Insider schwärmt: „Eintracht ist das beste Sprungbrett in Europa“

Eintracht Frankfurt ist zu einem Becken für europäische Toptalente geworden. Der ehemalige Profi Sebastian Kneißl preist die Arbeit in höchsten Tönen.

Frankfurt – Eintracht Frankfurt hat sich in den vergangenen Jahren zu der Adresse für Toptalente in Europa entwickelt. Im vergangenen Sommer schlossen sich Oscar Höjlund, Nathaniel Brown und Can Uzun an, in den Saisons zuvor kamen Namen wie Randal Kolo Muani, Omar Marmoush, Nnamdi Collins oder Hugo Ekitiké in die Mainmetropole. DAZN-Experte Sebastian Kneißl nahm sich im Gespräch mit fussball.news Zeit und blickte auf die Arbeit der Hessen.

fussball.news: Sebastian Kneißl, wenn Sie nochmal ein junger Spieler wären und die Eintracht anruft: Würden Sie sich freuen und zusagen?

Sebastian Kneißl: Die Eintracht ist für mich aktuell das beste Sprungbrett in Europa – und das meine ich als positive Marke. Dabei geht es nicht nur um den Traum, ständig um die Deutsche Meisterschaft mitzuspielen. Es geht darum, die Frage zu beantworten, was dem Verein hilft. Ich sehe drei Faktoren: Wirtschaftlich gut dastehen, Spaß auf dem Platz haben und damit Euphorie im Umfeld entfachen. Wenn man die Entwicklung sieht, dann verbindet die Eintracht diese Elemente. Der Klub hat sich dadurch in der Tabelle weiter oben etabliert und kann bei Transfers mittlerweile in einem ganz anderen Teich fischen. Also kurzum: Wenn ich 15, 16 oder 17 Jahre alt wäre, würde ich meinen Berater sogar damit beauftragen, zu überprüfen, ob bei der Eintracht etwas für mich möglich ist.

fussball.news: Sie geraten ja richtig ins Schwärmen...

Kneißl: Die Eintracht bietet ein richtig attraktives Gesamtpaket. Und der Klub hat großartige Fans. Genau für so eine geile Stimmung willst du Fußballprofi werden. Das ist der Traum eines jeden jungen Fußballers. Natürlich spielt der Faktor Geld auch eine wichtige Rolle. Aber wenn du zur Eintracht wechselst, dann brennt da vor 60.000 Fans alle zwei Wochen die Hütte. Mittlerweile kannst du diese Atmosphäre sogar noch häufiger genießen, weil der Klub international spielt. Und noch etwas …

fussball.news: Erzählen Sie...

Kneißl: Der Verein hat eine klare Struktur. Du wechselst als Spieler zur Eintracht, bist in einem gesicherten Konstrukt und musst keine Angst haben, dass etwas auseinanderbricht. Das bietet ein sensationelles Gesamtpaket für junge Spieler. In Frankfurt bekommst du die maximale Unterstützung vom Trainerteam. Ich muss mich als Spieler zwar auch einbringen, aber ich bekomme die große Chance, meinen Namen auf das nächste Level zu heben. Danach kann ich entscheiden, ob ich das Maximale bei der Eintracht erreichen kann oder ob ich noch zu einem Klub auf einem höheren Niveau wechseln will. Und was sehr wichtig ist: Die Eintracht selbst bewertet sich realistisch. Der Klub rennt nicht blind einem hochtrabenden Ziel wie der Deutschen Meisterschaft hinterher, sondern er wächst organisch. Die Verantwortlichen um Sportvorstand Markus Krösche und Vorstandssprecher Axel Hellmann wissen, dass sie sich in den Top 6 genau richtig bewegen.

fussball.news: Wir wollten zu Beginn darauf hinaus, dass es aktuell wohl kaum einen Verein in Europa gibt, der so gut Talente fördert wie die Eintracht. Die Gründe dafür haben Sie nun benannt. Wenn Sie für sich ein Ranking erstellen würde: Mit welchen Klubs konkurriert die Eintracht in diesem Bereich?

