Zum Ende eines enttäuschenden Jahres meldet sich EM-OK-Chef Philipp Lahm zu Wort und formuliert klare Ansprüche für das Turnier. Auch gegenüber Julian Nagelsmann.
Frankfurt – Die Stimmung um das DFB-Team vor dem EM 2024 ist dieser Tage eisig. Kurz vor der Gruppenauslosung in Hamburg (2. Dezember) hängen die beiden Partien gegen die Türkei und Österreich weiterhin nach. Statt Aufbruchstimmung, die kurz nach Amtsantritt von Julian Nagelsmann herrschte, beginnt für die Nationalmannschaft und seine Anhänger ein Winter mit vielen Ungewissheiten.
Ungewissheiten über Positionen und Formationen, statt des geforderten Endes von weiteren Kader-Experimenten. Einzig die Gewissheit über die Gegner nach der Auslosung lässt erahnen, wie viel Arbeit noch auf den Trainerstab zukommen wird. Wie hoch dagegen die Ansprüche der DFB-Funktionäre mit Blick auf das Turnier sind, zeigen die jüngsten Aussagen von EM-Cheforganisator Philipp Lahm.
Philipp Lahm | |
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Geboren: | 11. November 1983 in München |
Vereine als Aktiver: | VfB Stuttgart, FC Bayern München |
A-Länderspiele: | 113 Einsätze für Deutschland |
Philipp Lahm über die Taktik im DFB-Team: „Spieler aufstellen, wo sie Erfahrung haben“
Am Donnerstag (30. November) war der Ex-Nationalspieler im Deutschlandfunk in dessen Podcast Players zu hören. Ungewöhnlich deutlich waren nicht nur die Appelle an die Mannschaft, sondern auch an Trainer Julian Nagelsmann. Die taktische und personelle Ausrichtung der Mannschaft scheint dem 40-Jährigen nicht zuzusagen: „Was zeichnet eine Mannschaft eigentlich aus?“, fragt Lahm an einer Stelle.
Neben „Zusammenhalt“, den sich Lahm wünscht, fordert er ein, dass die Spieler nach ihren bekannten Stärken zum Einsatz kommen.„Das wünsche ich mir auch vom Trainer, dass er die Spieler auf die richtigen Positionen stellt, wo sie Erfahrung haben“. Eine klare Absage an weitere Personal-Experimente, auch wenn Lahm keine Namen oder konkreten Maßnahmen nannte, die ihn besonders gestört hätten.
Lahm nimmt Spieler in die Pflicht und zieht Parallele zum „Sommermärchen“
Die zweite große Säule, welche die aktuelle Kritik an der Nationalmannschaft ausmacht, ist die Frage nach Mentalität und Leidenschaft. Auch hier fand Lahm direkte Worte. „Für was machen sie das eigentlich, für was spiele ich eigentlich, für wen spiele ich eigentlich in der Nationalmannschaft?“. Das seien die Fragen, die sich laut Lahm jeder Akteur zu stellen hätte.
Als möglichen Mutmacher zog er anschließend noch die Parallele zur Heim-WM 2006, der eine ähnliche prekäre Stimmung vorausgegangen war. Damals sei man sich dieser einmaligen Chance, ein Heimturnier zu spielen, bewusst geworden und hätte sich anschließend konsequent in den Dienst der Mannschaft gestellt. Der gebürtige Münchener rotierte während seiner Karriere selbst zwischen zentralem Mittelfeld und Außenverteidigung – dem Allgemeinwohl zuliebe.
Philipp Lahm über die letzten Länderspiele: „definitive Rückschritte“
Es war dabei nicht das erste Mal, dass sich Lahm öffentlich mit Blick auf die mauen Ergebnisse äußert. In einem Interview mit den Zeitungen der Funke Mediengruppe bezeichnete er die letzten beiden Länderspiele als „definitive Rückschritte“ in denen vieles gefehlt hätte.
Der kommenden Auslosung der Vorrundengruppen am Samstag wolle Lahm zum Zeitpunkt des Interviews nicht zu viel Gewicht einräumen. Statt auf das Potenzial der Gegner zu achten, sei es viel wichtiger „dass jeder seine Rolle kennt, sich einordnet und in den Dienst der Mannschaft stellt“. (nki)