Lille - Auch im Achtelfinale gegen die Slowakei soll bei den deutschen Weltmeistern die Null stehen. Für Kapitän Manuel Neuer ist das Duell aber kein Selbstläufer. Viele Spieler setzen auf Glücksbringer.
Manuel Neuer setzt auf die Macht der Null, Mario Götze vertraut dem Rat des Dalai Lama, Jerome Boateng trägt seine Glücks-Armbänder. Vor ihrem EM-Achtelfinale haben die deutschen Weltmeister ganz unterschiedliche "Geheimrezepte" für einen Sieg.
Ein bisschen Aberglaube ist sicher nicht verkehrt: Denn die Slowakei, am Sonntag (18.00/ZDF) der Gegner in Lille, ist schwer einzuschätzen. Eigentlich sollte der Weltranglisten-24. keine großen Probleme bereiten. Doch einen Test am 29. Mai in Augsburg gewann die Mannschaft des Starspielers Marek Hamsik mit 3:1.
Manuel Neuers Wunsch ist deshalb simpel. "Die Null muss stehen", forderte der Torhüter. Neuer könnte mit einem fünften Zu-null-Spiel nacheinander im deutschen Tor einen Rekord aufstellen. Thomas Müller meinte schmunzelnd: "Wenn wir ohne Gegentor bleiben, sind wir immer mindestens im Elfmeterschießen." Und Jonas Hector erklärte: "Wir haben zuletzt viele Chancen vergeben. Aber wenn wir wieder zu Null spielen, reicht ja schon eins."
Übermut scheint jedenfalls nicht zu herrschen unter den Nationalspielern. Doch der wäre auch fehl am Platz. "Wir wissen, was auf uns zukommt", sagte Bundestrainer Joachim Löw, der ausgiebig Videomaterial über den EM-Debütanten sichtete. "Sie waren für mich eines der Überraschungs-Teams bisher", erklärte er am Samstagabend: "Sie haben uns in Augsburg einen Weckruf verpasst und werden sicher um einiges stärker sein als zuletzt Nordirland."
Armbänder in den französischen Nationalfarben
Um sicherzugehen, bauen die Weltmeister daher auch auf Glücksbringer. Die meisten tragen von einer Schmuck-Designerin eigens angefertigte Armbänder in den französischen Nationalfarben, an ihnen befestigt sind Anhänger mit Umrissen des Eiffelturms und von Frankreich. "Ich freue mich, dass wir diese Bänder wieder haben", sagte Boateng der Bild-Zeitung: "Sie haben uns schon in Brasilien Glück gebracht."
Götze liest im EM-Camp in Evian das Buch "Regeln des Glücks" mit Weisheiten des Dalai Lama. "Vielleicht hilft es mir ein bisschen", sagte der WM-Held, der trotz dreier Startelf-Einsätze noch auf sein erstes Tor bei dieser EM wartet.
Die Weltmeister wollen alles tun, um keinen "Lucky Punch" der Slowaken zu kassieren. "In einem Spiel kann immer alles passieren. Wir dürfen keinen Gegner auf die leichte Schulter nehmen", warnte Neuer, sagte aber auch: "Wir sind gut vorbereitet und wollen das Spiel so früh wie möglich für uns entscheiden."
Ob der Torhüter auch im vierten EM-Spiel die Kapitänsbinde tragen wird, hängt von der Fitness Bastian Schweinsteigers ab. "Ich bin absolut bereit, die Binde sofort abzugeben", versicherte der 30-Jährige: "Ich würde mich freuen, wenn Basti von Anfang an spielen kann."
Löw hat sich aber noch nicht festgelegt. "Bastian Schweinsteiger ist auf einem guten Weg, ich freue mich wahnsinnig für ihn, er wird immer besser, immer sicherer, immer selbstbewusster. Er hat seine Defizite aufgearbeitet", sagte Löw im ARD-Interview. Er sei sich bei Schweinsteiger derzeit aber nicht hundertprozentig sicher, ob er auch von Anfang an spielen und 90 Minuten durchhalten könne.
Spielen wird hingegen Boateng. Der Innenverteidiger hat am Samstag im Teamquartier in Evian nach seiner "neurogenen Verhärtung" in der rechten Wade ohne Probleme am Abschlusstraining teilgenommen. "Er wird morgen spielen", sagte Löw.
Dass in der Heimat "die Riesen-Euphorie noch nicht da" ist, findet Neuer unterdessen normal. "Gegen Mannschaften wie Nordirland, die sich hinten reinstellen, kann man als Deutschland nicht viel gewinnen. Da löst ein Sieg kein Hurra aus", sagte er: "Wir haben unsere Pflicht erfüllt. Nun gibt es natürlich eine andere Drucksituation. Wenn wir die Slowakei schlagen und danach gegen eine große Mannschaften weiterkommen, kann jeder sehen, dass die Nationalmannschaft da und präsent ist."
Das "Minenfeld" mit einem möglichen Viertelfinale gegen Angstgegner Italien oder Titelverteidiger Spanien und einem Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich macht auch Sami Khedira keine Angst. Im Gegenteil. Im kicker verwies der 29-Jährige darauf, dass die Gegner auf dem Weg zum WM-Triumph 2014 Frankreich, Brasilien und Argentinien hießen.
"Wir wollen das Ding gewinnen, und da ist es mir persönlich lieber, wenn wir gegen Top-Mannschaften spielen, weil wir deren Spieler und deren Mentalität kennen", meinte der Mittelfeldspieler, der im Fall der Fälle allerdings Schweinsteiger weichen müsste: "Ich spiele lieber gegen Frankreich als gegen eine Turnier-Mannschaft, von der man nicht weiß, wie sie wirklich ist."
sid