War die Entlassung von Julian Nagelsmann beim FC Bayern ein Fehler? Ex-Vorstandschef Oliver Kahn zieht bei dieser Frage einen brisanten Vergleich.
München – Es war Oktober 2023, als DFB-Sportdirektor Rudi Völler den neuen Bundestrainer Julian Nagelsmann als „Glücksgriff“ betitelte. Nagelsmann war erst wenige Wochen im Amt, hinterließ jedoch frühzeitig Spuren und ist längst das Gesicht des Aufbruchs der deutschen Nationalmannschaft geworden.
Der DFB stach den FC Bayern bei Nagelsmann aus
Noch im März 2023 war Nagelsmann vom FC Bayern entlassen worden, mitten in einer Länderspielpause und ohne jegliche Andeutungen. Während sein Nachfolger Thomas Tuchel am Ende der Saison 2023/24 seine Koffer packen musste, entfachte Nagelsmann mit der DFB-Elf bei der Heim-EM eine neue Euphorie, schuf Nähe zu den Fans und ließ selbst nach dem Viertelfinal-Aus gegen Spanien auf eine erfolgreiche Zukunft hoffen.
Die Vertragsverlängerung bis 2026 war auf diesem Weg ein Erfolg für den DFB – denn der FC Bayern hatte sich um eine Rückkehr von Nagelsmann bemüht, ehe er sich im April für eine Fortsetzung seiner Amtszeit als Bundestrainer entschieden hatte.
Ein erneutes Engagement in München wäre primär als Schuldeingeständnis des deutschen Rekordmeisters interpretiert worden, mit dem Trainerwechsel von Nagelsmann zu Tuchel die falsche Entscheidung getroffen zu haben. Zwar musste im Mai 2023 das dafür zuständige Duo Hasan Salihamidžić und Oliver Kahn weichen, weshalb Max Eberl und Christoph Freund dafür keine Schuld trifft, doch Ehrenpräsident Uli Hoeneß sprach im Nachgang trotzdem von einem Fehler.
Nagelsmann-Entlassung ein Fehler? Kahn zieht Vergleich mit Ancelotti
In einem Interview mit Bild TV wurde Kahn mit ebenjener Aussage von Hoeneß konfrontiert. Ist auch der Ex-Titan zur Ansicht gelangt, falsch gehandelt zu haben? „Ich habe oft genug gesagt, dass wir zum damaligen Zeitpunkt unsere Gründe hatten“, blockte Kahn ab.
Nach Ansicht des ehemaligen Vorstandsvorsitzenden sind Diskussionen über vergangene Handlungen wenig zielführend. Schließlich könne die Frage nach der Fehleinschätzung auch auf frühere Trainerentlassungen bezogen werden. Exemplarisch erlaubte sich Kahn die Frage: „War es sinnvoll, dass Uli Hoeneß und Karl-Heinz Rummenigge damals Carlo Ancelotti entlassen haben, der bei Real Madrid was weiß ich wie viele Titel gewonnen hat?“
Kahn: Nagelsmann-Debatte ergibt „überhaupt keinen Sinn“
Es ergebe „überhaupt keinen Sinn, solche Aussagen zu treffen“, betonte Kahn, denn die Vergangenheit ist nun einmal Vergangenheit. „Es geht darum, dass man bestimmte Entscheidungen immer im zeitlichen Kontext betrachten muss. Vor zwei Jahren war Julian Vereinstrainer bei Bayern München, heute ist Julian Nationaltrainer.“ Und doch wird sich der DFB vielleicht noch immer darüber wundern, dass Nagelsmann nach der Trennung von Hansi Flick im September 2023 überhaupt auf dem Markt war.