Insider glaubt nicht an Alonso als Tuchel-Nachfolger beim FC Bayern

Michael Reschke war zwischen 2014 und 2017 Technischer Direktor des FC Bayern. In der tz spricht er über die Folgen der bevorstehenden Tuchel-Trennung.

München – Der FC Bayern beendet die Zusammenarbeit mit Thomas Tuchel (50) vorzeitig. Der Trainer verlässt den deutschen Rekordmeister spätestens im Sommer – ein Jahr vor Ende seines Vertrags. Ein Nachfolger steht noch nicht fest.

Diese Ungewissheit macht die Münchner Kaderplanung für die Zeit nach Tuchel nicht gerade einfacher. Das weiß auch Michael Reschke (66). Der langjährige Bundesliga-Manager, der zwischen 2014 und 2017 Technischer Direktor des FC Bayern war, kennt das Geschäft bestens. Im großen tz-Interview spricht er über die Folgen der bevorstehenden Tuchel-Trennung.

Tuchel-Ankündigung könnte beim FC Bayern Energie freisetzen

Herr Reschke, der FC Bayern hat am Mittwoch verkündet, sich von Thomas Tuchel zu trennen. Gleichzeitig darf der in der Kritik stehende Trainer aber noch bis Sommer weitermachen. Hat Sie diese Entscheidung überrascht?

Manchmal passt es einfach nicht wie gewünscht, selbst wenn Trainer, Team und Verein hohe Qualität besitzen. Dies scheint bei den Bayern aktuell der Fall zu sein, deshalb ist diese Entscheidung nicht überraschend. Es wird in jedem Fall sehr spannend, was diese Entwicklung bewirkt – beim Team, Tuchel und dem Club. Ich halte es sehr gut für möglich, dass dies neue Energie bei allen freisetzt. Denn die Spieler spielen ja nicht für oder gegen den Trainer, sondern für den Club, die Fans und am Ende auch für sich.

Im Frühjahr sollen Max Eberl und Christoph Freund die neue Münchner Mannschaft planen. Ohne, einen Nachfolger für Tuchel in petto zu haben. Wie soll das funktionieren?

Ein Trainer, der zum FCB wechselt, findet ja immer bereits ein gesamtes Team vor, das er nicht zusammengestellt hat. Kaderplanung und Verpflichtungen sind in allererster Linie Aufgabe des Clubs und seiner Verantwortlichen, denn es geht ja um sportliche und wirtschaftliche Entscheidungen, die in der Regel für mehrere Jahre von strategischer Bedeutung sind. Und das ist halt nicht Aufgabe eines Trainers. 

Muss ein neuer Trainer nicht schon in die Umbruchs-Ideen miteinbezogen sein?

Natürlich ist es optimal und grundsätzlich auch üblich, dass der verantwortliche Trainer miteingebunden ist. Aber die Bayern sind gut beraten, schon jetzt Weichen in alle Richtungen zu stellen und können nicht zwingend warten, bis der neue Trainer verpflichtet ist. 

Als Favorit auf den Trainerposten des FC Bayern gilt Ihr ehemaliger Schützling Xabi Alonso. Der ist mit Leverkusen auf Meisterkurs. Wie kann ein Trainer, der noch bei einem anderen Club unter Vertrag steht, theoretisch den Kader seines neuen Vereins mitplanen?

Falls die Bayern frühzeitig mit einem neuen Trainer klar sind, werden sie diesen sicher miteinbinden. Es gibt ja Handys …

Aus eigener Erfahrung mit Guardiola oder Ancelotti: Wie stark wird ein Coach in München in Transferentscheidungen miteinbezogen?

Es wäre ja fahrlässig, solche Experten nicht miteinzubinden. Pep Guardiola hatte beispielsweise entscheidenden Einfluss auf die Verpflichtungen von Thiago und Xabi Alonso. Bei Verpflichtungen von Kimmich und Coman hat er uns komplett vertraut. 

