Jubel-Diskussion in der Bundesliga: Verband schickt dickes Mahn-Schreiben - und droht mit TV-Beweis

Stehen bleiben! Diesen Jubel möchte der Verband in der Bundesliga sehen.
 ©picture alliance/dpa / Stuart Franklin

Die Bundesliga läuft wieder - jedoch ohne volle Stadien. Vor dem zweiten Spieltag nach dem Restart gibt es ein eindringliches Mahn-Schreiben.

  • Als erste der großen Sportligen hat die Bundesliga ihren Betrieb wieder aufgenommen.
  • Aufgrund der Corona-Sicherheitsmaßnahmen fand zunächst der 26. Spieltag mit Geisterspielen* statt.
  • Wie kommen diese beim Publikum an? Markus Söder war nicht ganz zufrieden (siehe Update vom 17. Mai, 11.45 Uhr).
  • Die DFL ermahnt jetzt alle Klubs mit einem dreiseitigen Mahn-Schreiben.

Update vom 23. Mai, 10.51 Uhr: Die Geisterspiele in der Bundesliga finden unter peniblen Vorkehrungen statt. Sogar die Bälle werden desinfiziert. Doch bei aller Vorsicht lässt es sich nicht verhindern, dass sich die Profis auf dem Platz das eine oder andere Mal sehr nahe kommen. 

In einer Situation erwarten aber die meisten Zuschauer und Offiziellen etwas Zurückhaltung von den Stars. Wenn man kann, sollte man Körperkontakt schließlich vermeiden. Beim Torjubel taten das allerdings nicht alle. Die Szene zwischen Dedryck Boyata und Marco Grujic sorgte für viel Missmut (s. unten).

Bundesliga: Hertha-Profis bejubeln Treffer - Verband schickt dreiseitige Mahnung an alle Vereine

Den handelten sich die Hertha-Profis nicht nur von Fans, Funktionären und Politikern ein, sie sorgten sogar dafür, dass der Verband eine dreiseitige Ermahnung an alle Bundesliga-Klubs schickte

„Unter den positiven Reaktionen mischten sich auch einige kritische Rückmeldungen, die uns ein Gefühl dafür geben, dass die Medien und die Öffentlichkeit inklusive der Politik ihren Fokus auf die Einhaltung aller Vorgaben und Maßnahmen durch die Klubs gerichtet haben“, zitiert Bild.de daraus , „Verbesserungspotentiale dahingehend sehen wir vor allem beim Torjubel, der, bei allem Verständnis für Emotionen, vorübergehend ohne Umarmungen und Gesichtskontakt stattfinden sollte.“

Bundesliga/Coronavirus: Verband schimpft wegen Jubel-Arien - und droht mit krassen Folgen

Finger weg! Fordert die DFL also noch einmal explizit und wiederholt auch alle anderen Pflichten. Ein weiterer Punkt war den Funktionären außerdem negativ aufgefallen. 

In der Halbzeit und nach Spielschluss sei der Weg in die Kabine nicht einwandfrei eingeschlagen worden. Der Verband wünscht sich einen „gestaffelten Eintritt“, um Kontakte noch besser zu vermeiden. 

„In diesem Zusammenhang machen wir nochmals darauf aufmerksam, dass im Fall eines positiven Covid-19-Falls das jeweilige Gesundheitsamt eine detaillierte Kontaktnachverfolgung vornimmt“, lässt die DFL eine Drohung folgen, „und dazu womöglich auch TV-Aufnahmen einbezieht, um das Ausmaß von möglichen Quarantänemaßnahmen festzulegen.“

“Es war kein Küssen oder Jubeln“: Hertha-Profi liefert nach umstrittener Szene „einleuchtende“ Erklärung

Update vom 17. Mai, 14.30 Uhr: Dedryck Boyata zählt zu den Hertha-Spielern, die wegen des innigen Jubels in die Kritik geraten sind. Der Innenverteidiger bestreitet allerdings, Teamkollege Marko Grujic vor Freude auf die Wange geküsst zu haben. Vielmehr habe er dem Serben Anweisungen ins Ohr geflüstert.

„Ich habe Marko Grujic eine Standardsituation erklärt, eine Ecke“, schrieb Boyata bei Instagram: „Es war kein Küssen oder Jubeln oder was auch immer behauptet wurde“, schrieb der 29-Jährige.

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Update vom 17. Mai, 11.45 Uhr: Womöglich haben die Jubelbilder der innigen Hertha-Profis nach den Toren beim 3:0 bei 1899 Hoffenheim schon kurzfristig Folgen. In der „Sport1“-Sendung „Doppelpass“ sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder: „Die Liga wird noch nachschärfen, um das klarer zu machen.“ Der CSU-Chef erwartet, dass aus der Empfehlung, auch beim Torefeiern Vorsicht walten zu lassen, „eine klare Empfehlung“ werde.

An die Berliner gerichtet legte Söder nach: „Fußball hat eine Vorbildwirkung, spätestens beim zweiten Tor hätte man anders reagieren können, oder beim dritten.“

Update vom 17. Mai, 8.55 Uhr: Bei Kolumbiens Stürmerstar Radamel Falcao wirft das Vorgehen der Bundesliga in der Corona-Krise Fragen auf. „Ich sehe gerade die Rückkehr des Fußballs und frage mich: Gibt es einen fachlich fundierten Grund dafür, die Umarmungen nach Toren nicht zuzulassen?“, twitterte der 34 Jahre alte Angreifer des türkischen Rekordmeisters Galatasaray Istanbul noch vor Abpfiff der ersten Spiele.

