Marseille - Island sieht nach einem glücklichen Elfmeter langer wie der Sieger aus, doch die Ungarn geben nicht aus und erkämpfen sich das Unentschieden. Damit sind die "Riesen" auf Achtelfinal-Kurs.
Als der letzte Schuss des Isländers Eidur Gudjohnsen in der Nachspielzeit knapp am Tor der Ungarn vorbeitrudelte, gab es kein Halten mehr: Torwart-Oldie Gabor Kiraly sprang wie ein junger Hüpfer über den Rasen, Coach Bernd Storck drückte seinen Co-Trainer Andreas Möller heftig. Denn allen war klar: Durch das 1:1 (0:1) hat der Vize-Weltmeister von 1954 das Tor zum EM-Achtelfinale weit aufgestoßen.
"Ein fantastisches Spiel, wir haben alles gegeben, ein großes Kompliment an die Mannschaft", sagte Storck nach dem späten Ausgleich durch ein Eigentor des Isländers Birkir Saevarsson (88.) und ergänzte: "Wir haben nie die Ruhe verloren und einen Punkt gegen eine starke Mannschaft gewonnen." Nach dem Auftaktsieg gegen Österreich (2:0) genügt den Ungarn zum Abschluss der Gruppe F am Mittwoch in Lyon ein Unentschieden gegen Portugal zum Achtelfinaleinzug.
Doch auch das kleine Island darf nach dem zweiten Unentschieden noch hoffen. Um sicher in der K.o.-Runde dabei zu sein, muss es Österreich am Mittwoch in St. Denis schlagen. Dabei sah es lange Zeit für die kampfstarken Nordmänner noch besser aus. Nach der Führung durch den Ex-Hoffenheimer Gylfi Sigurdsson (39., Foulelfmeter) stand Island kurz vor seinem ersten EM-Sieg, dann lenkte Saevarsson nach einer scharfen Hereingabe des eingewechselten Nemanja Nikolic den Ball aus kurzer Distanz unglücklich ins eigene Netz.
Fast der zweite Elfmeter für Island
Pech für Island: Der russische Schiedsrichter Sergej Karassew pfiff nach einem Foul am eingewechselten Alfred Finnbogason vom FC Augsburg keinen zweiten Elfmeter, sondern entschied zu Recht auf Freistoß Zentimeter vor der 16-Meter-Linie (90.+4). "Es hat nicht viel gefehlt, das ist ärgerlich. Aber wir sind selbstbewusst für das nächste Spiel", sagte Sigurdsson.
Auf dem ramponierten Rasen im Stade Velodrome ging es vor 60.842 Zuschauern lange Zeit eher einseitig und wenig unterhaltsam zu. Island spielte wie gegen Portugal und Cristiano Ronaldo - sehr defensiv, mit zwei Viererketten. Auch die beiden Angreifer arbeiteten emsig mit. Einer der beiden, Jon Dadi Bödvarssson, hatte immerhin einen Hauch einer Chance, köpfte aber knapp über das Tor von Kiraly (9.).
Von zwei wenig überzeugenden Mannschaften war Ungarn noch die etwas bessere, zumindest aber die aktivere. Mit ihren rund zwei Dritteln Ballbesitz konnte sie gegen die rustikalen Isländer aber nichts anfangen. Dafür stand nach einem Fehler von Tamas Kader plötzlich Johann Gudmundsson alleine vor Kirlay, doch der älteste Spieler der EM-Geschichte ließ beim Schuss einfach nur den Fuß stehen - abgewehrt (31.).
Strittiger Strafstoß
Ein paar Minuten später brachte der Routinier kein Körperteil mehr dazwischen, als Sigurdsson kaltblütig verwandelte. Kiraly hätte die Situation zuvor verhindern können, ließ allerdings nach einer Ecke den Ball aus den Händen rutschen. Dennoch kam die Entscheidung von Karassew sehr überraschend, nachdem Kadar den stürzenden Aron Gunnarsson nicht entscheidend berührt zu haben schien.
Aufregung hatte es eine gute Stunde vor Spielbeginn gegeben. Etwa einhundert ungarische Ultras versuchten über einen Zaun zu klettern, um zu einer anderen Gruppe ungarischer Fans hinter einem Tor zu gelangen.
©AFP
Es kam dabei zu Handgreiflichkeiten mit Ordnungskräften, diese wichen zwischenzeitlich zurück. Einige Randalierer hatten es bereits über die Absperrung geschafft, ehe die Polizei eingreifen konnte und die Lage beruhigte.
Nach dem Wechsel hatten die Ungarn weiterhin viel Ballbesitz, viel kam dabei aber nicht heraus. Der Schuss des Bremers Laszlo Kleinheisler verfehlte sein Ziel deutlich (50.). Island verteidigte weiter geschickt - bis Saevarsson ins eigene Tor traf.
sid