Vor dem Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart kommt es zu schweren Auseinandersetzungen mit der Polizei. Nun äußert sich der Verein.
Update vom Dienstag, 28. November, 8.47 Uhr: Nach der Auseinandersetzung vor dem Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart am vergangenen Samstag hat sich nun auch die SGE selbst zu Wort gemeldet. „Die Aufarbeitung der Ereignisse ist komplex und wird weitere Zeit in Anspruch nehmen. Gleichwohl ist es notwendig, ein erstes Zwischenfazit zu den Geschehnissen zu ziehen“, heißt es in der Erklärung.
Eintracht Frankfurt wolle sich bei denjenigen entschuldigen, die während der Auseinandersetzungen verletzt wurden – vor allem die unbeteiligten Betroffenen. „Ihnen gilt unsere Sorge und wir hoffen und wünschen uns, dass alle von ihren Blessuren schnellstmöglich wieder genesen können“, wird Vorstandsmitglied Philipp Reschke zitiert.
Sowohl die Polizei als auch Eintracht Frankfurt hätten die Partie im Vorfeld als sogenanntes Gelb-Spiel bewertet, also ein Spiel unter Beobachtung. „Eine zwischenzeitlich abweichende Bewertung durch die Polizei als Risikospiel wurde jedenfalls gegenüber Eintracht Frankfurt zu keinem Zeitpunkt im Vorfeld kommuniziert“, heißt es in der Mitteilung. Die SGE wolle noch einmal klarstellen, dass keine Fans des VfB Stuttgart in die Vorfälle involviert waren.
Neben den offiziell mehr als 100 Verletzten bei Polizei und Ordnungsdienst geht Eintracht Frankfurt von weiteren rund 100 verletzten Fans aus, womit die Zahl der Verletzten bei mehr als 200 läge. „Die Pflicht zur Aufarbeitung umfasst gleichwohl auch den Polizeieinsatz, den es mit Blick auf Dauer und Intensität in dieser Form zuvor noch nicht im Stadion gegeben hat“, heißt es in der Meldung der SGE.
Am Donnerstag (30. November) gastiert PAOK Saloniki in Frankfurt. Eintracht Frankfurt sei zwingend darauf angewiesen, dass alle Seiten ihren Beitrag zur Deeskalation und Versachlichung leisten. „Wir werden die Mitwirkung der Beteiligten hierzu sehr genau im Blick haben. Jeder Einzelne trägt eine Mitverantwortung dafür, dass wir einen sicheren, friedlichen und vor allem erfolgreichen Fußballabend erleben“, wird Reschke abschließend zitiert.
Auseinandersetzung bei Eintracht-Spiel: Polizei und Fanhilfe erneuern ihre Schilderungen
Update, 18.17 Uhr: Auch Frankfurts Polizeipräsident Stefan Müller erhob im Rahmen der Pressekonferenz am Montag das Wort. Insgesamt zeichnete er ein düsteres Bild der Gesamtlage. So hätten altbekannte Probleme seit dem Ende der Corona-Pandemie ihren Weg ins Stadion zurückgefunden. Dabei nannte der den Einsatz von Pyrotechnik, die Betretung des Innenraumes durch Fans bei zwei Begegnungen in der letzten Saison und den Konflikt der Fanszene mit der Frankfurter Feuerwehr. Hierbei geht es um die Genehmigung von Choreographien.
Zudem bemängelte Müller die geringe Akzeptanz für die Tätigkeit des Ordnungsdienstes durch die Fans. Von der Eintracht erwarte er vor ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen und Personen mit Stadionverboten zu belegen, sollten diesen Straftaten nachgewiesen werden. Auf der anderen Seite betonte er jedoch, dass der Club den Gesprächskanal zur Fanszene offen behalten solle. Mit Blick auf das Spiel am kommenden Donnerstag gegen PAOK Saloniki mahnte er sowohl Fans als auch Einsatzkräfte zu „Professionalität und Gelassenheit“ im Umgang miteinander an. Jedes Verhalten, das weitere Eskalationen begünstige, sei fatal.
Auf Nachfrage wurde zudem mit Bezug auf geäußerte Vorwürfe betont, der vorherige Einsatz gegen Stuttgart sei keine Machtdemonstration im Vorlauf der Europameisterschaft 2024 gewesen. Ebenso wenig stünde die Einsatztaktik im Zusammenhang mit den Vorfällen in Bochum und Hamburg. Dort war es in den vergangenen Wochen zu teils stark kritisierten Polizeieinsätzen gegen Gästefans aus Köln und Hannover gekommen.
Nach Auseinandersetzung bei Eintracht-Spiel: Polizei nennt weitere Details
Update, 17.20 Uhr: Ob der Vorkommnisse des Samstags lud die Polizei Frankfurt am Montag (27. November) zu einer Pressekonferenz. Im Beisein von Oberstaatsanwalt Michael Loer, SoKo-Leiter Christoph Döring, Einsatzleiter Thomas Schmidl und Polizeipräsident Stefan Müller, wurde das polizeiliche Vorgehen beim Spiel nochmals erörtert und zu großen Teilen verteidigt.
