(sv). Mit der heutigen Ausgabe endet die Rundschau-Serie zur Landratswahl. Jeweils mittwochs haben sich die beiden Kandidaten, Hermann Luttmann und Hans-Peter Daub, zu regionalen Themen geäußert: Den Anfang hat die Agrar- und Umweltpolitik gemacht, danach folgten die Verkehrspolitik und die Gesundheitspolitik. Die Serie schließt nun mit den Statements zur Sozialpolitik. Die aktuelle Fragestellung war die folgende: „Sozialverbände schlagen seit Jahren Alarm: Im Landkreis gebe es zu wenig kleinen und bezahlbaren Wohnraum. Trotz eines Förderprogramms durch den Landkreis ereilte die Kreis-Politik kürzlich erneut ein Hilferuf. Geändert habe sich zu wenig, heißt es von den Sozialverbänden. Welche Maßnahmen können also ergriffen werden, um Menschen mit keinem oder geringem Einkommen ein bezahlbares Dach über dem Kopf bieten zu können?“
Obwohl die Bevölkerungszahl im Landkreis Rotenburg inzwischen zurückgeht, haben wir insbesondere in den Städten Rotenburg, Bremervörde und Zeven zu wenig kleine, bezahlbare Wohnungen. Dies liegt auch daran, dass die Anzahl der Ein- und Zwei-Personen-Haushalte aufgrund gesellschaftlicher Veränderungen zunimmt. Wie schwer es ist, in unseren Städten eine angemessene Wohnung zu finden, wissen auch unsere Mitarbeiter im Jobcenter. Insoweit besteht hier tatsächlich dringend Handlungsbedarf auch für den Landkreis. Ein erster Schritt ist das vom Kreistag 2013 beschlossene Förderprogramm zur Schaffung kleiner bezahlbarer Wohnungen. Inzwischen wurden für acht Wohnungen Zuschüsse ausgezahlt. Die vom Kreistag zur Verfügung gestellten Mittel sind nicht erschöpft, sodass ich auch an dieser Stelle noch einmal für dieses Programm werben möchte. In einer Arbeitsgruppe „Wohnungsmarkt und angemessene Unterkunftskosten im Landkreis Rotenburg“ haben sich Kreistagsabgeordnete und Mitarbeiter gemeinsam mit Vertretern von Sozialverbänden und Vermietern schon mit verschiedenen Wohnraumprojekten beschäftigt. Des Weiteren soll zukünftig die Zusammenarbeit zwischen Jobcenter und Vermietern noch intensiviert werden, um die Bereitschaft zur Vermietung an Sozialleistungsbezieher zu verbessern. In diesem Zusammenhang wird von den Vermietern häufig der Wunsch geäußert, dass der Landkreis Vertragspartner der Vermieter werden sollte. Diese Konstellation könnte ich mir zukünftig durchaus vorstellen. Ein wichtiges Thema für mich ist auch Wohnen im Alter. Ältere Menschen wollen in aller Regel in ihrer vertrauten Umgebung bleiben. Dabei hilft ihnen und ihren Familien die Beratungsstelle Rose des Landkreises mit umfassenden Informationen. Ein Verbleiben in der eigenen Wohnung kann oftmals schon durch kleine bauliche Änderungen ganz wesentlich erleichtert werden. Im Vordergrund stehen dabei die Verringerung von Unfallgefahren und das Erreichen einer möglichst umfassenden Barrierefreiheit. Hermann Luttmann _____________________________________ Ein wahres Beispiel aus dem Kreis Rotenburg: Herr M. ist verheiratet und hat vier Kinder. Er hat eine Arbeit, muss aber „aufstocken“, um mit der großen Familie über die Runden zu kommen. Seine Frau kann nicht arbeiten, auch, weil eines der Kinder eine Behinderung hat und Aufmerksamkeit braucht. Die Wohnung ist nach den Kriterien des Amtes zu groß. Ein Teil dessen, was das Jobcenter überweist, muss für die höhere Miete aufgewandt werden. Herrn M.`s großer Wunsch: eine Arbeit, von der die Familie leben kann. Dazu müssten alle in die Stadt ziehen. Aber da ist kein erschwinglicher Wohnraum. Statt eines Umzugs könnte seine Frau einen Führerschein machen. Dann bräuchte sie nicht immer wieder – auch zwischendurch – seine Hilfe. Denn welcher Arbeitgeber macht das mit? M. hat daher nach einem Darlehen für die Fahrschule gefragt. Aber das gibt es nur, wenn der Führerschein für die eigene Berufstätigkeit notwendig wäre. Das ist eine Geschichte von vielen. Mehr als 7.000 Menschen im Kreis Rotenburg beziehen sogenanntes Hartz IV. Erschreckend viele Kinder erleben täglich Armut. Die meisten Familien wollen ihre Situation verbessern. Aber es ist nicht immer so, dass sie dafür von den zuständigen Ämtern und Behörden hinreichend unterstützt werden. „Natürlich haben die auch ihre Vorschriften“, meint Herr M. „Aber der eine legt sie so aus, und ein anderer so. Es ist selten, dass ich das Gefühl habe, mich verständlich machen zu können.“ Viele erhoffen eine Kreisverwaltung mit einem sozialen Profil. Das ist keine Kritik an einzelnen Mitarbeitenden, aber der Wunsch, dass soziale Fragen mehr Aufmerksamkeit erfahren. Um die Lebensbedingungen von armen Menschen bei uns zu verbessern, sind keine kostspieligen Sozialprogramme notwendig. Nötig ist die konstruktive Zusammenarbeit mit den Betroffenen selbst, aber auch mit den sozialen Organisationen an ihrer Seite. Respekt, Offenheit und Einfühlungsvermögen sind Grundvoraussetzungen wirksamer Hilfe. Auch dafür trete ich am 25. Mai zur Wahl an. Hans-Peter Daub