Hexenprozesse: Hoops und Ringe arbeiten an einer Übersicht - VON WIELAND BONATH

Den Opfern Gesichter geben

Bild: Arbeiten an der ersten Gesamtübersicht der Hexenprozesse im Bereich des ehemaligen Amtes Rotenburg: Jürgen Hoops (links) und Heinrich Ringe Foto: Bonath
 ©Rotenburger Rundschau

Jürgen Hoops (48), Offizier aus Scheeßel, und Heinrich Ringe (62), Bauer aus Bartelsdorf, zwei Hobby-Historiker mit Niveau, sind dabei, eine erste zusammenhängende Übersicht über die Hexenprozesse im ehemaligen Amt Rotenburg in Buchform herauszubringen. Die beiden Männer haben sich vor fünf Jahren kennen gelernt, als sie an der Bartelsdorfer Höfe-Chronik arbeiteten, die im vergangenen Dezember in einer Auflage von 500 Exemplaren erschien.

Hoops’ und Ringes Ziel ist es, neben einer möglichst umfassenden Präsentation der Hexenprozesse, "die Anlässe und Zusammenhängende zu erforschen, familiäre Verbindungen aufzuzeigen und den Menschen, also den Opfern, wieder ein Gesicht zu geben". Zu denen, die sich 1665 wegen ihres Zusammenwirkens mit dunklen Mächten in einem Hexenprozess verantworten mussten, gehörte unter anderem eine Frau namens Tibke von Bartelsdorf. Sie kam nur deshalb nicht auf den Scheiterhaufen, weil ihre Familie sie mit einer immensen Geldsumme freikaufte. Stattdessen verwies die Obrigkeit sie für immer des Landes. So viel Glück hatte Margaretha Meinecken aus Westeresch nicht: Ihr Vater war nicht in der Lage, die geforderten 100 Taler zu zahlen, so dass diese junge Frau nach einem durch schreckliche Folter erzwungenen Geständnis und der so genannten Wasserprobe im Jahre 1664 bei lebendigem Leibe verbrannt wurde. Der Verdacht der Hexerei als Ursache für allerlei Ungemach geisterte noch bis ins20. Jahrhundert in den Köpfen der Menschen herum. Johann Kruse aus Hamburg schrieb ein Buch, in dem es unter anderem um einen 61-jährigen Bauern geht, der 1951 in Lüneburg vor dem Richter stand, weil er sich angeblich in seinem Hexenwahn zu verbotenen Tätigkeiten hatte hinreißen lassen. Kruse: "Als sich im Sommer 1950 mancherlei Unglück auf seinem Besitz einstellte, glaubte er, dass Hexen sein Vieh krank gezaubert hatten. Er wandte sich an eine Wahrsagerin und hob auf deren Rat nach dem Ausmisten des Stalls die Erde tief aus und tat noch vieles anderes mehr." Außerdem ist in dem Buch die Rede von Hexen, die es angeblich 1950 in einem süddeutschen Dorf gab: "Vor kurzem haben einige von ihnen", so berichteten damals Zeitungen, "die Kühe eines Bauern ferngemolken. Sie wurden auch als Teufelsdienerinnen bezeichnet." Ganz oben steht für Jürgen Hoops und Heinrich Ringe bei ihrer zeitaufwendigen Forschungsarbeit die Sorgfalt. Mit Akribie werden in Bibliotheken Originalakten durchforstet und mit viel Mühe und Aufwand in verständliches Deutsch übertragen. Inzwischen haben die beiden - das Ganze ist nebenbei auch sehr kostenintensiv - eine stattliche Sammlung von Daten, Fakten und anderen wichtigen Informationen zu den Hexenprozessen im ehemaligen Amt Rotenburg angelegt. Sie wissen, dass es noch mindestens zwei Jahre dauern wird, bis ihre Unterlagen den Anspruch auf größtmögliche Vollständigkeit erheben können. Heinrich Ringe: "Und dann geht es für uns an die mindestens gleich große Arbeit der Auswertung." Einen Termin für die Veröffentlichung haben sich Ringe und Hoops nicht gesetzt. Sie wollen sich nicht selbst unnötigen Druck machen. Jürgen Hoops: "Wenn man nicht in Akten und Unterlagen recherchiert, sondern nur ohne erkennbare eigene Leistung irgendwo abschreibt und als einzige eigene Leistung seinen Namen über das Ergebnis setzt, kommt höchstens eine ungeprüfte Abschrift ohne einen Anspruch auf Wahrheit heraus. Und das ist für den Leser bedauerlich."

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