Kneißl: Es gibt gewisse Ähnlichkeiten zu den portugiesischen Strukturen, wie sie von Benfica Lissabon und FC Porto praktiziert werden. Sie haben die Frage danach, wie man bei Transfers agiert und Überschüsse generiert, immer sehr gut beantwortet. Der Eintracht ist es in den vergangenen Jahren sogar gelungen, Porto in diesem Bereich zu überholen. Und auch wenn Ajax Amsterdam in den vergangenen Saisons sportlich nicht immer top war, hat der Klub dieses Image immer gehabt: ‚Geh als junger Spieler dorthin. Du wirst gut ausgebildet, spielst international und kannst den nächsten Schritt gehen.‘ Wenn du es als Verein schaffst, diesen Weg zu gehen, bist du wie ein Magnet für Talente. Diese Sogwirkung ist bei der Eintracht das Ergebnis konstant guter Arbeit.

fussball.news: Ein Name, der eng mit Ihnen persönlich verbunden ist im Frankfurter Raum, ist der von Oscar Höjlund. Sie haben sehr früh im August schon prophezeit, dass er der nächste Durchstarter sein könnte. Wie kamen Sie damals schon zu diesem Take?

Kneißl: Im Kader der Eintracht können natürlich alle Jungs kicken. Aber Oscar Höjlund hat eine Extraportion professionelle Demut. Er kennt seine Rolle, die ich metaphorisch beschreiben will. Höjlund möchte zukünftig das Trikot von einem Spieler tragen, der aktuell zu den Leistungsträgern gehört. Nehmen wir beispielsweise Ellyes Skhiri, Hugo Larsson oder Mario Götze. Er schaut sich eines dieser Trikots aus und sagt, dass er dieses Trikot zukünftig tragen und sich seinen Platz in der ersten Elf sichern möchte. Das macht Höjlund aber auf respektvolle Art und Weise. Er hört sich alles an, will dazulernen und bringt ein sportlich spannendes Paket mit.

fussball.news: Die ersten Eindrücke machen Lust auf mehr, gegen den BVB (2:0) traf er erstmals für die Eintracht. Was zeichnet Oscar Höjlund Ihrer Meinung im Gesamtpaket aus?

Kneißl: Oscar Höjlund ist extrem dynamisch, er strahlt zugleich aber große Ruhe aus. Ich sehe in ihm den nächsten Leader der Eintracht. Es fällt auf, dass er immer den Ball fordert und auch unter Druck nicht davonrennt. Das sind herausragende Qualitäten in diesem jungen Alter. Und ich weiß aus Gesprächen, dass er extrem wissbegierig und fleißig ist. Das sollten junge Spieler immer sein. Aber bei ihm ist diese Eigenschaft noch etwas ausgeprägter vorhanden.

fussball.news: Hugo Larsson, Rasmus Kristensen, Oscar Höjlund, Jesper Lindström, Jens Petter Hauge: Die Eintracht bedient sich inzwischen regelmäßig auf dem skandinavischen Markt. Nicht jede Idee hat geklappt, doch die Erfahrungen sind größtenteils positiv. Was zeichnet die Kicker aus Schweden, Dänemark oder Norwegen aus?

Kneißl: Skandinavier sind brutal überzeugt von sich. Sie kommen mit viel Selbstvertrauen, da sie um ihre Stärken wissen. Diese Position vertreten sie klar und deutlich, so werden die Jungs auch erzogen. Skandinavier habe ich auch aus meiner Zeit als Spieler als starke Persönlichkeiten abgespeichert. Deshalb passen diese Spieler auch gut ins Konstrukt der Eintracht. Zu Beginn des Jahrtausends hätten diese Transfers bei der Eintracht noch nicht funktioniert. Aber jetzt bringen sie Ehrgeiz, sportliche Qualität, eine gewisse Euphorie und Leichtigkeit in die Mannschaft.

fussball.news: Omar Marmoush ist gegangen, dafür wurden Elye Wahi und Michy Batshuayi geholt. Was halten Sie von diesen Transfers?

