Verzockt, aber trotzdem weiter: Japan ist mit Hängen und Würgen dank einer historischen Fair-Play-Entscheidung ins WM-Achtelfinale eingezogen.
Wolgograd - Die Asiaten verloren zwar gegen die bereits ausgeschiedenen Polen 0:1 (0:0), entschieden aber das Duell um den zweiten Platz gegen das punkt- und torgleiche Team aus Senegal für sich - weil sie in der Fair-Play-Wertung besser platziert waren.
Allerdings hatte das, was die Japaner ab der 80. Minute zeigten, wenig mit Fair Play zu tun! Denn in der Schlussphase spielten sich die Asiaten den Ball nur noch hin und her, Polen griff auch nicht mehr an - und so bot sich den Zuschauern ein skurriles Bild.
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Es erinnerte schwer an die Schande von Gijon 1982, als sich Deutschland gegen Österreich auf ein 1:0 einigten, weil beide Teams damit für die K.o.-Phase qualifiziert waren. Leidtragender war damals Algerien.
Bei der WM 2018 schaute mit Senegal wieder eine afrikanische Mannschaft in die Röhre. Die Mannschaftr um Superstar Sadio Mane verlor in Samara mit 0:1 gegen Kolumbien. Auf diese Weise ist in der WM-Geschichte noch nie eine Gruppe entschieden worden.
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Im Achtelfinale wird es für Kolumbien und Japan hart, die Gegner sind England und Belgien. Wer gegen wen spielt, entscheidet sich im Aufeinandertreffen der beiden europäischen Schwergewichte am Donnerstagabend in Kaliningrad.
Ganz schlimm, was Japan da gerade gegen Polen getan hat. Trotz 0-1 das Fußballspielen eingestellt und dann ausgerechnet über die Fair-Play-Wertung weiter - mehr Ironie geht eigentlich nicht. #JAPPOL #wm2018 #gijon
— Alex Schlüter (@Alex_Schlueter) 28. Juni 2018
Bayern-Star Robert Lewandowski und seine Polen, die schon vor dem Spiel keine Chance mehr auf den Achtelfinal-Einzug hatten, reisen immerhin mit dem ersten Sieg im Gepäck nach Hause. Der Bundesliga-Torschützenkönig verlässt Russland allerdings ohne Treffer, er blieb wie schon häufiger in dieser Saison in wichtigen Spielen den Beweis seiner angeblichen Weltklasse schuldig. Das Tor in Wolgograd erzielte Jan Bednarek (59.).
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Japans Trainer Akira Nishino hatte vor dem Gruppenfinale völlig überraschend seine Erfolgself auseinandergerissen. Er stellte sein Team im Vergleich zum 2:2 gegen den Senegal gleich auf sechs Positionen um, viel Prominenz blieb zunächst draußen. Unter anderem der Dortmunder Shinji Kagawa, der Kölner Yuya Osako und auch Kapitän Makoto Hasebe von Eintracht Frankfurt saßen auf der Bank.
Gotoku Sakai, Spielführer des Zweitligisten Hamburger SV, kam dagegen zu seinem ersten WM-Einsatz. Angesichts der Hitze in Wolgograd hatte Nishino vor dem Anpfiff ein ökonomisches und effektives Spiel seiner Mannschaft angekündigt.
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Der Plan schien vor 42.189 Zuschauern zunächst aufzugehen. Die quirligen Asiaten rissen schnell die Spielkontrolle an sich und setzten auch in der Offensive Akzente, ohne allerdings wirklich gefährlich zu werden. Auf der anderen Seite suchten die Polen immer wieder Lewandowski, der sich in Anfangsphase als Ballverteiler versuchte, danach aber immer mehr die Bindung zum Spiel verlor.
Entsprechend hatte die beste polnische Chance vor der Pause nicht der Bayern-Star, sondern Kamil Grosicki, dessen sehenswerter Kopfball Eiji Kawashima mit einer spektakulären Parade entschärfte. Die Torlinientechnik zeigte, wie knapp es war: Der Ball hatte schon etwas mehr als zur Hälfte die Torlinie überquert, als der Keeper des FC Metz ihn parierte.
Nach der Pause brachte Nishino den Noch-Kölner Osako für Shinji Okazaki. Doch für neuen Schwung konnte auch der 28-Jährige zunächst nicht sorgen. Die Polen zogen sich weiter zurück und warteten ihrerseits auf Konter. Ein von Lewandowski gut eingeleiteter Vorstoß hätte fast zum Erfolg geführt, doch Kawashima rettete in letzter Sekunde vor dem einschussbereiten Münchner.
Wenig später konnte aber auch der Torhüter nichts mehr machen. Nach einem Freistoß von Rafal Kurzawa ließ die japanische Hintermannschaft Bednarek völlig frei stehen. Der Abwehrspieler hatte keine Probleme, sein erstes Länderspieltor zu erzielen.
fs/sid