Die Situation für BVB-Trainer Nuri Şahin wird nach der Pleite in Frankfurt immer kritischer. Das Spiel in Bologna könnte zur Zerreißprobe werden.
Dortmund/Frankfurt – Die Krise von Borussia Dortmund hat sich am Freitagabend beim Rückrundenauftakt gegen Eintracht Frankfurt verschlimmert. Nach der 0:2-Niederlage am Main liegen elf Punkte zwischen dem Tabellendritten und den Schwarzgelben. Für Trainer Nuri Şahin wird die Luft immer dünner.
In Frankfurt zeigten sich altbekannte Muster, die derzeit scheinbar nicht abzustellen sind: Nach schwacher erster Hälfte bäumte sich die Mannschaft im zweiten Durchgang besser auf, lief aber vergeblich gegen die nächste Pleite an. Dass sie auch bei der ein oder anderen Schiedsrichterentscheidung kein Glück hatte, passt derzeit ins Bild. Auf Şahin kommt nun wohl ein Endspiel zu.
Dortmund-Führung mit „klarer Botschaft“ für Trainer Nuri Şahin
So jedenfalls lassen sich die Worte von Sportchef Lars Ricken mit Blick auf die Partie in der Champions League beim FC Bologna am Dienstag deuten. „Das weiß Nuri, das wissen wir alle: Wir brauchen Siege und Erfolgserlebnisse“, sagte Ricken. Mit dem Trainer sei besprochen worden, „was unsere klare Erwartungshaltung ist, dass da eine klare Botschaft ist“. Dass diese Botschaft kaum eine andere sein kann, als dass Şahin im Falle einer weiteren Enttäuschung seinen Platz räumen muss, ist eine naheliegende Vermutung.
Noch bewahrt sich der BVB den Funken Hoffnung, dass die Wende mit dem Ex-Profi auf der Trainerbank gelingen kann. Da gereichen selbst nur ordentliche 45 Minuten in Frankfurt zum Strohhalm. „In der zweiten Hälfte hat die Mannschaft gezeigt, dass sie nicht nur sprachlich hinter dem Trainer steht, sondern dass ihm auch auf dem Platz helfen will. Dementsprechend sitzt Nuri auch in Bologna auf der Bank“, erklärte Ricken.
BVB-Boss Lars Ricken: „Wir müssen es nicht mehr analysieren“
Auch Sportdirektor Sebastian Kehl hatte kurz nach Abpfiff das Vertrauen in Şahin unter anderem mit der zweiten Hälfte begründet. „Ich glaube nicht, dass in der zweiten Halbzeit der Tabellenzehnte zu sehen war“, sagte er beim Streamingdienst DAZN. Durchaus bezeichnend, dass Nationalspieler Pascal Groß den Auftritt nach dem Seitenwechsel gegen Eintracht als das Mindeste betrachtete, das vom BVB zu erwarten sei.
Dass die Situation eine Eigendynamik angenommen hat, die im Fußball nur höchst selten umzukehren ist, wollen die Verantwortlichen in Dortmund offenbar noch nicht hinnehmen. Gleichwohl ist die Zeit der großen Unterredungen vorbei und zählt nur noch das nackte Ergebnis. „Wir haben in den letzten Tagen, Wochen und Monaten schon alles analysiert und sehen immer wieder die gleichen Fehler und Verhaltensmuster. Wir müssen es nicht mehr analysieren, sondern Lösungen haben“, betonte Ricken.
Trainerwechsel in Dortmund: Bauernopfer oder der einzige Hebel?
Mit einem Trainerwechsel würde es sich die Klubführung einerseits leicht machen, weil er Şahin als Bauernopfer hergeben würde. Andererseits ist es für gewöhnlich der eine Hebel, der einen Umschwung inmitten der Saison bewegen kann. Den in Sachen Mentalität und bisweilen auch Qualität unzureichenden Kader wird Dortmund bis zum Transferschluss am 03. Februar nicht auf links drehen können.
Şahin selbst kann einem Beobachter zwischenzeitlich fast nur noch leid tun. Der Trainer kann nur wenig dafür, dass Ramy Bensebaini nach 17 Spielminuten keine Luft hat, um den Sprint von Rasmus Kristensen vor dem 0:1 mitzugehen, und dass seine Mitspieler ihm nicht die Rückendeckung boten, die der Algerier benötigt hätte. Vor dem 0:2 drängte der BVB auf einen späten Ausgleich, leistete sich einen unverzeihlichen Ballverlust im Mittelfeld.
BVB-Trainer Şahin: „Mein persönliches Wohlbefinden ist zweitrangig“
Selbstredend ist es die Aufgabe des Trainers, seiner Mannschaft auch in schwierigen Zeiten ein Selbstverständnis einzuimpfen, womöglich ist es genau dieser Punkt, an dem die Unerfahrenheit von Şahin zum großen Manko wird. „Mein persönliches Wohlbefinden ist zweitrangig. Ich versuche klar zu bleiben und die Situation umzudrehen“, sagte der 36-Jährige am späten Freitagabend in einer Pressekonferenz.
Dass ihm dies nicht mehr unumwunden zugetraut wird seitens der BVB-Führung, liegt auf der Hand. „Ich weiß, wie das Geschäft läuft. Die Wahrheit liegt auf dem Platz“, sagte Şahin zur Frage nach einem Ultimatum in Bologna. „Ich werde vorangehen bis zum letzten Tag, an dem ich Trainer von Borussia Dortmund bin.“ Dieser letzte Tag könnte am Dienstag sein.