947 als Vorsitzende aus und fand als Nachfolgerin Frau Krummhof aus Veerse. In der Kriegs- und Nachkriegszeit enstandene Flüchtlingsproble-me kamen jetzt auf die Frauen zu. Gefangenensuchdienst, Sammlung von Sach- und Geldspenden sowie die Verteilung von Auslandsspenden standen auf dem Programm. Aus Schweden gab´s als Spende eine Nähmaschine und eine Nähstube konnte eingerichtet werden. Die Mitgliederzahl war inzwischen auf 900 angestiegen. Heute, 122 Jahre nach der Gründung, hat der DRK-Ortsverein Scheeßel mit seinem Vorsitzenden Helmut Griebel (seit 1986) 953 Mitglieder. Stellvertretende Vorsitzende sind Heidrun Meyer und Anneliese Miesner, die die Aktivitäten koordinieren - mit Vorbereitung und der Organisation von vier Blutspendeterminen im Jahr, Geld- und Straßensammlungen und die Besuche bei Kranken und Jubilaren durch die Vertauensfrauen. Außerdem gründeten die beiden Frauen 1990 im DRK-Haus Am Kreuzberg 19 eine Kleiderkammer. Von Anfang an als ehrenamtliche Helferinnen dabei sind auch Ella Cordes, Ilse Viets, Hilde Dittmer, Gerda Rißmann, Margret Behrens, Ilse Behrens, Tine Holzmann und Elma Miesner. Jede von ihnen opfert jedes Jahr durchschnittlich 50 bis 60 Stunden ihrer Freizeit alleine für die Kleiderkammer. Jeden ersten Montag im Monat, von 15 bis 18 Uhr, ist in der Kleiderkammer Hochbetrieb. Etwa 50 bedürftige Menschen erscheinen dann, um sich einkleiden zu lassen. Wie Heidrun Meyer und Anneliese Miesner erklären, kommen zur Zeit viele Rußlanddeutsche, die für ihre noch in Rußland lebenden Familienmitglieder sorgen und sich selber einkleiden lassen. Oft stehen sie schon morgens in aller Frühe vor der Tür. Für ihren Start in einen neuen Alltag werden sie von der Kleiderkammer auch mit Bettwäsche und Gardinen versorgt. Sogar Möbel werden bei Bedarf von den DRK-Frauen vermittelt. "Auch bedürftige Ortsansässige dürfen gerne kommen", sagt Heidrun Meyer. Es sei genügend Auswahl in allen Größen vorhanden. Zu bekommen ist von der Damen-, Herren- und Kinder-Oberbekleidung über Gardinen, Tischdecken, sowie Bettwäsche bis hin zu Federbetten und Schuhen einfach alles. Sogar Kinderwagen, Koffer und Taschen hat die Kleiderkammer zu vergeben. Manchmal auch Spielsachen, Bücher und Geschirr. Groß war der Einsatz der DRK-Frauen, als sie 1992 erstmals für Scheeßels Patenstadt Tukums in Lettland sammelten. Aufgerufen zu dieser Aktion hatten Bürgermeister Miesner und der damalige Gemeindedirektor Hellwig. Schon in den ersten Stunden hatten die Frauen alle Hände voll zu tun, um die laufend angelieferten Wäsche- und Bekleidungsspenden anzunehmen, vorzusortieren und zu verpacken. Rund 150 Pakete wurden damals von Scheeßelern persönlich in Tukums abgeliefert. Jeden Montag von 17 bis 18 Uhr ist Annahme von guten gebrauchten Kleidungsstücken. Wenn Zeit ist, werden die Teile gleich sortiert - was recht eklig sein kann, wenn die Wäsche verschmutzt ist. "Die meisten Scheeßeler bringen die Kleidung aber sauber gebügelt und zusammengelegt", freuen sich die Frauen.

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