Deutschland ist eine Fußballnation, die über viele herausragende Fußballer verfügt. Einige von ihnen spielen dennoch nicht in der DFB-Elf.
- Die Qualifikation zur EM ist der DFB-Elf geglückt.
- In einem halben Jahr muss Bundestrainer Löw den Kader für das Turnier bekannt geben.
- Eine Reihe von Spielern wird dabei wohl erneut nicht berücksichtigt.
München - Die deutsche Nationalmannschaft hat sich am Wochenende für die Europameisterschaft 2020 qualifiziert - was angesichts der eigenen Ansprüche und dem verfügbaren Spielermaterial eine Selbstverständlichkeit ist. Der aktuelle Gruppenplatz eins ist dennoch als Erfolg zu bewerten und die DFB-Elf kann zuversichtlich in Richtung EM blicken.
Chancenlos und ignoriert - diese deutschen Spieler werden von Jogi Löw eiskalt zurückgewiesen
Jürgen Klinsmann sagte am Rande des Länderspiels gegen Weißrussland, eine deutsche Nationalmannschaft müsse vor einem Turnier immer den Anspruch haben, den Titel zu gewinnen. Vonseiten des DFB gibt man sich diesbezüglich ein wenig bescheidener (Löw: „Wir sind kein Favorit“) und erkennt, dass andere Nationen wie England, Frankreich oder Belgien womöglich etwas weiter sind als die sich im Umbruch befindende deutsche Mannschaft.
Vor dem Turnier wird Jogi Löw wieder vermehrt in den Fokus rücken, wenn es darum geht, den Turnier-Kader zu bestimmen. Wer darf mit zur EM? Nach aktuellem Stand gibt es einige Spieler, die vom Bundestrainer überhaupt nicht in Betracht gezogen werden. Eine Übersicht.
Kader der Nationalmannschaft: Neuer als Keeper gesetzt - Nübel gehört die Zukunft
Tor: Im Kasten der DFB-Elf herrscht seit Jahren Konstanz. Mit dem mehrmaligen Welttorhüter Manuel Neuer sowie dem in Barcelona überragend haltenden Marc-André ter Stegen ist Deutschland perfekt aufgestellt. Daher gibt es auf dieser Position eigentlich niemanden, den Löw in seinen Überlegungen vergisst. Am ehesten zu nennen wäre hier Schalkes Alexander Nübel. Der U21-Nationalkeeper, der beim FC Bayern gehandelt wird*, soll allerdings behutsam an die A-Elf herangeführt werden, ihm gehört die Zukunft.
Kader der DFB-Elf: Gibt es ein Hummels-Comeback und was ist mit Gosens?
Abwehr: In der Verteidigung gibt es dagegen einige Spieler, die beim Bundestrainer außen vor sind. In der Zentrale haben Jerome Boateng (FC Bayern) und Mats Hummels (Dortmund) nach ihrer Degradierung offenbar keine Chance auf eine Rückkehr, auch wenn zuletzt vermehrt Stimmen nach einem Hummels-Comeback laut wurden.
Auf den Außenverteidigerpositionen drängen sich ebenfalls einige Spieler auf - hoffen allerdings vergeblich auf eine Berufung. Frankfurts Danny Da Costa und Atalanta Bergamos Robin Gosens überzeugen neben ihren Defensivqualitäten vor allem mit Tempo und Torgefahr. Die beiden scheinen prädestiniert für eine Dreier- beziehungsweise Fünferkette. Auch Freiburgs Linksverteidiger Christian Günter hätte aufgrund seiner starken Leistungen in der aktuellen Bundesliga-Saison (ein Tor, fünf Vorlagen) zumindest verdient, dass man (wieder) über ihn spricht. Der 26-Jährige kommt bislang auf acht Minuten im DFB-Dress - und das beim bedeutungslosen B-Elf-Test gegen Polen 2014 (0:0).
Im weiteren Kreis der chancenlosen Abwehrspieler befinden sich zudem Philipp Max (Augsburg), die Bender-Zwillinge (beide Leverkusen), Kevin Vogt (Hoffenheim) und Ex-Stuttgarter Timo Baumgartl (Eindhoven).
Nationalmannschaft: Im deutschen Spiel fehlt ein Kämpfer - Rode als Lösung?
