„Neue Spieler sind oft überrascht“: Die Fan-Freundschaft im Profifußball, die keiner kennt

KSC und Hertha oder Nürnberg und Schalke: Fanfreundschaften gibt es viele im Profifußball. Doch keine dürfte so intensiv gepflegt werden wie die von Slask und Lechia. Zu Gast in Polen.

Breslau – Beim Spiel Slask Wroclaw (Breslau) gegen Lechia Gdansk (Danzig) blieb der Gästeblock leer. Trotzdem waren mehrere tausend Fußballfans aus Danzig gekommen. Sie verfolgten die polnische Erstligapartie auf der Heimtribüne – zusammen mit den Slask-Fans. Dabei feierten sie sich selbst und ihre über 40 Jahre bestehende Fanfreundschaft. Zu Besuch bei der wohl stärksten Fanfreundschaft im Profifußball. 

Gemeinsamer Jubel Block: „Slask und Lechia ist eine Liebe“

Wie eng die Beziehung ist, erfuhr man bereits nach zwölf Minuten. Als die Gäste aus Danzig mit 1:0 in Führung gingen, jubelten überraschend viele im Heimbereich. Anschließend wurde mal Danzig, mal Breslau mit Sprechchören angefeuert, oft aber auch beide gleichzeitig besungen.

Eine Viertelstunde vor Schluss sah man dann nichts mehr auf den Rängen. Ultras beider Klubs tränkten die Tribüne in ein Meer roter Pyrotechnik. Dass das Abbrennen von Feuerwerkskörpern wie in Deutschland auch in Polen verboten ist, störte sie dabei nicht. Sich selbst feiernd besangen die Zuschauer die eigene Fanfreundschaft. „Slask and Lechia is one love“, sagt ein Fan später im Gespräch mit unserer Redaktion. Ein anderer spricht von „brothers, family“. Nur, woher rührt diese besondere Verbindung? 

Ein Tag an der Ostsee als Geburtsstunde der Fanfreundschaft

Wie es zu der besonderen Beziehungen gekommen ist, ist gar nicht so einfach herauszufinden. Fans, die an diesem Tag im Stadion sind und mit uns sprechen, wissen es schlicht nicht. Das war schon immer so, so der Tenor. Und das sei auch gut so. Der Grundstein der Fanfreundschaft liege bereits in den 70ern.

Blickt man in die Geschichtsbücher Lechia Danzigs, fällt ein Ereignis aus der Saison 1976/77 auf. Fans aus Breslau und Danzig hatten damals wenig miteinander zu tun, schließlich trennen die beiden Städte fast 500 Kilometer. Breslau spielte damals in der Nähe von Danzig und traf dabei auf Fans von Arka Gydnia, dem Rivalen von Lechia Gdansk. Arka-Anhänger sollen dann Slask-Fans dazu angestachelt haben, Lechia-Leute zu schlagen. In der mitunter gewaltaffinen und damals noch von deutlich mehr Hooligans als jetzt durchsetzen polnischen Fanszene tatsächlich nichts Ungewöhnliches. Statt gegeneinander zu kämpfen, freundeten sich die Anhänger von Slask und Lechia allerdings an und verbrachten einen Tag an der Ostsee.

Später gründeten sie dann offiziell eine Fanfreundschaft, wie es Anhänger vieler Klubs in Polen tun. In der etwas undurchsichtigen polnischen Fanszene ergeben sich oft neue Beziehungen, enden, und treten dann in neuer Form auf. Keine Fanfreundschaft ist allerdings so konstant wie die zwischen Slask und Lechia. Über die Jahre ist die Beziehung immer stärker gereift, mehrmals orchestrierten beide Klubs gemeinsame Choreos, so etwa 2017, als sie das 40-jährige Jubiläum ihrer Fanfreundschaft feierten.

Auch in Deutschland gibt es Fanfreundschaften, etwa zwischen Bayern und Bochum, Karlsruhe und Hertha BSC und am stärksten zwischen Nürnberg und Schalke. Hierzulande gibt es mitunter gemeinsame Choreos im Stadion. Fans würden aber wohl nie gemeinsam im Block stehen und über 90 Minuten einfach beide Teams anfeuern.

Fan-Freundschaft zwischen Breslau und Danzig: „Neue Spieler sind oft überrascht“

Die Klubs sprechen bei den Duellen vom „Mecz Przyjaźni“, dem Freundschafts-Spiel. „Unsere Fans sagen, dass ihre Freundschaft mit den Lechia-Fans die längste in Polen und die beste in der Welt ist“, erklärt ein Klubvertreter von Slask gegenüber IPPEN.MEDIA. „Und da ist viel Wahres dran, wie man bei jedem Spiel dieser beiden Mannschaften sehen kann.“

Slask und Lechia gerieten so zu einem Vorbild gelungener Fanverständigung. „Gemeinsame Gesänge, gemeinsame Fahnen und gemeinsamer Jubel sind ein schönes Beispiel dafür, dass Fußball verbinden kann.“ Weiter heißt es: „Neue Spieler sind oft überrascht, dass die Fans beider Vereine zusammen auf einer Tribüne sitzen, dass sie beide Mannschaften unterstützen und dass nach dem Spiel beide Mannschaften auf die Tribüne kommen, um sich bei den Fans für ihre Unterstützung zu bedanken.“

Für die Fans gehören die Duelle beider Klubs demnach „zu den wichtigsten der Saison“, da sie auch zu Freundschaften neben dem Platz führten. „Aber natürlich spielen die Spieler auf dem Platz immer um den Sieg, unabhängig von der Freundschaft auf der Tribüne.“ Beim vergangenen Spiel fiel in der Nachspielzeit der Ausgleich für Slask. Im Stadion hatte man das Gefühl, dass alle Zuschauer – auch die aus Danzig – sehr gut mit dem 1:1 leben konnten.

Aus Breslau berichtet: Andreas Schmid

28.02.2021

Landpark Lauenbrück

12.02.2021

Winterlandschaft in Rotenburg

22.12.2020

Weihnachtsbilder

29.10.2020

Herbstfotos der Leser