2015 kam es zum mittlerweile legendären Zoff zwischen Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt und Pep Guardiola. Jetzt verrät der Mannschaftsarzt brisante Details über den Streit.
- Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt begleitet den FC Bayern* als Mannschaftsarzt seit über 40 Jahren.
- Er begleitete unzählige Spiele des FCB*, zog sich zwischenzeitlich etwas zurück und beendet nun seine lange Karriere.
- In seiner Autobiographie berichtet er Details vom legendären Streit mit Pep Guardiola.
München - Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt, Bayern-Fans der Einfachheit halber ebenso geläufig als „Mull“, ist eine wahre Institution an der Säbener Straße. Seit 1977 begleitet er den Rekordmeister - wenn auch mit zwei kleineren Unterbrechungen. Während er mit dem FC Bayern über Jahrzehnte hinweg Titel sammelte*, entwickelte er sich selbst zu einem der angesehensten Sportmediziner weltweit. Unter anderem vertrauten auch die deutsche Nationalmannschaft sowie Sprint-Superstar Usain Bolt auf seine Dienste.
Einen letzten Bundesliga-Meistertitel* könnte er noch mit den Münchnern feiern. Gegen Werder Bremen* kann die turbulente Corona-Saison* bereits vergoldet werden. Doch dann macht Mull - höchstwahrscheinlich wirklich ein letztes Mal - endgültig Schluss. 2008 hatte er zum ersten Mal hingeschmissen. Unstimmigkeiten mit Jürgen Klinsmann waren ihm zu viel. Als der Schwabe aber entlassen wurde, holte Uli Hoeneß seinen Vereinsdoktor sofort wieder an Bord.
FC Bayern: Müller-Wohlfart im heftigen Streit mit Pep Guardiola - jetzt verrät er brisante Details
Nicht ganz so schnell verrauchte die Wut nach dem beinahe legendären Streit mit Star-Coach Pep Guardiola. 2015 bekam sich Müller-Wohlfahrt derart mit dem Spanier in die Haare, dass er erst zwei Jahre später zurückkehren sollte. In seiner Autobiographie „Mit den Händen sehen: Mein Leben und meine Medizin“ verrät er brisante Details darüber.
„Zum ersten Mal in all den Jahren bin ich laut geworden“, lässt Müller-Wohlfahrt erkennen, wie nahe ihm der Zoff ging. „Guardiola und ich setzten uns an den großen Tisch, an dem die Spieler* morgens frühstücken, das Geschirr stand noch darauf“, beschreibt er die Szene um das schicksalhafte Gespräch, „es sollte eine Aussprache werden - und es wurde ein Eklat. Ich habe völlig die Beherrschung verloren, Guardiola angeschrien und dann derart mit der Faust auf den Tisch gehauen, dass die Teller und Tassen nur so gescheppert haben.“
FC Bayern: Mannschaftsarzt Müller-Wohlfahrt schmeißt wegen Guardiola-Zoff hin - Streit begann schon nach wenigen Tagen
Ohne Rücksprache mit dem FC Bayern beendete der Mannschaftsarzt nur wenig später die Zusammenarbeit. Seinen Sohn Kilian sowie die Arzt-Kollegen Lutz Hänsel und Peter Ueblacker nahm er mit. Es war der traurige Höhepunkt eines lange andauernden Konflikts.
Böse Zungen beschreiben den Zwist zwischen Guardiola und Müller-Wohlfahrt als Machtkampf. Der hatte schon mehr oder weniger direkt nach der Ankunft des ehemaligen Barca-Trainers begonnen. „Der erste Tag war in Ordnung, der zweite auch“, verrät Mull, wie früh die schlechte Stimmung entstand, „doch schon am dritten kam Guardiola auf mich zu und fuhr mich aus heiterem Himmel an: ‚Was ist hier eigentlich los? Ich dachte, ich komme in die beste medizinische Abteilung der Welt, und wir haben zwei Dauerverletzte, die schon längst wieder gesund sein sollten. Was soll denn das?‘ Er sagte das in einem aggressiven, vorwurfsvollen Ton.“
Und so ging das Verhältnis der beiden stolzen Experten seinen Weg - man könnte auch Niedergang sagen. Besondere Affronts waren für Müller-Wohlfahrt zwei eigenmächtige Entscheidungen von Pep Guardiola. Wunschtransfer* und Lieblingsspieler Thiago wurde ohne Abstimmung mit der medizinischen Abteilung des FC Bayern zur Behandlung nach Spanien geschickt. Ein dortiger Experte injizierte dem spanischen Spielmacher ohne Genehmigung des Vereins Kortison und Wachstumsfaktoren, um die Genesung eines Innenbandteilrisses zu beschleunigen. Was nicht funktionierte.
Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt (FC Bayern): Streit mit Guardiola eskaliert - „In meinem Ehrgefühl tief verletzt“
Dass Guardiola das „medizinisch durchdachte, jahrelang bewährte Vorbereitungsprogramm vor dem eigentlichen Fußballtraining“ auf den Kopf stellte, war schon zuvor ein herber Angriff für den Mannschaftsarzt. Der „Schicksaltag“ aber soll sich am 15. April im portugiesischen Porto ereignet haben. Mit 1:3 unterlag der FC Bayern damals in der Champions League und Guardiola hatte schnell einen Schuldigen gefunden. „Während die Spieler schon auf den Liegen behandelt wurden, wurde ich vor versammelter Mannschaft lautstark angegriffen“, berichtet Müller-Wohlfahrt,“ und für die vielen Verletzten verantwortlich gemacht. Ich sei schuld am körperlichen Zustand der Spieler und letztlich der Niederlage. [...] Ich fühlte mich in meinem Ehrgefühl tief verletzt.“ Das Rückspiel in der Allianz Arena* gewannen die Münchner übrigens furios mit 6:1.
Zwei Jahre später wechselte wieder einmal der Trainer des FC Bayern*. Pep Guardiola ging und Hans-Wilhelm Müller-Wohlfahrt kehrte zurück. So wird seine lange FCB-Karriere - die meisten werden es ihm gönnen - einen versöhnlichen Schlusspunkt finden. Corona-Meisterfeier* mit Hansi Flick* inklusive? Der FC Bayern hat sich den achten Bundesliga-Titel in Folge geholt. Doch von Feier-Stimmung ist in der Stadt nichts zu merken*. Ganz im Gegensatz zum Mannschaftsbus - dort wurden Spott-Gesänge gegen den Rivalen aus Dortmund angestimmt.
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