Die Kurznachricht fand noch am Samstag vor allem in Südamerikas Medien Widerhall. Der Rekordtorschütze der „Cafeteros“ begründete seine Verwunderung. „Während der Spiele sind wir in ständigem Körperkontakt. Bei einem Eckball hängen die Verteidiger auf dir drauf, bei einer Freistoßmauer stehen alle eng zusammen.“ Warum also diese Vorsicht beim Torjubel?

Die DFL erklärte wohl unabhängig von Falcaos Frage: Der Torjubel von Spielern sei „nicht Bestandteil“ des medizinisch-organisatorischen Konzepts. Und weiter: „Zum Thema Torjubel wurden in Ergänzung zum Konzept lediglich Hinweise zur Orientierung gegeben - Sanktionen erübrigen sich daher.“

Geisterspiele in der Bundesliga: Restart ruft kritische Stimmen hervor

Erstmeldung vom 16. Mai:

Dass der 26. Bundesliga-Spieltag gewöhnungsbedürftig sein wird, war schon vorher klar. Fußball-Fans in ganz Deutschland sind unschlüssig, was sie von dem Neubeginn trotz Corona-Pandemie halten sollen. Gespalten dürften viele Anhänger auch nach den Samstagspartien am 16. Mai sein - doch bekam man schließlich vor Augen geführt, wie die Profikicker mit der Geisterspiel-Situation, die auch die Ultras der Klubs kritisch beäugen*, inklusive DFL-Sicherheitsmaßnahmen zurechtkommen.

Geisterspiele in der Bundesliga: „Surreal“ und „ein bisschen komisch“

Auf den Rängen der Stadien* herrschte gähnende Leere - nur Ordner befanden sich zuweilen alleine auf den Tribünen, weiter unten nahmen auch Reservisten der Mannschaften Platz. „Es hat schon etwas surreales, wenn du in den letzten zwei Stunden vor Anpfiff aus aller Welt SMS bekommst, dass die Leute heute vorm Fernseher sitzen und dann fährst du durch deine Stadt und es ist überhaupt nichts los", erläuterte BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke vor dem Anpfiff des Revierderbys gegen Schalke 04 bei Sky seine Eindrücke.

Christian Streich, Trainer des SC Freiburg, sprach am Rande der Partie bei FC-Bayern-Verfolger* RB Leipzig davon, dass Corona-Geisterspiele für Auswärtsmannschaften nicht unbedingt einen Vorteil bedeuten würden: "Ich glaube nicht, weder für uns noch für die anderen. Es ist einfach ein bisschen komisch. Wenn du auswärts spielst und die gegnerischen Fans sind voll da, pusht dich das als Auswärtsmannschaft auch mit.“

Corona-Geisterspiele: Pro und Contra - emotionale Twitter-Debatte

Während die Protagonisten auf und abseits des Rasens gemäßigt mit der Situation umzugehen versuchen und notgedrungen Optimismus versprühen, laufen die Reaktionen im Netz naturgemäß wesentlich emotionaler. Die Partien ganz ohne Stadion-Atmosphäre und Stimmung auf den Rängen ist für viele unbefriedigend:

Kult-Kommentator Manni Breuckmann macht aus seiner Abneigung für Geisterspiele ebenfalls keinen Hehl:

Anderen Twitter-Usern fällt eine Diskrepanz zwischen den unterschiedlich gehandhabten Sicherheitsmaßnahmen auf, die auch abseits des Fußballs in der Öffentlichkeit Fragen aufwerfen:

Nicht wenige fühlen sich an gute alte Zeiten vom „Dorf“ erinnert, wo sich ähnlich viele Zuschauer an die Bolzplätze verirren:

Coronavirus: Geisterspiele in der Bundesliga? Sandhausen-Profi ohne Lust

In Liga zwei, bei der es zu einer Sky-Panne kam, hatte sogar mancher Profi keine Lust auf Geisterspiele, wie dem Magazin Fums - nicht ganz ernst gemeint - aufgefallen ist:

Klar, bei den geäußerten Kritiken spielt auch der Faktor Geld und Kommerz eine große Rolle. Wird die Bundesliga die Ankündigungen von Uli Hoeneß und Co.* umsetzen, die außer Kontrolle geratene finanzielle Spirale* im Profifußball abzubremsen? So mancher hat Zweifel:

Jedoch gibt es im Zuge der Bundesliga-Geisterspiele nicht nur Kritiker, sondern auch positive Reaktionen: zum Beispiel von Micky Beisenherz*. Der Kultautor und bekennender BVB-Fan sieht Corona-Geisterspiele eigentlich kritisch, wie er formuliert. Das hat sich nach dem Revierderby jedoch rapide geändert...

Umgekehrt sind Fans, deren Teams verlieren oder in Rückstand liegen, natürlich ein bisschen weniger begeistert:

Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis sich die Fußballfans an Geisterspiele in leeren Arenen gewöhnt haben, die aufgrund der Coronavirus-Pandemie aktuell die einzige Möglichkeit zu sein scheinen. Allerdings gibt es einen Mediziner, der Hoffnung macht mit einer bisher wenig diskutierten Idee.

PF

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