Daß Sport für Behinderte nicht tabu sein muß, bewiesen im Juni 1956 zehn Kriegsversehrte, die eine eigene Sportgruppe gründeten. So begann der Sportbetrieb in der damals einzigen Turnhalle in der Lindenstraße. Zunächst stand die Gymnastik an erster Stelle. Damit bereitete sich die kleine Abteilung vorwiegend auf das Sitzballspiel vor, das wegen der vielen Beinbehinderten, zunächst einmal gespielt wurde.
Gemeinsame Gymnastik, dann Aufteilung in Geräteturnen und Sitzball und zum Schluß gemeinsames Prellballspiel. So sah der Sportbetrieb damals aus. Die Motive für den Sport waren damals wie heute, gestärkte Lebensfreude, ein steigendes Selbstwertgefühl und eine Verbesserung des allgemeinen Gesundheitszustandes. Der erste Erfolg ließ nicht allzu lange auf sich warten. Schon im Herbst gab es einen zweiten Platz beim Bezirks-Sitzballturnier. Bis Ende der 60er Jahre feierten die Sitzballer weitere Erfolge. Seitdem hat sich einiges getan: Inzwischen zählen zu dem Rotenburger Verein mehr als 300 Mitglieder. Die Behinderten-Sportgemeinschaft Rotenburg hat sich vom Wettkampf- hin zum Gesundheitssport orientiert. "Nur unsere Kegler betreiben noch Leistungssport. Sie haben es bis zur Landes- und zur Deutschen Meisterschaft gebracht", so der Vorsitzende Uwe Bausdorf. Bei der letzten Deutschen Meisterschaft haben Jürgen Wittmann, Hermann Bergmann und Friedrich Hastedt Bronze erreicht und Friedel Heckmann den vierten Platz auf Bohle. Eine weitere Gruppe des Vereins ist die Hallensportmannschaft. Dort spielen die Körperbehinderten Sitzball, während ihre Angehörigen Gymnastik machen. Die größte Abteilung des Vereins ist die Koronargruppe. Dort treiben Herz-Kreislaufkranke unter ärztlicher Betreuung Sport. Dr. Dieter Bierbaum, Dr. Schmidt-Walter, Dr. Holger Werner, Dr. Peter Detje, Dr. Johanna Draeger und Dr. Peter Busse wechseln sich dabei ehrenamtlich ab. "Da die Zahl der Herz-Kreislauferkrankten stetig steigt, ist auch der Zuwachs in dieser Gruppe in den vergangenen Jahren stetig gestiegen", bilanziert Bausdorf. Desweiteren gibt es noch eine Schwimmgruppe, die sich mit Wassergymnastik befaßt. Zur Krebsnachsorgegruppe gehören zur Zeit 14 Frauen. In dieser Gruppe treffen sich amputierte Frauen zum Erfahrungsaustausch und sportlicher Betätigung. Außerdem gehören zur Behinderten-Sportgemein-schaft Rotenburg zwei Gruppen für geistig Behinderte. "Zu unseren Mitgliedern gehören viele alte Menschen. Das resultiert aus der Gründungsgeschichte. Denn die Behinderten-Sportgemeinschaft wurde von Kriegsversehrten gegründet.", so der Vorsitzende. Dennoch würde er es gerne sehen, wenn für junge behinderte Menschen mehr angeboten werden könnte. "Wir haben schon einmal an Rollstuhl-Basketball gedacht. Bislang haben sich aber noch nicht genügend interessierte Rollstuhlfahrer gemeldet", so der Rotenburger Sportlehrer. Geselligkeit und Fröhlichkeit wird bei dem Rotenburger Verein groß geschrieben: Die Mitglieder veranstalten einmal im Jahr ein großes Sportfest, unternehmen eine Wochenfahrt sowie andere Ausflüge zusammen. "Der Zusammenhalt ist uns sehr wichtig", so Uwe Bausdorf. "Wir hoffen, daß alles so weiter läuft, wie bisher. Inhaltlich geht es bei uns immer weiter. Die Übungsleiterinnen und -leiter bilden sich stetig fort. Denn Behindertensport erfordert eine intensivere und qualifizierte Betreuung", so Bausdorf.