Das DFB-Team hat in der Nations League eine krachende Niederlage kassiert und steht kurz vor dem Abstieg. In der Niederlande fällt die Entscheidung erst spät.
Amsterdam - Die deutsche Fußball-Nationalmannschaft hat durch eine peinliche Niederlage im Prestigeduell beim Erzrivalen Niederlande die Diskussionen um Bundestrainer Joachim Löw wieder angeheizt. Der viermalige Weltmeister kassierte in Amsterdam eine 0:3 (0:1)-Pleite. Es war die höchste Niederlage überhaupt gegen das Oranje-Team, das nach verpasster EM- und WM-Teilnahme unter dem neuen Bondscoach Ronald Koeman neu aufgestellt wurde.
Virgil van Dijk (30.), Memphis Depay (87.) und Georginio Wijnaldum(90.+2) machten den ersten Sieg der Niederlande in der neugeschaffenen Nations League perfekt, wodurch der Europameister von 1988 Deutschland in der Gruppe 1 der A-Liga überholte und auf den letzten Platz stürzte. Sollte der deutschen Mannschaft am Dienstag (20.45 Uhr/ARD) in St. Denis gegen Weltmeister Frankreich nicht ihr erster Sieg im Wettbewerb gelingen, droht der Abstieg in die B-Gruppe, was nach dem WM-Desaster der nächste Tiefpunkt für den deutschen Fußball wäre und Konsequenzen nach sich ziehen könnte. Um in Paris zu punkten, muss sich die deutsche Mannschaft, die letztmals 1996 in den Niederlanden gewann und nun erstmal seit 2002 wieder gegen den Nachbarn verlor, aber gewaltig steigern.
Leichte Anlaufschwierigkeiten beim DFB-Team
Vor 52.536 Zuschauern in der ausverkauften Johan-Cruyff-Arena hatte Deutschland leichte Anlaufschwierigkeiten, nach einer Viertelstunde die Partie aber scheinbar im Griff. In der 15. Minute hatte Timo Werner die erste gute Gelegenheit für die Gäste, bei denen der starke Joshua Kimmich im Gegensatz zu seiner Rolle bei Bayern München erneut vor der Viererkette agierte.
Drei Minuten später fand Thomas Müller in Oranje-Torwart Jasper Cillessen seinen Meister. Kurz darauf war der Keeper des FC Barcelona auch bei einem weniger gefährlichen Schuss von Mark Uth zur Stelle.
Kalte Dusche nach einer halben Stunde
Nach einer halben Stunde wurden die Gäste dann kalt erwischt. Kapitän van Dijk nutzte eine komplette Verwirrung in der deutschen Hintermannschaft, nachdem Ryan Babel im Anschluss an eine Ecke nur die Unterkante der Latte getroffen hatte. DFB-Kapitän Manuel Neuer sah in dieser Szene alles andere als gut aus, er hatte sich bei der Ecke schlichtweg verschätzt. Aber auch Mats Hummels und Jonas Hector machten in dieser Szene keine gute Figur.
Überhaupt wirkte die deutsche Defensive beim kleinsten Gegenwind verwundbar. Vor allem bei den Bayern-Profis war eine allgemeine Verunsicherung zu spüren. Aber auch Champions-League-Sieger Toni Kroos enttäuschte auf der ganzen Linie.
Niederlande kann noch vor Pause nachlegen
Die Elftal witterte nach der Führung Morgenluft und hatte durch Babel, der in letzter Sekunde von Matthias Ginter geblockt wurde, Georginio Wijnaldum und Depay noch drei hervorragende Möglichkeiten vor der Pause. Auf der Gegenseite eröffnete sich Müller noch eine Ausgleichschance.
Auch nach der Pause hatte die DFB-Auswahl, die mit unverändertem Personal in den zweiten Durchgang ging, ihre liebe Müh und Not mit den immer mutiger werdenden Niederländern. Denzel Dumfries, einer von zwei Neulingen in der Startformation der Gastgeber, hatte kurz nach der Pause das 2:0 auf dem Fuß. Seinen abgefälschten Ball konnte Neuer aber noch zur Ecke lenken. Hummels und Werner sorgten im Strafraum der Niederländer zwar noch zweimal für Unruhe, aber so richtig gefährlich wurde es für die Gastgeber nicht.
Sane hat kurz nach Auswechslung große Chance
Erst der in der 57. Minute für Thomas Müller eingewechselte Leroy Sane hatte in der 65. Minute eine hervorragende Ausgleichschance. Auch der zeitgleich für Emre Can eingewechselte Julian Draxler brachte frischen Wind - leistete sich vor dem 0:2 dann aber den entscheidenden Ballverlust.
Der Bundestrainer hatte bereits bei seiner Aufstellung überrascht. Stürmer Mark Uth, der diese Saison für seinen neuen Klub Schalke 04 noch nicht getroffen hat, ging als 100. Debütant in der Ära Löw in die Geschichtsbücher ein, der nachnominierte Can schaffte es ebenfalls in die Startelf.
Sechs Spieler fehlen verletzungsbedingt
In Marco Reus, Kai Havertz, Antonio Rüdiger und Leon Goretzka hatten zuletzt vier Profis Löw wegen Blessuren absagen müssen, zudem waren Ilkay Gündogan und Nils Petersen wegen ihrer Verletzungen gar nicht erst nominiert worden.
Uth mühte sich nach Kräften, wechselte im Angriff immer wieder mit Müller und Werner die Positionen. Aber wie schon bei der WM in Russland mangelte es an der Durchsetzungskraft. Ein weiteres Manko der deutschen Elf war einmal mehr die Innenverteidigung mit Hummels und Jerome Boateng, die sich wieder mal als Achillesferse entpuppte.
sid