"Ich wehre mich gegen den Ausdruck auf dem platten Land zu leben, schließlich haben hier in Scheeßel unheimlich viele bedeutende Leute gelebt", sagt Christine Behrens. Seit 1971 ist die Scheeßelerin Schriftführerin des 1905 gegründeten, weit über Scheeßel hinaus bekannten Heimatvereins. Sehr eng ist sie mit dem Verein verbunden. Ebenso wie Ehemann Friedrich Behrens, der seit 1971 Vorsitzender des Vereins ist und für sein großes Engagement 1995 zum zweiten Scheeßeler Ehrenbürger ernannt wurde.
Seine Frau sitzt im Wohnzimmer im Haus Nummer acht in der Zevener Straße, das nur einige Schritte vom Heimathausgelände und 350 Meter vom Meyerhof entfernt ist. Beide Hofanlagen umfassen insgesamt zwölf Fachwerkgebäude, in denen anschaulich bäuerliches Leben und traditionelles Handwerk dargestellt ist. Christine Behrens: "Als mein Mann zum Heimatverein kam, ist mehr daraus geworden, als Steine zu sammeln und hier und da ein bißchen zu archivieren." Seit vielen Jahren ist das Paar rund um die Uhr für den Heimatverein aktiv, widmet sich der Heimat-, Kultur- und nicht zuletzt der Naturpflege. Der Terminkalender ist immer voll. "Oft sehen wir uns nur beim Essen und jeder weiß ungefähr, wo der andere ist." "1978 waren wir die ersten im Umkreis, die eine Galerie eröffneten." Über 100 Kunstausstellungen sind im Laufe der Zeit im Museum zu sehen gewesen. Zahlreiche Bilder im Wohnzimmer erinnern an die einzelnen Ereignisse, zeigen zum Beispiel die Schmiede und den Meyerhof. "Wir haben das Museum mit reinem Menschenverstand gestaltet, ohne dafür ausgebildet zu sein." Friedrich Behrens kommt ins Wohnzimmer, setzt sich an den großen Holztisch. War gerade zu einem Arbeitseinsatz in der Vareler Heide. "Hier sollen die Flächen renaturiert werden. Ich reiße jetzt ja keine Bäume mehr aus, aber es gibt auch organisatorisch viel zu tun", erklärt der Vorsitzende, der im Sommer seinen 70. Geburtstag feiert. Der Tag beginnt für Friedrich Behrens um halb acht. "Dann gucke ich, ob beim Heimathaus und beim Meyerhof alles in Ordnung ist", erklärt der ehemalige Polier. "Sozusagen Hausmeisteraufgaben", ergänzt Christine Behrens. Oft ist der Vorsitzende danach mit dem Auto in der Umgebung unterwegs. Immer auf der Suche nach neuen Kunstwerken und Antiquitäten für die gemeinnützige, große Sammlung. "Wenn ich keine Lust habe, lasse ich auch einfach mal die Seele baumeln, genieße die Schönheit der Natur." Die Umwelt und die Natur. Ebenfalls ein Schwerpunkt des Vereins. "Es ist wichtig, ein Gefühl für die Natur zu haben, vielen Menschen ist das abhanden gekommen", weiß Christine Behrens. Die Zielsetzung des Vereins hat sich im Laufe der Jahre kaum gewandelt. Friedrich Behrens wörtlich: "Die Satzung von 1905 hat heute noch Gültigkeit, damals müssen die Vereinsmitglieder also sehr vorausschauend gewesen sein." Einmal im Jahr, am 1. Mai, veranstaltet der Verein zusammen mit den Beekscheepers einen Tag der offenen Tür auf dem Meyerhof und dem Heimatgelände. Dann werden alte Handwerkstechniken, norddeutsche Spezialitäten, Heidjermusik, Trachtentänze und eine Kunstausstellung präsentiert. "An diesem Tag leistet eigentlich jeder Scheeßeler seinen Beitrag. Alle Arten von Gruppen, wie Theater und Trachtengruppe, haben wir selbst in Scheeßel. Da brauchen keine von außerhalb engagiert zu werden", erklärt Christine Behrens. Ein Stück Heimatgeschichte ist in den zahlreichen Fotoalben der Familie enthalten. In hunderten von Bildern sind die Arbeiten dokumentiert, die Grundlage dafür waren, daß das Museum entstehen konnte. Die meisten Fotos sind in den Arbeitspausen gemacht. "Sonst hatten wir doch keine Zeit zum fotografieren", schmunzelt der Vorsitzende. Inzwischen wird das rührige Paar, daß in der Gemeinde überall bekannt ist, oft zu Veranstaltungen eingeladen. So oft, daß sich die beiden inzwischen aufteilen müssen. "Ständig vom blauen in den dunkelgrauen Anzug zu springen, das ist eigentlich nicht so meine Art", sagt Friedrich Behrens, trägt lieber ein legäres Outfit. Was bedeutet es Ehrenbürger zu sein? "Tja. Gesagt wird, daß ich in Scheeßel kostenlos Straßenbahn fahren darf. Aber das ist natürlich nur so von jemandem erfunden worden", lacht der 69jährige und wird von seiner Frau erinnert, daß er das mit der Straßenbahn selbst in die Welt gesetzt habe...