Sie kamen aus den USA, aus Südamerika, Asien und Europa. Aber eine Künstlerin aus Afrika hatte der Rotenburger Kunstverein noch nicht mit Werken zu Gast. Das wird sich nun ändern: Die gebürtige Äthiopierin Yenatfenta Abate kommt mit einer Ausstellung, die den Titel "Mein Blick“ trägt. Die Vernissage findet am Samstag, 25. August, 18 Uhr, statt. Und zuvor gibt’s noch weiteren besonderen Besuch.
Wer sich für Abates Ausstellung interessiert, sollte sich seinen Terminkalender am Samstag nämlich schon ab 16.30 Uhr frei halten. Grund: Im Ratssaal ist dann der bekannte Schriftsteller Prinz Asfa-Wossen Asserate zu Gast. Er hält einen Vortrag über die Kulturgeschichte Äthiopiens. Der Eintritt ist frei. Im Anschluss ist Zeit für die Besucher, Fragen zu stellen. Dr. Asserate wird zudem seine Bücher signieren – im Kunstturm, wo dann die Vernissage mit Yenatfenta Abate beginnt. Einführende Worte spricht Achim Hoops. Abate wurde 1973 in Äthiopien geboren, sie lebt seit 1992 in Deutschland. Bereits 1988, also mit 15 Jahren, nahm sie ein Studium an der School of Fine Arts in Addis Abeba auf. 1990 folgte ein Stipendium für ein Studium in Deutschland, 1991 schloss Abate ihre Studien in Addis Abeba ab. Von 1993 bis 2003 verschlug es sie an die Hochschule für bildende Künste in Hamburg. 1997 erhielt sie ein Stipendium der Karl-Heinz-Dietze-Stiftung und 2008 wurde sie Meisterschülerin bei Franz Erhard Walther in Hamburg. Zahlreiche Ausstellung folgten. Im Rahmen ihrer Diplomarbeit an der Hochschule für bildende Künste in Hamburg äußerte sich Abate in dem Katalog "Seel Lehageri“ über ihren Werdegang und ihre kreativen Ideen. "Von Anfang an wollte ich immer als Künstlerin arbeiten und mich weiterentwickeln“, erklärt sie in dem Werk. An der School of Fine Arts in Addis Abeba sei "viel Wert auf die Verbindung von Schrift, Figuren und Farbe“ gelegt worden. "Ich lernte nach bestimmten Regeln und Verpflichtungen das klassisch-traditionelle, äthiopische Zeichnen und Malen. Diese Erfahrungen werden mich immer begleiten und meine Arbeit beeinflussen.“ Abate lernte damals verschiedenste Fertigkeiten und Techniken, die sie bis heute anwendet - aber dazu, so die Erklärung, sei es zunächst notwendig gewesen, sich von diesen Lehren freizumachen, "weil sie sich nicht mit der freien Kunst vereinbaren lassen“. Um sich weiterentwickeln zu können, sei die Formung einer eigenen künstlerischen Sprache wichtig: "Ich konzentriere mich auf meine ganz persönliche Arbeitsweise und versuche, eine eigene Ausdrucksform und einen eigenen Stil zu entwickeln.“ Abate stellt eine Verbindung zwischen der Kultur ihres Heimatlandes und ihrer Arbeit in Deutschland her: "Ich sehe mich in zwei verschiedenen Kulturen beheimatet, zwei Sprachen, zwei Gedanken, zwei Glauben, zwei Entwicklungen“, äußerte Abate in dem Katalog. In ihrer Arbeit tauche immer wieder der Unterschied zwischen den beiden Kulturen als zentraler Inhalt auf. Zudem ist ein wiederkehrender Inhalt der Arbeiten die Rolle der Frau in ihrer Heimat, ihr Alltag und ihre Aufgaben – das Ganze gesehen im Kontext zu dem Leben der Frauen in Deutschland. Malerei und Zeichnungen sind in Rotenburg ebenso von ihr zu sehen wie aus Drähten und Papier gefertigte Figuren. Peter Mokrus und Professorin Dr. Inge Hansen-Schaberg vom Kunstverein freuen sich auf die interessante Künstlerin. Und ebenso freuen sie sich auf Prinz Asfa-Wossen Asserate. Er ist 1948 in Addis Abeba geboren und ist ein Großneffe des letzten äthiopischen Kaisers Haile Selassie. Der Studierte gründete 1976 die erste äthiopische Menschenrechtsorganisation. Mehrere Bücher hat Dr. Asserate bereits veröffentlicht. Dass der bekannte Schriftsteller nach Rotenburg kommt, hatte Abate angeregt. Der Kunstverein fragte an – und bekam prompt eine Zusage. Und so ist es Samstag möglich, einen interessanten Literaten und eine außergewöhnliche Künstlerin quasi im Doppelpack zu erleben. Die Ausstellung läuft bis zum 23. September (samstags, 15 bis 17 Uhr, sowie sonntags, 11 bis 13 und 15 bis 17 Uhr).