Wegen Taktik! Scholl attackiert Löw - der erklärt seine Wahl

Trotz des Sieges nicht gut auf Joachim Löw zu sprechen: Mehmet Scholl versteht die DFB-Taktik gegen Italien nicht.
 ©dpa

München - Bundestrainer Joachim Löw stellte beim Sieg über Italien nicht nur personell, sondern auch taktisch um. Das schmeckt Experte Mehmet Scholl überhaupt nicht.

Update vom 12. August 2016: Beziehungs-Aus beim Bundestrainer im EM-Sommer? Laut einem Bericht soll sich Jogi Löw von seiner Frau Daniela getrennt haben.

Update vom 4. Juli 2016: Khedira, Hummels und Gomez werden im Spiel gegen Frankreich auf jeden Fall nicht auf dem Platz stehen. So könnte die deutsche Aufstellung im Halbfinale aussehen.

Mehmet Scholls Kritik

Ganz Fußball-Deutschland feierte nach dem Elfer-Krimi gegen Italien. Nur einer nicht. Mehmet Scholl redete sich nach dem Halbfinaleinzug in Rage. Im Zentrum seiner Kritik: Jogi Löw und dessen taktische Ausrichtung. Der ARD-Experte ging mit dem Weltmeister hart ins Gericht und fand dabei extrem scharfe Worte. Mein lieber Scholli!

Für die taktischen Änderungen des Bundestrainers und die Umstellung auf eine Dreierkette gegen Italien hatte Scholl trotz des dominanten Auftritts der DFB-Elf kein Verständnis. "Es geht nicht darum, zu motzen. Aber warum bringt man eine Mannschaft, die so funktioniert, in so eine Situation? 2008: angepasst und gegen Spanien verloren. 2010: angepasst an die Spanier - rausgeflogen. 2012 angepasst an die Italiener - rausgeflogen", meinte der ehemalige Nationalspieler und rechnete mit Löws Stab, allen voran Chefscout Urs Siegenthaler ab: "Der Herr Siegenthaler möge bitte seinen Job machen, morgens liegen bleiben, die anderen zum Training gehen lassen und nicht mit irgendwelchen Ideen kommen." Einmal in Fahrt, legte Scholl nochmal nach: "Ich weiß nicht, ob es nur Siegenthaler ist, aber Jogi Löw wacht nicht nachts auf und sagt: Dreierkette, Dreierkette, Dreierkette. Das hätte man heute auch anders lösen können."

Löw: Änderungen dringend notwendig

Der Bundestrainer wusste am Abend auf der Pressekonferenz noch nichts von den Aussagen Scholls, als er Stellung zur Taktik bezog. "Es war dringend notwendig, die Mannschaft ein bisschen zu verändern", erklärte Löw und betonte, dass sein Entschluss für die Dreierkette früh feststand: "Für mich war das nach dem Spiel Italien gegen Spanien klar. Da war das mein erster Gedanke." Die Kurzform der Begründung: "Sie spielen mit zwei Mann auf den Seiten ganz hoch und mit zwei zentralen Stürmern. Vier gegen vier zu spielen, ist gegen sie gefährlich. Deswegen mussten wir das Zentrum zumachen." Und Jogis Plan ging auf, die Squadra Azzurra kam kaum einmal gefährlich vor das Tor von Manuel Neuer. Der Ausgleich durch Bonucci fiel durch einen Hand­elfmeter. Der deutschen Mannschaft fehlte ab und an zwar die Durchschlagskraft im Angriff, doch sie hatte das Spiel und den Gegner über 120 Minuten im Griff. Warum also diese Breitseite von Scholl?

Böse Zungen behaupten, dass der ARD-Experte für sein Geld etwas tun müsse. In der vergangenen Woche waren Gerüchte um sein Gehalt beim öffentlich-rechtlichen Sender aufgekommen, wonach er pro Jahr 1,6 Mio. Euro verdiene. Scholl dementierte diese Behauptungen energisch, nach tz-Infos liegt sein Salär bei knapp der Hälfte. Doch Scholl hatte auch schon vorher öfters für Gesprächsstoff gesorgt, zuletzt mit seiner These über die FCB-Stars Mario Götze und Robert Lewandowski und deren Standing im Verein. Und auch DFB-Akteure sind vor ihm nicht sicher. Mario Gomez hatte Scholl bei der EM 2012 trotz dessen Siegtreffers beim 1:0 über Portugal verunglimpft mit seiner Aussage, dass er Sorge hatte, der Angreifer habe sich vorne "wund gelegen". Später entschuldigte er sich.

Scholl spricht die Dinge offen an, das ist sein Job als TV-Experte. Und ihn stört es nicht, dass er mit seinen Meinungen manchmal aneckt. Die sind nicht immer populär - aber dennoch deutlich werthaltiger als die Phrasen einiger seiner Kollegen. Und komplett Unrecht hat er wohl nicht: "2014 hat Löw der Mannschaft vertraut und ab dem Viertelfinale mit der gleichen Aufstellung gespielt. So gewinnt man Titel."

Sven Westerschulze

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