Freestyle-Graffittis im Jugendzentrum: Als Sprayer heißt Marc Joost (19) 2Kamikazie"

Sein großer Traum

(jrw). Es war ein Wagnis. Referenzen konnte er nicht vorweisen, immerhin aber Begeisterung für das, was er vorhatte: Graffitis. Manche bezeichnen sie schlicht als Schmierereien und je nach besprühtem Objekt auch als Sachbeschädigung, andere wiederum sehen in ihnen - egal wo - große Kunst. Oder man ist, wie Marc Joost, geteilter Meinung: "Die Optik ist stark, aber die Leute akzeptieren Graffitis kaum". Das sei anders, so der 19-Jährige, wenn man legal arbeite. Genau das hat Marc Joost kürzlich im Sottrumer Jugendzentrum getan.

Nachdem er gehört hatte, dass überlegt wurde, wie die Wände im Jugendzentrum zu gestalten seien, sprach er bei Betreuer Stephan Volkmer vor. Der konnte den Vorstand des Fördervereins für die Graffiti-Idee begeistern. Schon wenig später konnte sich Marc Joost an die Arbeit machen. Völlig freie Hand hatte er bei der Gestaltung zweier Wände im Aufenthaltsraum. "Freestyle" nennt sich diese Arbeitsweise im Jargon der Sprayer. Zwölf verschiedene Grundfarben standen zur Auswahl. In der ersten Phase wurde mit hellen Farben vorgesprüht, dann folgte im zweiten Arbeitsgang die Schattierung mit dunkleren Farben. Effekte können außerdem durch Wahl verschieden dicker Sprühköpfe erzeugt werden. 45 Dosen verbrauchte Joost insgesamt. "Man braucht eine ziemlich gute Vorstellung, wie das endgültige Bild einmal aussehen soll", erklärt Joost zu seiner Arbeit. Anderseits sei es sehr wichtig, der Phantasie freien Lauf zu lassen. Lernen könne man eigentlich nur, indem man auf die Arbeiten anderer achte, etwa auf Zügen, besprühten Wänden oder Brücken in Großstädten. Es gibt allerdings auch einschlägige Magazine, die über die Subkultur berichten. Indes: Die Namen der Sprayer bleiben meist unbekannt. Lediglich ein anonymes Kürzel, ein sogenanntes "tag", wird am Motiv hinterlassen. Auch Marc Joost hat ein solches Kürzel: "Kamikazie" sprüht er unter jedes seiner Bilder. "Ich zeichne und male, solange ich denken kann", sagt Marc Joost. Das erste Graffiti hat er allerdings erst vor wenigen Jahren angefertigt, in seinem Zimmer. Auch einen ersten beruflichen Kontakt hat der Berufsschüler bereits geknüpft. 1998 absolvierte er ein Praktikum im Bereich Werbung und Illustration. Daraus entwickelte sich für ihn die Gelegenheit, Schausteller-Wagen in Airbrush-Technik zu gestalten. Auch wenn Marc Joost seine berufliche Zukunft noch nicht geplant hat, vorstellen könnte er sich doch immerhin, einen künstlerische Laufbahn einzuschlagen und sich entsprechend weiterzubilden. Comics zeichnen und Animationen zu entwerfen, das ist sein großer Traum. Geboren wurde Marc Joost in Bremen, mit vier Jahren zog er gemeinsam mit seinen Eltern auf die Philippinen, in die Heimat seiner Mutter. Vor drei Jahren kam er alleine nach Deutschland zurück, nach Sottrum, wo er Verwandte hat. Die Ausbildungsmöglichkeiten seien hier besser, begründet er den Schritt, der für ihn immerhin damit verbunden war, die deutsche Sprache völlig neu zu erlernen. Mittlerweile steht für ihn fest, dass er hier bleiben möchte. Auch das Sprayen will er nicht mehr missen: "Es ist schon wahr, dass es ein wenig süchtig macht - auch wenn es nicht gerade billig ist", sagt er. Illegale Graffitis kommen für ihn allerdings nicht in Frage. "Es gibt genug legale Möglichkeiten", sagt er und fügt an: "Man muss nur offen sein und sich ein wenig mehr anstrengen". Ideen hat er schon viele, will in Zukunft weiteren Jugendzentren, Schulen oder auch interessierten Privatleuten seine Arbeit anbieten. Immerhin: Als Referenz für sein Können wird er künftig das Sottrumer Jugendzentrum angeben können. Betreuer, Besucher und Vorstand des Fördervereins sind sich nämlich einig: Die Operation ist gelungen; das Risiko einzugehen, hat sich gelohnt.