Kneißl: Vor allem der Transfer von Michy Batshuayi ist ein ‚Monster-Move‘ der Eintracht. Er hat damals beim BVB gezeigt, dass er in der Bundesliga funktionieren kann. Batshuayi ist ein Spieler, den du richtig einsetzen musst, sonst funktioniert er nicht. Aber er hat tolle Qualitäten. Batshuayi bringt die nötige Physis mit, er kann den Ball für die nachrückenden Mitspieler festmachen. Sein Abschluss ist zudem ordentlich. Elye Wahi ist ein Profi, den du in die Tiefe schicken kannst, weil er eine brutale Explosivität hat. Er kommt nach spätestens zwei Kontakten im Strafraum zum Abschluss. Aber sie liefern dir beide nicht das Dribbling, wie es zuvor Omar Marmoush getan hat. Hier muss Dino Toppmöller dann etwas anpassen. Aber diese Transfers zeigen noch etwas …

fussball.news: Was sehen Sie da noch bei der Verpflichtung von Wahi und Batshuayi?

Kneißl: Batshuayi und Wahi haben in Sachen Persönlichkeit auch schon negative Schlagzeilen geliefert. Das ist möglicherweise die nächste Nische, die die Eintracht auch bedienen und sagen kann: ‚Wir haben ein, zwei oder drei Plätze für Spieler im Kader, die in der Vergangenheit nicht nur aus sportlichen Gründen in den Schlagzeilen gelandet sind.‘ Die Eintracht gibt ihnen allerdings noch eine Möglichkeit und sendet damit eine Botschaft: ‚Jeder hat eine Chance – möglicherweise auch eine zweite oder dritte – verdient.‘ Allerdings müssen die Spieler glaubhaft versichern, dass sie sich wirklich durchbeißen und verbessern wollen. Auch das ist ein Grundstein für den Erfolg.

fussball.news: Ist die Eintracht gerüstet für das Rennen um die Top 4?

Kneißl: Ich habe großes Vertrauen in die Arbeit von Dino Toppmöller. Das ist eine Aussage, die ich vergangene Saison so nicht getroffen hätte. Ich muss wirklich sagen, dass er mich in dieser Saison positiv überrascht hat. Seine starke Arbeit läuft teilweise etwas unter dem Radar. Aber die Entwicklung von Toppmöller ist für mich krass. So etwas musst du als Trainer packen. Er war im Sommer schwer angezählt. Toppmöller hat sich allerdings mit seinem Staff neu erfunden. Die Eintracht spielt in dieser Saison etwas pragmatischer und nicht mehr so verkopft und kompliziert. Und die Spielweise ist genau auf die DNA des Vereins abgestimmt. Toppmöller hat seine Idee nicht einfach weiter durchgedrückt, sondern Anpassungen vorgenommen. Deshalb sehe ich die Chance, dass die Eintracht in den Top vier landet.

fussball.news: Trauen Sie der Mannschaft einen Europa-League-Run 2.0 wie 2022 zu?

Kneißl: Die Eintracht ist das beste Beispiel dafür, was das Thema Flow alles auslösen kann. Natürlich braucht die Mannschaft ein gutes Belastungsmanagement und Stabilität im Kader. Ich bin auch gespannt darauf, ob der Abgang von Marmoush in den kommenden Wochen noch Probleme offenlegt. Die Eintracht muss sich jetzt wieder finden, der Fußball wird sich verändern. Ich traue dem Team dennoch zu, mindestens das Viertelfinale zu erreichen. Und vielleicht ist dann ja noch mehr möglich …

fussball.news: Der Kader der Eintracht ist an vielen Stellen stark besetzt. Doch wo würden Sie im Sommer noch nachjustieren?

Kneißl: Das ist eine gute Frage. Ich bin ein Freund davon, auf die Entwicklung des Kaders zu schauen – vor allem mit den beiden Neuzugängen Batshuayi und Wahi. Das muss sich zunächst finden und festigen. Die Eintracht hat mit Ansgar Knauff, Hugo Ekitiké, Can Uzun oder Nathaniel Brown noch weitere Qualität in der Offensive. Aber du musst prüfen, bei welchen Spielern in der zweiten Reihe es nicht passt. Da ist beispielsweise Farés Chaibi, der nicht auf dem erhofften Level agiert. Du brauchst jedoch im Training die Qualität, um dich als gesamte Mannschaft auf die nächste Stufe entwickeln zu können. Ich würde daher weniger auf das Thema erste Elf schauen, sondern vielmehr sagen, dass man bei den Backups noch mehr Qualität hinzufügen sollte.

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