(ww). Warum ist die Klimafrage so aktuell? Zu diesem Thema referierte Professor Dr. Ehrhard Raschke während einer Vortragsveranstaltung des Lions Club Rotenburg in den Geschäftsräumen der Sparkasse Rotenburg-Bremervörde. Auf Einladung des Rotenburger Lions Präsidenten Holger Winkel nahmen an der Veranstaltung auch Mitglieder der Lions Scheeßel und Zeven sowie der Rotarier teil.
"Nach Schätzungen sollen im Jahr 2020 rund zehn Milliarden Menschen auf der Erde leben", so Raschke. Die zunehmende Besiedlungsdichte, der steigende Verbrauch von Ressourcen sowie der Wandel in den Lebensgewohnheiten führten zu Problemen. Eine größere Anfälligkeit gegenüber Schwankungen des Klimas ergebe sich zwangsläufig - insbesondere beim Auftreten von Wetterextremen. Großräumige Phänomene wie El Nino beeinflussten das Leben auf der Erde. Dabei handele es sich um eine Klimaanomalie, die sich hauptsächlich im Pazifikraum, zwischen der Westküste Südamerikas und dem südostasiatischen Raum ereigne. Dabei komme es immer wieder zu Umkehrungen der normalen Wettersituation. El Nino wirke sich auch auf die Volkswirtschaften und die Gesundheitssysteme verschiedener Staaten aus, wie der Referent mit der Präsentation einiger Grafiken darstellt: "Verbindungen zeigen sich beispielsweise zur Maisernte in Zimbabwe und zur Reisernte in Indien, die in den El Nino-Jahren starke Einbrüche zeigten. Ebenso verhält es sich beim Bruttosozialprodukt Perus." Wetterextreme wie Stürme, Blitzeis oder Dürren zeigten ebenfalls Auswirkungen. Auch im wirtschaftlichen Sektor. Bereits aus diesem Grund und zusätzlich erzwungen durch den befürchteten Einfluss der Zunahme bestimmter Treibhausgase werden weltweit höchste Anstrengungen unternommen, die Möglichkeit zur Vorhersage des Klimas und natürlich des Wetters wesentlich zu verbessern. "Die Japaner haben ihre besten Rechner der Klimaforschung zur Verfügung gestellt, nicht dem Militär", erklärt Professor Raschke. Die Wechselwirkungen von Klima und Wirtschaft gestalteten sich vielfältig: Die Bereiche Nahrungsmittelproduktion, Werbung, Touristik, Energie- und Wasserversorgung, Transportwesen, Bekleidungsindustrie, Versicherungswesen, Bauleitplanung sowie Katastrophenplanung seien betroffen. "Gerade durch Überschwemmungen, Stürme oder Erdbeben ergeben sich zahlreiche Versicherungsschäden", so der Referent. Das heiße aber nicht gleichbedeutend, dass diese Wetterextreme zugenommen hätten: "Aber durch die zunehmende Besiedlung und steigende Bevölkerungsdichte können sie mehr Schäden anrichten." Zudem stiegen die Versicherungswerte: "Denken Sie an die Überflutungen der Kölner Keller. Wo früher nur Marmelade eingelagert war, sind heute oftmals Wohnungen, in denen sich High-Tech-Geräte befinden." Abschließend zeigt der Referent ein Bild von einer Sardinenbüchse in Form der Erde, die gefüllt ist mit Menschen. "Die Überbevölkerung wird auch in Zukunft Probleme mit sich bringen", so Raschke. Besonders in bestimmten Ländern. Um diese einzudämmen, müssten Sozialsysteme teilweise geändert werden: "Der Grundsatz je mehr Kinder, desto besser, der nicht gerade bei uns, aber in vielen anderen Ländern gilt, sollte überdacht werden." Doch das sei sicher nicht einfach: "Denn wie will man es schaffen, alle Religionen an einen Tisch zu bringen?" Auch einige Schüler der Gymnasien nutzen die Gelegenheit, sich über die Klimaproblematik zu informieren. Schließlich hatten die Lions einen Experten des Fachgebietes für den Vortrag gewinnen können: Der in Sachsen geborene Raschke promovierte nach einem Studium der Geophysik im Fach Meteorologie mit den damals in Deutschland ersten Arbeiten zur Analyse von Satellitendaten. Nach einem Aufenthalt in den USA (1966 bis 1967) und einer Assistenz in Bochum wurde er 1973 Professor für Meteorologie in Köln. Von 1989 bis 2001 war Raschke als Institutsleiter (Physik der Atmosphäre) am GKSS Forschungszentrum in Geesthacht tätig. Weiterhin arbeitete er mit in zahlreichen nationalen und internationelen Gremien zur Selbstkontrolle der Wissenschaft und zur Begutachtung, wie auch in Planungsgruppen für Satellitenexperimente. Forschungsinteressen des Referenten: physikalische Grund-lagen des Klimas. Hierzu führte er größere Messkampagnen mit bis zu fünf Flugzeugen durch und initiierte ein internationales Projekt zur Erfassung aller Wasserkreisläufe im Einzugsgebiet der Ostsee. Jetzige Tätigkeit nach eigenen Angaben: Rentner in Scheeßel mit Arbeitsplatz an der Universität Hamburg. Bild: Warum ist die Klimafrage so aktuell? Professor Dr. Ehrhard Raschke informierte über den Einfluss von Wetterxtremen auf die Wirtschaft in den Räumen der Sparkasse Rotenburg-Bremervörde. Foto: Woyke