Lille - Julian Draxler zeigte beim DFB-Sieg gegen die Slowakei eine Weltklasse-Leistung, die er mit einem Tor krönte. Vor Lob kann er sich jetzt nicht mehr retten.
Das Spiel war noch gar nicht angepfiffen, da war’s schon fast wieder rum. Gut, für Mario Götze galt das bereits ein paar Stunden vor Anpfiff, aber der Rest des Teams brauchte den kleinen Extrakick. „Ich war ganz dankbar, dass die Spieler ein wenig vom Frankreichspiel gesehen haben. Das hat ihnen nochmals vor Augen geführt, dass man keinen Gegner unterschätzen darf“, lachte Teammanager Oliver Bierhoff. Und so war es – von der ersten Sekunde an zeigten sie, dass sie dieses Spiel gewinnen würden. In der 72. Minute war’s geschafft, da verließ der beste Mann den Platz: Julian Draxler.
„Genial, super, was der gezeigt hat“, lobte ZDF-Experte Oliver Kahn die Taten des Wolfsburgers. Als da wären das wunderschöne 3:0, zahlreiche Dribblings und dazu die Vorbereitung beim 2:0 von Mario Gomez. „Draxler hat das sensationell gemacht heute!“, lobte ihn Kahn. Nicht nur das Tor war 1A, sondern auch die Vorarbeit beim 2:0 „war genial. Der sieht das mit seiner ganzen Cleverness und Erfahrung und legt ihn perfekt auf“, freute sich Kahn über den Tip-Top-Auftritt des 22-Jährigen.
Aber auch der zweite Teil des Treffers hatte es dem Druck-Titan a.D. angetan: „Das Tor macht der Mario, weil er eben da steht, wo er hin muss. Der riieeecht das! Super!“
So soll es weitergehen im weiteren Turnier – allerdings dürfte das zulasten von Götze gehen. Draxler nutzte seine Chance auf der einzig offenen Planstelle im Jogi-System perfekt. „95 Prozent der Mannschaft stehen, nur auf der linken Seite hat Löw noch nicht seinen Wunschspieler gefunden“, sagte Simon Rolfes vor dem Spiel treffend. Nach dem Wechsel vom Bayern- auf den Wolfsburg-Wirbler dürfte sich weiteres Suchen erledigt haben. „Genial“ – war die einhellige Meinung der Experten (siehe auch Interview mit Paul Breitner auf Seite 26).
Der Hochgelobte selbst hielt sich in bester „Jederfürjeden“-Manier zurück und freute sich über einen „insgesamt sehr schönen Tag“. Er sei froh, dass er „helfen konnte“, so Draxler. Einen Platz fürs nächste Spiel würde bei Löw kein Spieler fordern, aber Draxler zeigte durchaus angemessenes Selbstvertrauen: „Ich hab im Training immer weiter Gas gegeben. Und ich hoffe natürlich, dass ich im nächsten Spiel wieder dabei bin. Egal ob Italien oder Spanien (Achtelfinale am Montag um 21:00 Uhr, live im Free-TV und Live-Stream) – es wird sicher ein Highlight.“
Auch für Draxler? „Der ist jetzt gesetzt“, sagt Kehl, und vielleicht denkt das auch Löw. Aber zum Spannung-Hochhalten taugt das nicht – und deswegen sagt Joachim Löw lieber: „Julian hat im Training sehr viele gute 1:1-Situationen gehabt. Er hat ein gutes Spiel gemacht, das war eine Folge seines sehr guten Trainings. Aber diese eine Mannschaft, die gibt es nicht – das muss man erst sehen.“
So glanzvoll Draxler sich zeigte, so glücklos ist weiterhin Thomas Müller unterwegs – aber, Vorsicht Spanier und Italiener: Denkt ja nicht, dass er nicht gut spielt, nur weil bisher nichts Zählbares dabei rumgekommen ist, weiß Oliver Kahn. „Thomas und Mario ergänzen sich sehr gut, das passt zusammen. Und Thomas sollte sich nicht zu viele Gedanken machen. Man hat ihm angemerkt, dass er ein bisschen ins Nachdenken gekommen ist, aber er wird schon noch treffen.“ Zum Beispiel gegen Italien. Oder Spanien. Ganz egal.
tz