Aktuell sind Sie Europachef der mächtigen Berater-Agentur CAA Stellar. Wie wichtig ist es Spielern, zu wissen, wer sie bei ihrem neuen Verein trainiert?

Trainer-Spieler-Gespräche gibt es bei Neuverpflichtungen fast immer, aber ein Spieler unterzeichnet seinen Vertrag nicht mit dem Trainer, sondern dem Club und wird auch von diesem bezahlt. Entscheidend ist immer der Verein. Und ganz offen: Ich hab schon Trainer-Spieler-Gespräche erlebt, die waren sehr oberflächlich und hatten eher Alibicharakter. 

Zurück zu Alonso: 2014 waren Sie maßgeblich an seinem Wechsel zum FC Bayern beteiligt. Sie kennen ihn bestens. Sind Sie überrascht, welche Top-Arbeit er bei Ihrem Ex-Club Leverkusen leistet?

Seine sportliche Qualität, seine außergewöhnliche Aura und sportliche Kompetenz sowie seine feinfühlige Empathie waren nach seinen Jahren bei den Bayern jedem Verantwortlichen und dem gesamten Staff bekannt. Dies war ja letztendlich auch der Grund, weshalb sich Rummenigge und Hoeneß nach meinem Vorschlag ernsthaft mit dem Thema, Xabi Alonso zum Sportdirektor zu ernennen, beschäftigt haben. Für Xabi selbst war aber schon damals klar, dass er seine Zukunft im Trainerbereich sieht. 

Sie kennen alle Top-Trainer der Welt: Was ist Alonso für ein Typ?

Jeder Toptrainer hat eine ganze Palette von besonderen Qualitäten. Aber man sollte Xabi überhaupt nicht vergleichen. Er macht sein Ding und findet seinen Weg. Gewiss hat er dabei auch von der Zusammenarbeit mit Pep, Ancelotti, Benitez, Mourinho und weiteren Trainer profitiert, weil er deren Arbeit auch immer gewissenhaft reflektiert hat. Aber entscheidend ist: Alonso ist Alonso! 

Beim FC Bayern herrscht seit Monaten viel Unruhe. Würden Sie ihm raten, sich diesen Job anzutun oder sollte er sich auch nächste Saison noch in Ruhe bei Leverkusen weiterentwickeln?

Wenn die Bayern jemanden unbedingt verpflichten wollen, entwickeln sie schon mächtig Wucht, das habe ich ja 2014 bei meinem Wechsel von Leverkusen nach München selbst erlebt. Sie werden gewiss auch einen Versuch bei Xabi starten. Aber ich glaube, dass er in Leverkusen bleibt. Fernando Carro und Simon Rolfes haben Xabi einen tollen Einstieg in den Topbereich ermöglicht, er verfügt über ein fantastisches Team und kann auf einen tollen Expertenstab an seiner Seite bauen. Wieso soll er jetzt wechseln? Er wird auch in den kommenden Jahren immer wieder Anfragen der besten Klubs erhalten und so wie ich einschätze, sieht er dies alles sehr gelassen. 

Bayern und Zinédine Zidane: Würde das passen, falls es mit Alonso nichts werden sollte?

Er ist auf jeden Fall eine große Persönlichkeit, die seine Klasse schon international bewiesen hat.

Was würde passieren, falls Bayern zum Trainingsauftakt ohne neuen Top-Trainer dasteht?

Das wird nicht passieren.

Müssen Fans ob des aktuellen Chaos‘ fürchten, dass der FC Bayern ein neues Manchester United wird?

Wenn wir statt von Chaos von Unruhe und einer schwierigen, herausfordernden Situation sprechen, bin ich dabei. In der Vergangenheit hat der FCB solche Phasen immer genutzt, sich zu erneuern und mächtig Energie zu entwickeln. Interview: Philipp Kessler

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