Marseille - Spielt er oder spielt er nicht? Fußball-Deutschland rätselt vor dem EM-Halbfinale gegen Frankreich um die Rolle von Bastian Schweinsteiger. Nach der nächsten Knieverletzung ist der Kapitän beim Abschlusstraining dabei. Er will noch einmal Held sein.
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Bastian Schweinsteiger lachte. Beim Aufwärmen des Weltmeisters trabte der Kapitän voran, kickte ein paar Mal gegen den Ball. Nach zwei Tagen individueller Trainingsarbeit lief der 31-Jährige am Mittwoch in Évian-les Bains wieder mit der Mannschaft auf. Und das in vorderster Front. Das lädierte rechte Knie war dick bandagiert, das linke mit leichten Tapes verziert. Aber: Schweinsteiger trug seine weißen Fußball-Schuhe.
Jetzt wird nicht nur bei Millionen deutschen Fußball-Fans gerätselt: Schafft es der von vielen erneut abgeschriebene Stehaufmann des deutschen Fußballs auch diesmal wieder in eine tragenden Rolle? Oder ist es nur ein taktisches Spielchen von Joachim Löw, um den Halbfinal-Gegner Frankreich doch noch mit einer ganz anderen Variante zu überraschen? Die nur in der Anfangsphase offene Trainingseinheit im Stade Camille Fournier gab darauf keine Antwort.
Vertraut Löw wirklich dem Dauerpatienten?
Der Bundestrainer muss knallhart abwägen: Ist sein Kapitän nach dem Viertelfinalfight gegen Italien bereit für den körperlich vielleicht noch intensiveren Abnutzungskampf gegen die physisch so starken Franzosen? Oder hilft der Mannschaft eine Lösung mit den Turnierdebütanten Julian Weigl oder Emre Can doch mehr?
„Spieler, die angeschlagen sind, die nicht 100 Prozent belastbar sind, lasse ich definitiv nicht spielen“, hatte der Bundestrainer seine oberste Maxime verkündet. Aber gleichzeitig hob er auch die exponierte Stellung Schweinsteigers hervor. „Ich wünsche mir und unserer Mannschaft, dass der Bastian es schafft, dass er fit wird. Denn er kann unserer Mannschaft unheimlich viel geben.“
Dass Schweinsteiger gegen Italien nach seiner frühen Einwechslung für den verletzten Sami Khedira in der 16. Minute durchhielt, überraschte. Die am Tag nach dem Spiel bei Schweinsteiger diagnostizierte Außenbandzerrung am in diesem Jahr schon zweimal verletzten rechten Knie sorgte aber für einen kräftigen Stimmungsdämpfer.
Parallelen zur WM 2014 offensichtlich
Schweinsteiger ist verletzt. Wieder einmal. Der geschundene Körper des 31-Jährigen zeigt überdeutlich die Spuren von mehr als einem Jahrzehnt Profifußball auf allerhöchstem Niveau. Aber die Comeback-Qualitäten des Mittelfeldstrategen sind bewundernswert, er kann beißen und sich quälen wie kaum ein anderer.
Schon bei der WM vor zwei Jahren in Brasilien, als er nach Verletzung eine Punktlandung hinlege, avancierte der blutverschmierte Schweinsteiger zu einem Helden des triumphalen Finales von Rio de Janeiro. Eine neue Hauptrolle an diesem Donnerstag gegen Frankreich - begleitet von körperlicher Pein - würde in das Bild der großen Karriere passen.
dpa