Mittelfeld: Im Mittelfeld verfügt der DFB über technisch herausragende Kicker, ein echter Fighter fehlt allerdings, obwohl es diesen Spielertyp mit Sebastian Rode in der Bundesliga gäbe. Der Ex-Münchner stellt bei Eintracht Frankfurt Woche für Woche unter Beweis, dass er sich für keinen Zweikampf zu schade ist, doch auf eine Berufung wartet der 29-Jährige vergeblich. Sein Trainer, Adi Hütter, schwärmt von Rode: „Sobald er auf dem Feld steht, gibt er 100 Prozent. Das ist sein Charakter und seine Einstellung.“
Neben Rode hätten es im zentralen Mittelfeld auch Julian Weigl (Dortmund), Christoph Kramer, Florian Neuhaus (beide Gladbach), Maximilian Arnold (Wolfsburg) oder Maximilian Eggestein (Bremen) verdient, (mal wieder) eine Chance in der Nationalmannschaft zu bekommen.
DFB-Elf: Gladbacher drängt sich auf - ist Herrmann ein EM-Kandidat?
Auf den Flügelpositionen sorgt derzeit jemand für Furore, den einige Experten bereits abgeschrieben hatten - Patrick Herrmann. Der Gladbacher war in den letzten fünf Ligaspielen an sechs Treffern direkt beteiligt (vier Tore, zwei Vorlagen) und spielt momentan befreit auf wie lange nicht. Kann der verletzungsanfällige 28-Jährige diese Form halten, sollten für den Offensivmann zwingend weitere Länderspiele hinzukommen. Bislang kommt Herrmann lediglich auf zwei Einsätze im DFB-Dress - 2015 in den unbedeutenden Partien gegen die USA und Gibraltar.
Auch über eine erneute Berufung von Karim Bellarabi (Leverkusen) sowie einem Debüt von Marius Wolf (Hertha BSC) oder U21-Shootingstar Marco Richter (Augsburg) könnte man nachdenken. Mesut Özil ist nach seinem Rücktritt kein Thema mehr.
Nationalmannschaft: Trotz starker Quote - Löw ignoriert Volland
Angriff: Die DFB-Elf verfügt mit Werner, Sané, Gnabry und Co. über brillante Offensivakteure, doch im deutschen Spiel fehlt dennoch etwas - ein echter Mittelstürmer. Mit Nils Petersen gäbe es in der Bundesliga einen Spieler, der perfekt auf diese Position zugeschnitten ist. Der Freiburger kommt bislang auf lausige zwei Länderspiele, obwohl er kontinuierlich starke Leistungen zeigt. Zudem stellt der Top-Joker der Liga (22 Treffer als Einwechselspieler) die perfekte Alternative für die Schlussminuten einer Partie dar. In den letzten drei Spielen erzielte der 1,88-Meter-Mann vier Treffer, offenbar weiterhin zu wenig für den Bundestrainer.
Vor über drei Jahren wurde Kevin Volland das letzte Mal von Löw für die Nationalmannschaft berufen. Warum der Leverkusener seitdem vergeblich auf eine Nominierung wartet, erschließt sich einem nicht wirklich: In den vergangenen beiden Bundesliga-Spielzeiten erzielte der Ex-Löwe jeweils 14 Treffer, vergangene Saison kamen außerdem zwölf Vorlagen hinzu. Volland trifft und trifft, hat auch in dieser Saison bereits fünfmal genetzt (plus vier Vorlagen) und ist laut Reiner Calmund „einer der absolut besten deutschen Stürmer“, doch Löw gibt dem 27-Jährigen keine Chance mehr.
Auch Mario Götze (Dortmund), Max Kruse (Fenerbahce Istanbul) oder der von Löw geschasste Thomas Müller (FC Bayern) haben derzeit kaum Chancen auf eine Nominierung. Lars Stindl (Gladbach) befindet sich im weiteren Kreis der DFB-Elf, muss nach seiner schwerwiegenden Verletzung aber um einen Platz kämpfen.
Nationalmannschaft: Das Team der Chancenlosen in der Übersicht
Fazit: Unterm Strich ist die deutsche Nationalmannschaft mehr als gut aufgestellt und kann - um es mit den Worten Jürgen Klinsmanns zu sagen - auch immer um den Titel mitspielen. Dennoch sehen wir in den Nominierungen des Bundestrainers, der zur Europameisterschaft wieder rauchfrei sein möchte, das ein oder andere Verbesserungspotenzial. Spieler, die eine Berufung verdient hätten, gäbe es nämlich genug.
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Andreas Schmid