Gerät der bisher stabile Liga-Primus aus Dortmund nach dem Pokal-Aus gegen Bremen nun auch im Meisterkampf ins Wanken? Noch demonstrieren alle Beteiligten Gelassenheit. Doch nicht nur die Verletzung von Schlüsselspieler Marco Reus bereitet Sorgen.
Dortmund (dpa) - Lucien Favre war mächtig verschnupft. Mehr noch als das bittere Ende des Pokal-Dramas gegen Werder Bremen machte dem Dortmunder Trainer ein grippaler Infekt zu schaffen - wie einigen seiner Profis.
«Das gehört im Februar dazu», kommentierte der ungewohnt blasse Schweizer mit heiserer Stimme. Ähnlich nüchtern kommentierte er das 2:4 im Elfmeterschießen, mit dem der BVB-Traum vom Double schon im Achtelfinale zu Ende ging: «Wir sind leider nicht mehr dabei. Aber das ist Sport, das ist Fußball.»
Der Versuch des 61-Jährigen, den ersten großen Rückschlag des Bundesliga-Tabellenführers seit seinem Amtsantritt im Sommer nicht zu dramatisieren, spendete den Profis nur bedingt Trost. Genau wie der aufmunternde Applaus der Fans von der mächtigen Südtribüne. Wortkarg und mit hängenden Köpfen traten sie nach Mitternacht den Heimweg an, während ihre Bremer Kollegen trotz der bevorstehenden stundenlangen Rückreise noch immer freudestrahlend Interviews gaben. «Das müssen wir über die Bühne bringen - egal wie. Da müssen wir dreckiger spielen», klagte der angeschlagene Kapitän Marco Reus mit Verweis auf die zweimalige Führung der Borussia in der Verlängerung.
Doch anders als in den ersten beiden Pokalspielen gegen Greuther Fürth (2:1) und Union Berlin (3:2) bescherte die Verlängerung diesmal kein Happy End. Trotz der schön herauskombinierten Treffer von Christian Pulisic (105.) zum 2:1 und Achraf Hakimi (113.) zum 3:2 schlugen die Bremer durch Oldie Claudio Pizzaro (108.) und Martin Harnik (119.) eiskalt zurück. «Es war ein gebrauchter Abend», befand Angreifer Mario Götze», «normalerweise müssen drei Tore zu Hause reichen. Das war sehr, sehr bitter.»
Viel wird davon abhängen, wie der seit Wochen vom Erfolg verwöhnte Liga-Primus diese unerwartete Schlappe wegsteckt. Erschwerend kommt hinzu, dass eine Erkältungswelle mit vier erkrankten Profis und die Verletzung von Schlüsselspieler Reus zu schaffen macht. Noch ist offen, ob die Torhüter Roman Bürki und Marvin Hitz sowie Jadon Sancho und Marcel Schmelzer am Samstag (15.30 Uhr) im Bundesliga-Duell mit Hoffenheim wieder genesen sind.
Besonders schmerzlich wäre ein Ausfall von Reus, der nach seinem sehenswerten Freistoßtreffer zum zwischenzeitlichen 1:1 in der Halbzeit ausgewechselt wurde. «Der Oberschenkel hat heute zugemacht. Ich kann noch nicht sagen, ob ich am Wochenende spielen kann», sagte der Nationalspieler. Ob dem Star womöglich ein längerer Ausfall droht, vermochte auch Lucien Favre nicht zu beurteilen: «Das können wir jetzt noch nicht definitiv sagen. Übermorgen machen wir eine Kontrolle.»
Die Erkrankungen und Verletzungen diverser Profis und die Auswechslungen von Raphael Guerreiro, Thomas Delaney und Mario Götze führten dazu, dass die Borussia die Partie gegen Bremen ohne sieben Stammkräfte beendete. «Das hat uns ein bisschen in die Karten gespielt», gestand Florian Kohfeldt. Dennoch wertete der Bremer Trainer den Erfolg als Coup: «Großes Kompliment an meine Mannschaft wie sie Leidenschaft und Cleverness kombiniert hat.»
Nicht nur den Bremern, sondern auch dem Dortmunder Eric Oelschlägel wird der Fußball-Krimi noch länger in Erinnerung bleiben. Aufgrund der Erkrankungen der beiden Stammkeeper Bürki und Hitz gab der erst am Morgen informierte U23-Schlussmann sein Profidebüt - ausgerechnet gegen seinen ehemaligen Club aus Bremen.
Gleich in seinem ersten Spiel auf großer Bühne bekam der 23-Jährige zu spüren, wie nah Freud und Leid im Profifußball mitunter beieinander liegen. Mit einer spektakulären Parade rettete er seine Mannschaft bei einem Freistoß von Max Kruse kurz vor Ende der regulären Spielzeit in die Verlängerung, sah aber beim 3:3 der Bremer nicht gut aus. Gleichwohl überwog bei ihm die Faszination: «Für mich ist ein Traum in Erfüllung gegangen. Der Ausgang des Spiels ist sehr ärgerlich, die Enttäuschung ist natürlich da. Für mich persönlich kann ich aber ein positives Fazit ziehen.»