Monatelang mussten die Fußball-Vereine bei ihren Spielen auf Zuschauer im Stadion verzichten. Schon bald könnte mit den Geisterspielen Schluss sein - zumindest bei einigen Clubs.
Berlin (dpa) - Von null auf 8500: Trotz der Corona-Pandemie planen mehrere Fußball-Bundesligisten den Saisonstart mit konkreten Konzepten vor Zuschauern.
RB Leipzig darf nach der Freigabe durch die Stadt zum Bundesliga-Auftakt am 20. September gegen den FSV Mainz 05 bis zu 8500 Zuschauer zulassen. Oberbürgermeister Burkhard Jung verspricht sich davon «ein Stück Normalität». Zwar sei sich die Stadt bewusst, «dass die Pandemie noch lange nicht besiegt ist. Aber dort, wo es geht, muss Menschen – unter strengen Auflagen – auch erlaubt sein, ihren Alltag zurückzubekommen.» Ähnliche Überlegungen gibt es bei anderen Clubs für den DFB-Pokal.
Mainz möchte die Erstrundenpartie am 11. September gegen den TSV Havelse vor wenigstens einigen Zuschauern austragen. Der Verein habe auf Basis des Leitfadens der Deutschen Fußball Liga ein Konzept «für eine verantwortungsvolle stufenweise Rückkehr von Fans zu unseren Spielen erarbeitet», sagte Vorstandschef Stefan Hofmann der Deutschen Presse-Agentur. Vom zuständigen Gesundheitsamt Mainz-Bingen kam allerdings zunächst eine Absage. «Wir würden Stand jetzt bis mindestens Ende Oktober keine weiteren Zuschauer genehmigen», sagte ein Sprecher den Zeitungen der VRM-Gruppe. Das würde sich erst mit neuen Vorgaben auf Bundes- und Landesebene ändern.
Die Absprache mit den jeweiligen Gesundheitsbehörden ist für die Clubs zwingend. In Leipzig sind unter anderem eine Maskenpflicht für die Zuschauer sowie strenge Abstandsregeln die Bedingungen. Der Abstand soll unter anderem mit einer Cluster-Bildung der Fans erreicht werden, bei der zwischen kleinen Zuschauergruppen ausreichend Platz gelassen werden muss.
Borussia Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke erhofft sich eine Signalwirkung. «Solange wir mit der Zuschauerzahl im einstelligen Tausenderbereich bleiben, ist das im Freiluftbereich aus meiner Sicht kein großes Risiko», sagte er der «WAZ». Leipzig verschaffe sich «natürlich einen kleinen Wettbewerbsvorteil. Aber den muss man in Kauf nehmen, wenn man möchte, dass sich - immer auf Basis des jeweiligen Infektionsgeschehens und eines durchdachten, verantwortungsbewussten Konzeptes - etwas bewegt.»
Die Karten für das RB-Spiel werden unter Dauerkarten-Inhabern verlost und nicht in den freien Verkauf kommen. Wer ein Ticket möchte, muss seinen Wohnsitz zudem in Sachsen haben. Die Genehmigung der Gesundheitsbehörde ist zudem abhängig vom Infektionsgeschehen in Leipzig und kann bei negativer Entwicklung wieder entzogen werden. RB hatte bereits vor Wochen ein Hygienekonzept vorgelegt, das von der Behörde genehmigt worden war. Damals hatte man auf knapp 20.000 Fans gehofft, nun sind es immerhin 8500.
Mit deutlich weniger Fans plant der Karlsruher SC. Beim Pokalspiel gegen Union Berlin am 12. September sollen rund 450 Zuschauer ins Stadion kommen. Darunter sollen laut Angaben des Clubs 150 Business-Gäste und 300 weitere Zuschauer sein, unter denen die Tickets wohl verlost werden. Bei den Spielen der 2. Bundesliga will der Club genauso vorgehen.
Das Präsidium des Deutschen Fußball-Bundes hatte am Montag die Durchführungsbestimmungen zur Spielordnung ergänzt und so den Weg für mögliche Spiele mit Zuschauern freigemacht. Der Beschluss betrifft die Partien des DFB-Pokals, der 3. Liga und der Frauen-Bundesliga. Die 36 in der DFL organisierten Profi-Vereine der Bundesliga und 2. Bundesliga konferieren am Donnerstag. «Das Konzept von RB Leipzig hat offensichtlich überzeugt», teilte die Dachorganisation via Twitter mit und bekräftigte die Bereitschaft, «mit der Politik verbindliche Gespräche über abgestimmte Lösungen auf Bundesebene zu führen».
Aufgrund der unterschiedlichen Handhabung in den Ländern birgt das Thema Streitpotenzial. Während Baden-Württemberg etwa kleinere Sportevents mit 500 Zuschauern zulässt, sind in Berlin seit Dienstag sogar 5000 Menschen bei Veranstaltungen im Freien zulässig. Der 1. FC Union Berlin will am kommenden Samstag im Test gegen den 1. FC Nürnberg vor entsprechend vielen Fans antreten. Eine noch größere Fan-Rückkehr soll es aber vor November nicht geben. Das hatten die Ministerpräsidenten gemeinsam mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in der vergangenen Woche beschlossen.
Im Pokal hatten zuletzt mehrere Amateurvereine aufgrund der Corona-Bedingungen um den Tausch des Heimrechts gebeten. Am Dienstag gab Regionalligist FSV Union Fürstenwalde sein Heimrecht an den Bundesligisten VfL Wolfsburg ab. Die Begegnung findet am 12. September aber voraussichtlich ohne Zuschauer statt.
Auch der VfL Bochum, der vom Fünftligisten FV Engers 07 gebeten worden war, die Partie in Bochum ausrichten zu dürfen, hat noch keine konkreten Pläne zur Fan-Rückkehr. Die Corona-Rechtslage ist bisher so, dass bei Test- und Amateurspielen in Bochum momentan nur bis zu 300 Personen im Stadion erlaubt sind. Zu diesen gehören auch die Mannschaften, Trainer, Betreuer, Organisatoren sowie Journalisten.
© dpa-infocom, dpa:200901-99-388844/7