Der ausführlichste Teil der Erläuterungen kam dabei von Schmidl. Nachdem er die Gesamtlage verschiedener Einsätze im Frankfurter Stadtgebiet nachgezeichnet hatte, kam er auf das Fußballspiel zu sprechen. Er wiederholte dabei die polizeilichen Darstellungen, nach denen die Einsatzkräfte nach ihrer Ankunft hinter besagtem Block 40 gegen 17.50 Uhr massiv angegriffen worden seien.
Vorher solle – entgegen anderer Aussagen – ausdrücklich keine Polizei am Block 40 eingesetzt worden sein, weder zivil noch in Uniform. Seine Ausführung ergänzte er um weitere Details, wie etwa, dass die Polizeikräfte unter anderem mit Türen, Gittern, Feuerlöschern und dem Inventar einer Grillstation beworfen wurden. Mit den gezeigten Einspielern während der Konferenz – die aus ermittlungstaktischen Gründen medial nicht verwertet werden können – sei der Vorwurf der polizeilichen Unverhältnismäßigkeit dagegen entkräftet.
Auseinandersetzung bei Eintracht-Spiel: Korrektur der Verletzten-Anzahl
Update, 16.45 Uhr: Die Frankfurter Fanhilfe „Der 13. Mann“ hat zwei Tage nach den Ausschreitungen beim Bundesliga-Heimspiel gegen den VfB Stuttgart noch einmal den in ihren Augen überzogenen Polizeieinsatz kritisiert. „Ich habe noch nie etwas Derartiges erlebt, und ich gehe schon sehr lange zum Fußball. Ich war live dabei und habe es erlebt. Ich war geschockt. Es waren sehr viele Leute geschockt. So viel Blut und so viele Problemfälle hatten wir noch nie“, sagte Sprecherin Ina Kobuschinski am Montag der Deutschen Presse-Agentur.
Kobuschinski korrigierte dabei auch die Anzahl der Verletzten nach oben. Am Samstagabend war in einer Mitteilung zunächst auf Fanseiten von 70 die Rede. Inzwischen seien es über 100 Verletzte. Auch aufseiten der Polizei und Ordnungsdienste wurden mehr als 100 Personen verletzt. „Derartig reinzugehen, war einfach unverhältnismäßig und furchtbar“, kommentierte Kobuschinski die Vorfälle in dem Stadion.
Auseinandersetzung bei Eintracht-Spiel: Polizei revidiert Einsatzgrund
Update, 15.45 Uhr: Die Frankfurter Polizei hat den Grund für den umstrittenen Einsatz am Samstag (25. November) im Waldstadion revidiert. Zunächst hieß es, eine sich anbahnende „Eskalation zwischen rivalisierenden Fangruppen“ sei ausschlaggebend gewesen. Letztendlich soll jedoch eine Ticketkontrolle hinter der Nordwestkurve zur Eskalation geführt haben.
Dazu ruderte die Polizei zurück und erneuert ihre Aussage zum Tathergang wie folgt: „Der zunächst durch die Polizei Frankfurt über den Kurznachrichtendienst X veröffentlichte Hinweis, es handele sich bei den Beteiligten der Auseinandersetzung vor Block 40 um rivalisierende Fangruppen, basierte in der dynamischen Einsatzsituation auf einer falschen Bewertung des Geschehens und wird hiermit revidiert.“
Auseinandersetzung bei Eintracht-Spiel: Mehr als 100 Verletzte
Update vom Montag, 27. November, 8.42 Uhr: Nach den schweren Auseinandersetzungen vor der Partie zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart zwischen der Polizei und Anhänger:innen der SGE hat die Sonderkomission 2511 am Sonntag (26. November) ihre Arbeit aufgenommen. Laut Angaben der Polizei soll die SoKo den Sachverhalt rund um die schweren Übergriffe hinter der Nordwestkurve aufklären.
Laut der Mitteilung der Polizei soll es mehr als 100 Verletzte geben: 59 verletzte Angehörige des Ordnungsdienstes und 57 verletzte Polizeibeamte. Die Verletzungsbilder der Polizeiangehörigen reichen von Hämatomen, Stauchungen, Prellungen, Augen- und Atemwegsreizungen, bis hin zu einem Sehnenabriss und mindestens einer Fraktur.
Vorwurf der Polizei-Gewalt: Eintracht-Vorstand Reschke äußert sich
Update vom 25. November, 22.38 Uhr: Philipp Reschke, Vorstand der Frankfurter Eintracht, bestätigte nach dem Spiel „massive Auseinandersetzungen“ zwischen SGE-Fans und Polizei. Seinem Vernehmen nach habe es mehrere Verletzte gegeben. Die Berichte der Polizei über den Anlass der Vorfälle wollte Reschke weder bestätigen noch dementieren. Er habe „verschiedene Informationen und unterschiedliche Meinungen“ vernommen.
