Nach Krawallen: Russischer Politiker lobt gewalttätige Fans

Unschöne Szenen: Russische Anhänger stürmen nach dem Schlusspfiff den englischen Block.
 ©dpa

Marseille/Paris - Der bei den blutigen Ausschreitungen von Marseille am Samstag schwerverletzte Engländer befindet sich weiterhin in kritischem Zustand. Von den Tätern fehlt jede Spur. Ein russischer Politiker lobt die Gewalttäter sogar.

Der bei den blutigen Ausschreitungen von Marseille schwerverletzte Engländer kämpft weiter um sein Leben - von den Tätern, die am Samstag mit hemmungsloser Gewalt zuschlugen, fehlt aber jede Spur. "Die Angreifer konnten nicht identifiziert werden", musste Brice Robin, Staatsanwalt der südfranzösischen Stadt, am Montag eingestehen. Die Erfolgsbilanz der Behörden ist bislang niederschmetternd.

Am Montag wurde sechs Briten, drei Franzosen und einem Österreicher der Prozess gemacht. Die französische Staatsanwaltschaft beantragte Haftstrafen und ein Einreiseverbot. "Ich war zur falschen Zeit am falschen Ort", sagte ein 20 Jahre alter Brite, für den zwei Monate Haft gefordert wurden. Der Deutsche, der am Sonntag in Polizei-Gewahrsam war, fehlte auf der Liste des Staatsanwalts. Inzwischen wurden zwei der englischen Fans zu Haftstrafen verurteilt.

150 russische Hooligans entzogen sich einer Verhaftung

Schuldig waren angesichts der Bilder aber wohl viel mehr. Mindestens 150 "perfekt vorbereitete" russische Hooligans konnte sich nach den Krawallen einer Festnahme entziehen, sagte Robin. Die Russen waren der Überwachung offenbar entkommen, indem sie nicht mit dem Flugzeug in Marseille landeten. Inzwischen dürften sie weit weg sein - oder, was schlimmer wäre, auf dem Weg zum nächsten EM-Spiel der Russen gegen die Slowakei am Mittwoch in Lille (15.00 Uhr/ZDF).

Auch in Großbritannien wurden schwere Anschuldigungen erhoben. Der bei der britischen Polizei für die EM verantwortliche Offizier Mark Roberts sagte der Tageszeitung Guardian, russische Hooligans hätten sich Zahnschutz und Kampfhandschuhe angezogen, bevor sie auf die englischen Fans losgegangen seien: "Wir wissen, dass einige Messer hatten, weil ein englischer Fan niedergestochen wurde."

Der in Marseille zu Boden geprügelte Brite befinde sich derweil weiter in einem "kritischen", aber inzwischen stabilen Zustand, sagte der Staatsanwalt. Insgesamt hatte es mindestens 35 Verletzte gegeben, darunter dem Vernehmen nach auch Unbeteiligte. Der in Lebensgefahr schwebende Engländer sei von einer Eisenstange "wahrscheinlich am Kopf" getroffen worden, berichtete die Nachrichtenagentur AFP.

Russischer Politiker lobt die russischen Hooligans

Als erste Konsequenz hatte die Europäische Fußball-Union (UEFA) für die verbleibenden EM-Spiele das Sicherheitskonzept geändert und Anzahl der Beamten und Ordner erhöht. Das gilt speziell für die Hochrisikospiele, zu denen auch die Deutschland-Partie gegen Polen am Donnerstag in Saint-Denis (21.00 Uhr/ZDF) zählt. Die Uefa drohte England und Russland am Sonntag zudem den Ausschluss vom Turnier an, sollten Hooligans aus diesen Ländern erneut Krawalle lostreten. An "sensiblen Orten" des Landes hat die Regierung zudem ein Alkoholverbot erlassen. "Ich habe die Anweisung gegeben, entsprechende Maßnahmen einzuleiten", sagte Innenminister Bernard Cazeneuve.

In Russland wird die Lage der Dinge derweil offenbar komplett anders aufgenommen. Parlaments-Vizepräsident und Vorstandsmitglied der russischen Fußball-Union Igor Lebedew twitterte am Montag die zynische Nachricht: „Ich kann nichts Schlimmes an kämpfenden Fans finden. Im Gegenteil, gut gemacht Jungs. Weiter so!“

Hier finden Sie den Spielplan für die EM 2016 mit allen Gruppen, Terminen und Ergebnissen im Überblick.

SID

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