Künstler Ernst Müller-Scheeßel vor 150 Jahren geboren - Von Andr' Ricci

Ort im Herzen und im Namen

Ein Bremer-Scheeßeler Künstlerpaar: Ernst Müller-Scheeßel mit seiner Frau Mily
 ©Rotenburger Rundschau

Aus Anlass seines 100. Geburtstages wurde in Scheeßel 2012 mit verschiedenen Veranstaltungen an den Werbegrafiker Heinz Fehling (1912–1989) erinnert. Das Schicksal will es so, dass auch 2013 ein Gedenkjahr wird: Der 1936 verstorbene Künstler Ernst Müller-Scheeßel erblickte vor 150 Jahren, am 24. April 1863, als siebtes von neun Kindern des Kaufmanns Adolf Conrad Müller und seiner Ehefrau Marie das Licht der Welt.

Der Werdegang des Mannes, der schon durch seinen 1897 erlangten Namenszusatz eine enge Bindung an Scheeßel dokumentiert, ist spannend und soll im kommenden Jahr im Rahmen verschiedener Ausstellungen nachgezeichnet werden. Den Auftakt macht im April, dem Geburtsmonat des Möbelgestalters, Illustrators, Kunst- und Glasmalers, eine Werkschau im Kunstgewerbehaus auf dem Meyerhof. Christine Behrens, Vorsitzende des ausrichtenden Heimatvereins, kann für die Ausstellung aus dem Vollen schöpfen. "Wir haben mehr als 100 Gemälde im Bestand“, sagt die 78-Jährige. "Viele Scheeßeler Motive, aber auch andere Werke, zum Beispiel Bremer Stadtansichten.“ Und der Fundus wächst weiter. Viele ältere Besitzer von Originalstücken haben erklärt, sie mit ihrem Tod dem Heimatverein zu vermachen. Müller-Scheeßel war zeitlebens ein schaffensstarker Künstler, sein Gesamtwerk ist kaum überschaubar. Das vom Heimatverein in großer Fleißarbeit zusammmengetragene und 2006 herausgebrachte Werkverzeichnis erfasst rund 600 Bilder. "Es gibt aber noch weitere, von denen man nichts weiß“, ist sich Behrens sicher. Sie selbst hat in Bremer Kaufmannshäusern schon so manchen Müller-Scheeßel ausfindig gemacht und gesichert. Die geplante April-Ausstellung findet im Kunstgewerbehaus ihren perfekten Ort, denn Müller-Scheeßel gehörte zu den Mitbegründern der 1908 parallel zum ersten Trachtenfest im Ort eingeweihten kulturellen Begegnungsstätte. Das Konzept hinter dem Haus sagt viel über die Persönlichkeit des kinderlos gebliebenen Künstlers aus. So heißt es in der Scheeßeler Chronik: "Die Gründung des Kunstgewerbehauses und die darauf aufbauende Verbindung von Sozial- und Kulturgeschichte des Ortes verkörpern vielleicht am weitesten sichtbar Ernst Müller-Scheeßels Vorstellung von einer reformierten Volkskunst.“ Bis heute ist der Meyerhof ein Ort, an dem Traditionen bewahrt und lebendig gehalten werden. Der Impuls dazu stammte nicht zuletzt von Müller-Scheeßel, der ein aktiver Förderer der von Bremen ausgehenden Heimatschutzbewegung war. So lud er etwa regelmäßig in das von ihm eingerichtete Hans-Pfeiffer-Haus zur Niedersachsenrunde ein, an der Worpsweder Maler ebenso teilnahmen wie zum Beispiel der Finteler Heimatschriftsteller Friedrich Freudenthal, mit dem zusammen Müller-Scheeßel die einflussreiche Zeitschrift Niedersachsen herausbrachte. "Der Meyerhof war immer ein offenes Haus für regionale Künstler“, erzählt Jochen Beckmann, der dort aufgewachsen ist und dessen Großvater Friedrich Meyer das Kunstgewerbehaus einst leitete. "Es war immer viel Besuch da“, erinnert er sich an seine bewegte Kindheit. Müller-Scheeßel verbindet in seiner ungewöhnlichen Biographie Weltgewandtheit mit Heimatbewusstsein. Nach seinem Studium der Künste in Hannover und Berlin folgte er zunächst seinem nach Kanada emigrierten Bruder und widmete sich in der Neuen Welt acht Jahre lang als Glasmaler der Ausgestaltung von Gotteshäusern. Nach seiner Rückkehr nach Deutschland besuchte er zunächst die Malerakademie in München, bevor er sich in Worpswede und Bremen ansiedelte. In der Hansestadt lernte er Mily Roselius kennen, die er 1903 heiratete. Durch die Ehe mit der Schwester des Großkaufmanns, Kunstmäzens und Kaffee-Produzenten Ludwig Roselius war Müller-Scheeßel in den feineren Bremer Kreisen angekommen. Er richtete sich ein Atelier in der Böttcherstraße ein, wo noch heute einige seiner Werke ausgestellt sind. Seine bodenständige Kunst kam an in der Kaufmannsstadt, denn sie passte zum Zeitgeist – zur Rückbesinnung auf die Natur als Gegenentwurf zur rasant fortschreitenden Industrialisierung und grassierenden Landflucht. "Angesehene Bürger kauften seine Bilder“, sagt Behrens. "Er gestaltete ganze Kaufmannshäuser, von der Tapete bis zur Sitzbank.“ Die Hansestadt würdigte Müller-Scheeßel, indem sie ihn 1934 zum Professor der von ihm mitgegründeten Kunsthochschule berief. Es war eine schöne abschließende Anerkennung des rührigen Scheeßelers durch die Bremer. Nur zwei Jahre später verstarb der Künstler mit Wohnsitz in Schwachhausen und wurde auf dem Riensberger Friedhof beigesetzt.

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