Erstmeldung vom 25. November, 19.29 Uhr: Frankfurt – Der Vorwurf unverhältnismäßiger Polizeieinsätze gegenüber Fans hat in den letzten Wochen wieder neu an Fahrt aufgenommen. Auch der 12. Spieltag der Bundesliga wird nun davon überschattet. Diesmal stehen die Geschehnisse rund um das Spiel zwischen Eintracht Frankfurt und dem VfB Stuttgart im Fokus. Die organisierten Fans der SGE zogen ihre Konsequenzen, indem sie vor dem Anpfiff in Scharen die Tribünen verließen.
Gewalttätiges Aufeinandertreffen zwischen Fans und Polizei
Nach aktuellem Informationsstand kam es vor dem Spiel zu einer Auseinandersetzung zwischen Fans beider Mannschaften und Einsatzkräften der Polizei. Der Account der Polizei Frankfurt teilte zunächst auf der Plattform X mit, dass sich vor dem Stadiongelände Anhänger beider Teams gegenseitig angegriffen hätten. Nachdem die Polizei eingeschritten sei, wären die Gruppen dazu übergegangen, die Einsatzkräfte „vehement anzugreifen“. Als Reaktion seien „weitere Einsatzkräfte inkl. Wasserwerfer zur Unterstützung entsandt“ worden.
Etwas später folgte eine Ergänzung durch die Polizei: „Ordner wurden bedrängt und angegriffen. Es folgte ein Notruf an die Polizei, zu unterstützen. Die Polizeikräfte wurden bei ihrem Eintreffen unmittelbar angegriffen und setzten sich u. a. auch mit Reizstoffen zur Wehr.“ Laut der Mitteilung soll sich dies im Eingangsbereich vor dem Block 40 abgespielt haben.
️#SGEVfB
— Polizei Frankfurt (@Polizei_Ffm) November 25, 2023
Aktueller Sachstand:
Ordner wurden bedrängt und angegriffen.
Es folgte ein Notruf an die Polizei, zu unterstützen.
Die Polizeikräfte wurden bei ihrem Eintreffen unmittelbar angegriffen und setzten sich u.a. auch mit Reizstoffen zur Wehr.
All das spielte sich im…
Genau lassen sich die Polizeimitteilungen (noch) nicht nachvollziehen. Es kursieren zwar einige Videos des Vorfalls, doch diese zeigen nur einen kurzen Ausschnitt, der keine finale Beurteilung der Eskalationsgründe zulässt. Außerdem haben sich bislang weder Vereinsvertreter noch Vertreter der Fanprojekte beider Mannschaften dazu geäußert.
Frankfurt-Fans verlassen Stadion und protestieren lautstark
Dass der Vorfall – in den kurzen Videos ist zu sehen, dass Gegenstände auf die Polizei geworfen wurden und diese mit Reizgas reagiert – auch bei Unbeteiligten ankam, ließ sich rund um den Anpfiff im Stadion beobachten. Beinahe der komplette untere Stehplatzbereich leerte sich. Wohl aus Protest und als Gegenreaktion auf die vermeintliche Polizeigewalt gegen ihre Mitstreiter. Rund um die 20. Minute hatte sich die Kurve dann beinahe wieder komplett gefüllt.
Doch nicht nur visuell war der Unmut erkennbar, auch durch eindeutig zu vernehmende Sprechchöre – trotz beinahe leerer Kurve. Mit dem Anpfiff schallte „Wir wollen keine Bullenschweine“ durch das weite Rund, gefolgt von dem in den Stadien der Republik allseits bekannten „Wir werden nie so sein, wie ihr uns haben wollt“.
Gewaltspirale zwischen Fans und Polizei?
Es ist keineswegs der erste Vorfall dieser Art in den letzten Wochen. So kam es am 10. November beim Gastspiel von Hannover 96 auf St. Pauli zu einem viel kritisierten Einsatz der Sicherheitskräfte. Bilder, in denen Polizeikräfte wahllos mit Reizgas in den Gästeblock sprühten, machten die Runde. Zuvor sind mitgereiste Hannoveraner mit der Polizei aneinander geraten. Einen Tag später kam es dann rund um die Partie zwischen dem VfL Bochum und dem 1. FC Köln zu Auseinandersetzung zwischen Anhängern und Staatsgewalt.
Die Situation scheint sich immer mehr hochzuschaukeln. Auch Dario Minden, Fan-Vertreter des Bündnisses „Unsere Kurve“, sieht eine festgefahrene Situation. Aufgrund der Vorgänge am 10. und 11. November bezeichnete er auf Anfrage der dpa die Situation als „festgefahren“: „Eine Lösung in einer Art Fan-Polizei-Dialog ist leider realitätsfern.“ (sch)