Dublin - Der langjährige Partner adidas und das US-Unternehmen Nike buhlen um den künftigen Ausrüstervertrag bei Weltmeister Deutschland.
Der Kampf der Ausrüster macht nicht einmal mehr vor dem Allerheiligsten halt. Als sich Weltmeister Jerome Boateng am Sonntagabend nach dem 5:1 im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund in der Kabine von Bayern München mit vier Kollegen für seinen Twitterkanal fotografieren ließ, schien das zunächst nichts Ungewöhnliches. Allerdings hielt das Quintett demonstrativ seine Nike-Treter in die Linse. Dass der Münchner Abwehrchef sein adidas-Trikot trug, half wenig: der langjährige Ausrüster der Bayern war brüskiert. Wieder einmal.
Boatengs Guerilla-Marketing für seinen persönlichen Ausstatter vor den Augen von Millionen „Followern“ kam für adidas zur Unzeit. Zwar verlängerten die Herzogenauracher erst kürzlichen den wichtigen Vertrag mit den Bayern. Doch ausgerechnet bei Fußball-Weltmeister Deutschland droht dem Unternehmen 2018 nach Jahrzehnten der Partnerschaft die Ablösung durch Nike. Der Sportartikelriese aus den USA habe „eine ehrliche Chance“, sagte DFB-Präsident Wolfgang Niersbach.
Adidas-Chef Herbert Hainer ist alarmiert, auch wenn er diese Aussage öffentlich mit gespielter Gelassenheit kommentiert. Der Konkurrent aus Übersee habe seine Chance schon beim letzten Mal „nicht genutzt, weil er sich erst in die Verhandlungen eingeschaltet hat, als wir den Zuschlag hatten“, stichelte er via Sport Bild. 2006 war Nike trotz eines Traumangebots von 500 Millionen Euro für zehn Jahre abgeblitzt.
DFB und Adidas "gehören einfach zusammen"
Doch die Amerikaner setzen adidas besonders in dessen traditioneller Domäne Fußball zu. Nikes kolportiertes Interesse an einem Vertrag mit der FIFA sehen Insider als eine der Ursachen für Hainers lange zögerliche Haltung in der Krise des Weltverbandes. Der 61-Jährige gibt sich als Partner „in guten und in schlechten Zeiten“.
Was den DFB betrifft, betonte er: „Die deutsche Nationalmannschaft und adidas gehören einfach zusammen“. Hainer wirbt mit einem Trikot „Made in Germany“ als Ziel für 2017/18.
Doch beim knallharten Wettbieten geht es weniger um Sentimentalitäten als ums Geld. Der DFB ist mit derzeit 25 Millionen Euro/Jahr unterbezahlt. Die seit 1966 titellosen Engländer (33) oder Frankreich (44) kassieren von Nike deutlich mehr.
Was möglich ist, haben die Franken selbst demonstriert, als sie den Amerikanern im Sommer 2014 den englischen Rekordmeister Manchester United für die gigantische Summe von fast einer Milliarde Euro für zehn Jahre abjagten. Den FC Bayern entlohnen sie mit angeblich 60 Millionen Euro/Jahr nun ebenfalls fürstlich.
Neue Strategie bei Adidas
Eine Blaupause für die Nationalmannschaft? Das Engagement beim FC Bayern unterstreiche die „neue Strategie“ des Konzerns, sagte adidas-Sprecher Oliver Brüggen. Dieser setze künftig „noch stärker auf Partnerschaften mit ausgewählten Top-Vereinen und -Verbänden“ sowie Top-Stars der Kategorie Lionel Messi.
Bei Bayer Leverkusen oder dem 1. FC Nürnberg ist adidas ausgestiegen, mit der spanischen Nationalmannschaft dagegen wurde bis 2026 verlängert - zu verbesserten Konditionen.
Dass das DFB-Team, wie in der Bild berichtet, bei einer Verlängerung der aktuellen Zusammenarbeit in Manchester-Dimensionen aufsteigen wird, ist dennoch unwahrscheinlich. Dafür sind die Weltmeister zu selten im Einsatz. Realistisch scheint die Bayern-Marke, auf zehn Jahre hochgerechnet also 600 Millionen Euro.
Auch Nike will sich strecken. Und sollten die Amerikaner erneut scheitern, dürften sie weiter auf die Politik der Nadelstiche setzen. Wie mit Boateng. Oder 2013 mit Mario Götze. Der trat seinen Dienst beim adidas-Klub FC Bayern im weißen T-Shirt an - mit übergroßem Nike-Logo.
SID