Seine sechs Treffer aus den ersten Spielen bringen Harry Kane den Titel als Torschützenkönig der WM 2018 ein. In den entscheidenden Partien fehlen seine Tore den Engländern jedoch. Trainer Southgate hebt eine Eigenschaft des Kapitäns besonders hervor.
St. Petersburg - Nicht WM-Schauspieler Neymar, nicht Weltfußballer Cristiano Ronaldo: Die bedeutendste Einzelauszeichung der Weltmeisterschaft hat sich Teamplayer Harry Kane gesichert. Der Mittelstürmer der viertplatzierten Engländer traf in Russland sechs Mal und gewann den Goldenen Schuh für den besten Torschützen. Er ist damit Nachfolger des Kolumbianers James Rodríguez, der 2014 bei Real Madrid unter Vertrag stand und inzwischen für den FC Bayern spielt.
Vor James hatten die Deutschen Miroslav Klose (2006) und Thomas Müller (2010) den Goldenen Schuh gewonnen. Kane ist der zweite Engländer nach Gary Lineker, der 1986 bei der WM in Mexiko ebenfalls sechs Mal getroffen hatte.
Kane ist kein schillernder Ballkünstler
„Diese Auszeichnung zu gewinnen, macht mich sehr stolz“, sagte Kane, der die Ehrung vor dem Turnier natürlich als sein Ziel ausgegeben hatte. Diesem Ziel ordnete er aber nicht alles unter. Im Gegenteil: Kane stellte sich in den Dienst der Mannschaft. Im letzten Gruppenspiel gegen Belgien verzichtete Kane auf einen Einsatz und damit auf die Chance, weitere Treffer zu erzielen. England war bereits für das Achtelfinale qualifiziert.
„Harry hat das Wohl der Mannschaft gesehen und deshalb auf den Einsatz verzichtet“, sagte Nationaltrainer Gareth Southgate. Kane ist kein schillernder und wegen theatralischer Einlagen streitbarer Ballkünstler wie der brasilianische Superstar Neymar. Kane ist auch keine Stilikone wie der portugiesische Europameister Ronaldo. Kane ist eher ein fleißiger Arbeiter mit ausgeprägtem Torinstinkt.
Southgate betonte im WM-Verlauf immer wieder, dass der Stürmer von Tottenham Hotspur ein absoluter Teamplayer und vorbildlicher Kapitän sei. Für seinen Club erzielte 41 Saisontore, 30 davon in der Premier League.
In den entscheidenden Spielen traf Kane nicht mehr
Die Huldigung enthält für Kane allerdings ein kleines Aber. Denn seine Treffer erzielte er nicht in der entscheidenden Turnierphase gegen große Gegner, sondern vor allem in der Vorrunde gegen dankbare Gruppenrivalen. Im Halbfinale gegen Kroatien vergab er freistehend die große Gelegenheit zum möglicherweise vorentscheidenden 2:0. Er hätte sein Team ins Finale schießen können und hätte dann seine Chancen auf den Titel als Weltfußballer, der von der FIFA im September vergeben wird, gesteigert.
„Dass es gereicht hat, zeigt, dass wir eine tolle Gruppenphase hatten, in der wir viele Tore geschossen haben“, sagte Kane: „Leider habe ich in den letzten Spielen nicht mehr getroffen.“
Fünf seiner sechs Treffer erzielte der 24-Jährige in den ersten Gruppenspielen gegen Tunesien (2:1) und Panama (6:1). In der K.o.-Phase war er nur im Achtelfinale gegen Kolumbien erfolgreich, dort wie bei insgesamt drei seiner Treffer per Elfmeter. Im Viertelfinale, Halbfinale und Spiel um Platz drei traf er gar nicht mehr. In den Fußball-Annalen wird Harry Kane ab jetzt dennoch seinen festen Platz haben.
dpa