Deutschland verliert verdient gegen Österreich! Neuer stark - doch die Abwehr wackelt

Julian Brandt konnte sich nicht großartig in Szene setzen.
 ©AFP / JOE KLAMAR

Die deutsche Nationalmannschaft verliert verdient in Klagenfurt. Einzig und allein Manuel Neuer erreichte WM-Form. Die Streichkandidaten verspielen ihre Chance.

Gutes Comeback für Manuel Neuer, aber eine ganz schwache Vorstellung von Weltmeister Deutschland: 15 Tage vor dem ersten Turnierspiel bei der Mission Titelverteidigung in Moskau gegen Mexiko offenbarte das Team von Joachim Löw bei der 1:2 (1:0)-Pleite in Klagenfurt gegen Österreich viele Schwächen, die dem Bundestrainer zu denken geben müssen.

Positiv und das Wichtigste in diesem Test war aber, dass Kapitän Neuer nach 259 Tagen Zwangspause in der DFB-Auswahl eine überzeugende Vorstellung bot, sodass einer Nominierung des 32-Jährigen für die WM-Endrunde in Russland wohl nichts mehr im Wege steht. Der Freiburger Stürmer Nils Petersen, den Löw überraschend in das vorläufige Aufgebot berufen hatte, konnte dagegen im Kampf um ein WM-Ticket bei seiner Länderspielpremiere keine Pluspunkte sammeln.

Rudy überzeugt nicht - muss er noch gehen?

Am Montag muss Löw der FIFA seinen 23er-Kader für das Turnier in Russland (14. Juni bis 15. Juli) melden, vier Spieler aus dem vorläufigen Aufgebot müssen somit noch gestrichen werden und zu Wochenbeginn die Heimreise antreten.

Nach dem nur in der ersten Hälfte ordentlichen Auftritt seiner Mannschaft vor 29.200 Zuschauern im Wörthersee Stadion, wo der zunächst starke Mesut Özil (11.) die Gäste früh in Führung geschossen hatte, dürfte dem Bundestrainer die Entscheidung möglicherweise etwas leichter fallen. Denn von den weiteren Wackelkandidaten konnten weder Julian Brandt noch Sebastian Rudy nach seiner Einwechslung überzeugen. Jonathan Tah kam nicht zum Einsatz.

Erster Sieg für Österreich seit 32 Jahren

Gegen Österreich, das auch das fünfte Spiel unter seinem deutschen Trainer Franco Foda gewann und seinen ersten Sieg gegen den Erzrivalen seit 32 Jahren feierte, stand aber vor allem Neuer im Mittelpunkt. Nach achteinhalbmonatiger Verletzungspause agierte der Bayern-Keeper offensichtlich ohne Probleme. Neuer zeigte an seinem "Tag der Wahrheit" starke Reflexe, eine gute Strafraumbeherrschung, hatte auf dem glitschigen Rasen nur einmal bei der Spieleröffnung leichte Schwierigkeiten.

Seine stärksten Szenen hatte Neuer in seinem 75. Länderspiel in der 32. Minute, als er klasse gegen Florian Grillitsch von 1899 Hoffenheim parierte, und in der 54. Minute. Mit einem starken Reflex verhinderte er gegen Marko Arnautovic einen Rückstand seiner Mannschaft, nachdem er 60 Sekunden zuvor beim Ausgleich von Martin Hinteregger (FC Augsburg) ebenso wie beim zweiten Gegentreffer des Schalkers Alessandro Schöpf (69.) machtlos gewesen war. Linksverteidiger Jonas Hector sah beide Male schlecht aus.

Ohne die Münchner Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng, die aus unterschiedlichen Gründen in Südtirol geblieben waren, bestimmten die Gäste zunächst das Geschehen. Özil nutzte dann den ersten Abspielfehler der Hausherren und überwand in seinem 90. Länderspiel mit einem präzisen Schuss von der Strafraumgrenze Österreichs Torwart Jörg Siebenhandl. Für Özil war es der 23. Treffer im DFB-Dress.

Hinteregger und Schöpf drehen Partie

Drei Minuten später musste Neuer erstmals nach einem Schuss des Schalkers Schöpf eingreifen. Kurz darauf verpasste der Leverkusener Brandt bei seiner einzigen gute Szene nur um Haaresbreite das 2:0. Die Österreicher, die angeführt vom Münchner David Alaba mit fünf Bundesliga-Legionären in der Startelf begonnen hatten, fanden kaum ein Durchkommen gegen die gut organisierte deutsche Viererkette. Neuer vereitelte dann nach einer guten halben Stunde Österreichs erst gute Gelegenheit durch Grillitsch.

Der deutschen Offensive fehlte ihrerseits nach den ersten Trainingstagen die nötige Frische, um nach der guten Anfangsviertelstunde nachzulegen. Die meisten Konter verpufften frühzeitig, da die Zuspiele oft beim Gegner landeten. Der Zustand des Rasens mag ein Grund dafür gewesen sein. Nach einem heftigen Unwetter in Klagenfurt mit Starkregen und Hagel hatte das Spiel 103 Minuten später als geplant angepfiffen werden müssen.

Den kompletten Spielverlauf können sie in unserem Live-Ticker nachlesen

Nach der Pause agierte der Weltmeister dann unkonzentriert und fahrig. Österreich übernahm mehr und mehr das Kommando. Nachdem Neuer zunächst gegen seinen Münchner Vereinskollegen Alaba zur Stelle war, hatte er bei Hintereggers Direktschuss keine Chance. In der Folge konnten sich Neuer und seine Vorderleute über Arbeit nicht beklagen. Schöpf fand dann eine weitere Lücke in der deutschen Hintermannschaft und brachte Austria verdient in Front.

Am kommenden Freitag steht in Leverkusen die WM-Generalprobe des Titelverteidigers, der seit fünf Spielen auf einen Sieg wartet, gegen Saudi-Arabien auf dem Programm. Am Sonntag erhält das Team in Südtirol Besuch von Bundeskanzlerin Angela Merkel, die den Weltmeister dann aufmuntern kann.

Die Reaktionen der Spieler

Marco Reus: „Es ist natürlich schön, wieder für Deutschland spielen zu können. Ich freue mich sehr auf die WM. Wir wissen, dass wir noch einiges zu tun haben, aber wir haben vollstes Vertrauen in das Team und das Trainerteam. Das werden wir dann hinbekommen.“

Julian Brandt: „Ich habe mir vorgenommen, mein Bestes zu geben. Das eine oder andere Ding hätte ich versenken können. Ich bin relativ entspannt und ich lasse den Montag entspannt auf mich zu kommen.“

Nils Petersen: „In der ersten Halbzeit hatten wir ganz gute Gelegenheiten. In der zweiten Halbzeit haben wir es dann einfach nicht geschafft, den Fünferriegel der Österreicher zu knacken. Da muss man dem Gegner auch Respekt zollen.“

Joachim Löw (Bundestrainer) im ZDF: "Das war ein gutes Comeback von Manuel Neuer nach so langer Zeit. Er hat ein, zwei Bälle prima pariert. Die Niederlage ärgert mich aber. Wir haben die Dinge nicht so umgesetzt, wie wir uns das vorgenommen hatten. Nach der Pause sind wir in ein Fahrwasser geraten, das mir gar nicht gefallen hat. Wir waren viel zu schlampig im Spiel nach vorne. Ich nehme einige Erkenntnisse mit. Wenn wir so spielen, haben wir in Russland keine Chance. Da gibt es eine Menge aufzuarbeiten. Wir lassen uns aber nicht verrückt machen und bleiben ruhig."

SID/dpa

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