Paris - Joshua Kimmich erlebt eine besondere Turnierpremiere: Praktisch als Rechtsaußen stürmt der Jungstar mit Deutschland ins EM-Achtelfinale. Pep Guardiola hat ihm eine neue Sichtweise beigebracht.
Update vom 23. Juni 2016: Joshua Kimmich empfiehlt sich Joachim Löw. Darum wird der Bundestrainer Kimmich wohl auch im Achtelfinale bringen.
Nach seinem starken Turnier-Debüt umarmte Joshua Kimmich seinen Gegenspieler Stuart Dallas und holte sich von seinen Kollegen ein paar Schulterklopfer ab. Mit einer überzeugenden Leistung und schon erstaunlicher Reife hat der Jungprofi vom FC Bayern kräftig dazu beigetragen, dass Fußball-Weltmeister Deutschland als Gruppensieger ins EM-Achtelfinale eingezogen ist. „Bei so einem Turnier ist es für neue junge Spieler etwas Besonderes und eine besondere Drucksituation“, sagte Joachim Löw. Kimmich hielt diesem Druck beim 1:0-Sieg gegen Nordirland in Paris stand.
Der Länderspiel-Frischling war in seiner ersten Turnierpartie sofort im Geschäft, gewann seine ersten beiden Zweikämpfe. „Klar ist es etwas Besonderes“, beschrieb Kimmich den Sprung in den EM-Kader. Der gebürtige Baden-Württemberger hat viele Jugend-Nationalteams durchlaufen. „Da ist es natürlich immer das Ziel, in die A-Mannschaft zu kommen“, sagte der 21-Jährige. Erst beim 1:3 im Unwettermatch gegen die Slowakei in der EM-Vorbereitung hatte Kimmich sein erstes Länderspiel bestritten.
Gegen Nordirland zog Bundestrainer Löw die Bayern-Entdeckung der Saison als Überraschungs-Joker und hatte für ihn gleich eine besondere Rolle reserviert. Kimmich agierte praktisch als rechter Flügelstürmer, wurde immer wieder in das Offensivspiel einbezogen. Vor allem seine gefährlichen Eingaben belebten das deutsche Spiel.
Schon bei Bayern hat der Zögling des scheidenden Trainers Pep Guardiola alles gespielt - Linksverteidiger, rechts in der Abwehrkette, zentraler Verteidiger und auch im defensiven Mittelfeld. „Das hilft einem sehr, dass man das Spiel aus verschiedenen Blickwinkeln sieht“, bemerkte der 1,76 Meter große Kimmich.
Viel hat der Münchner Aufsteiger der Saison Guardiola zu verdanken. „Er hat mit viele Räume gezeigt, die ich vorher gar nicht gesehen haben“, berichtete Kimmich. „Allgemein ist es schon ein Vorteil, auf vielen Positionen spielen zu können“, sagte der Jung-Nationalspieler.
Löw beorderte Kimmich nun sogar noch weiter nach vorn - und durchaus mit der erhofften Wirkung. An der ersten großen Chance von Thomas Müller (7. Minute) war der Turnier-Neuling ebenso beteiligt wie an der zweiten Gelegenheit seines Münchner Clubkollegen (23.). Und auch Müllers Pfosten-Kopfball (27.) ging eine Flanke von Kimmich voraus. Eine der vielen Großchancen von Mario Götze (53.) resultierte ebenfalls aus der Vorarbeit des Rechtsaußens. Und auch für die letzte Möglichkeit von Mario Gomez zeichnete Kimmich verantwortlich.
Kimmich ist beim VfB Bösingen großgeworden, wechselte als Zwölfjähriger zum VfB Stuttgart. Über den ehemaligen Zweitligisten RB Leipzig kam er im Sommer des Vorjahres zum FC Bayern. „Die eine oder andere frische Kraft würde uns gegen Nordirland gut tun“, hatte Löw angekündigt. Kimmich, der den Bundestrainer höflich als „Herr Löw“ bezeichnete, war diese frische Kraft.
dpa