Die 0:3-Klatsche gegen die Niederlande hat weltweit für Aufsehen gesorgt. Lothar Matthäus fordert nun insbesondere bei den Bayern-Stars für drastische Maßnahmen.
Paris - Rekordnationalspieler Lothar Matthäus hat nach der 0:3-Niederlage der deutschen Nationalmannschaft in den Niederlanden Kritik am DFB-Team und Bundestrainer Joachim Löw geübt. "Mit einer Leistung wie in Holland müsste einem für das Spiel in Frankreich Angst und Bange werden", schrieb Matthäus in seiner Kolumne bei skysport.de.
"Ich war, wie viele andere, nach der WM auch dafür, dass Löw weiter machen darf und soll. Das hat er verdient. Er ist ein sehr guter Trainer, aber auch er muss das wieder unter Beweis stellen", so Matthäus: "Klar ist aber auch, dass vor allem die Trainer an den Ergebnissen gemessen werden und die sind aktuell schlecht und gehen Hand in Hand mit spielerischem Unvermögen."
Matthäus kritisierte vor allem, das Löw an bestimmten Spielern festhalte. "Was ist mit dem Leistungsprinzip? Wieso spielen Akteure, die aktuell total außer Form sind? Wieso werden so viele Spieler auf Positionen aufgestellt, die sie im Verein nicht spielen?", meinte der 57-Jährige: "Die Achse auf die Jogi Löw vertraut und die jeder Trainer gerne hat, funktioniert einfach aktuell nicht, denn diese Spieler haben mit sich und mit Problemen in ihren Vereinen zu kämpfen."
Wer hat eine Chance verdient?
Matthäus plädiert beispielsweise für einen Wechsel im Tor: „Manuel Neuer hat aktuell nicht die Form und Sicherheit, die er vor seiner schweren Verletzung gehabt hat. Er ist noch nicht wieder in der Form, die ihn viermal zum Welttorhüter gemacht hat.
Marc-Andre ter Stegen spiele „seit Jahren Weltklasse bei Barcelona. Ich finde, er hätte langsam die Chance verdient, ein wichtiges Spiel von Anfang an zu bestreiten, selbst wenn Neuer zur Verfügung stünde“, analysierte der Ehrenspielführer weiter.
Lothar Matthäus: Auch Thomas Müller, Mats Hummels und Jerome Boateng auf die Bank?
Neben Neuer nannte Matthäus noch weitere Spieler, die „mit sich und mit Problemen in ihren Vereinen zu kämpfen haben: Jerome Boateng, Mats Hummels, Toni Kroos, Thomas Müller. Sie sind die Erfahrensten, haben den Laden aber aktuell überhaupt nicht im Griff.“ Er habe sich „sehr über die Aufstellung von Joachim Löw gewundert“, meinte Matthäus über das 0:3 gegen Holland.
„Die beiden Innenverteidiger machen Fehler, die man sonst so nicht von ihnen gewohnt ist. Kroos und Müller haben im Moment weder Leichtigkeit, noch Genauigkeit in ihrem Spiel. Die Bayern-Spieler befinden sich schon länger in einer unbefriedigenden Krisensituation und für Kroos läuft es momentan bei Real auch alles andere als optimal", führt Matthäus weiter aus.
Natürlich solle man nicht gänzlich auf die „Helden von 2014“ verzichten. „Das heißt ja jetzt nicht, dass Boateng, Hummels, Neuer, Kroos und Müller komplett aus der Nationalmannschaft raus müssen - natürlich nicht. Aber sie müssen schon den Druck der Jungen spüren und nicht jedes Mal aufs Neue spielen dürfen", fordert der Europameister von 1996.
Plädoyer für Brandt und Sané, Uth fraglich
Und wer soll die Altstars ersetzen? Auch hier hat Lothar Matthäus eine klare Meinung. „Warum bekommt Julian Brandt - einer der wenigen, die bei der WM überzeugt haben - nicht einmal die Chance, von Beginn an und 90 Minuten zu spielen? Dass Müller für mich kein Rechtsaußen ist, ist bekannt.“
Auch die Position von Timo Werner sieht er kritisch. Der Leipzig-Star gehöre ins Sturmzentrum und nicht auf den linken Flügel. Dort sieht Matthäus vielmehr Leroy Sané: „Er hätte mehr Einsatzzeit verdient bei seiner Klasse und Werner könnte in die Mitte.“ Zudem kritisiert Matthäus die Nominierung von Mark Uth.
„Wieso bekommt Mark Uth jetzt die Chance, die er vor der WM verdient gehabt hätte? Er hat in Hoffenheim 14 Tore geschossen, durfte aber nicht mit zum Turnier. Jetzt hakt es bei ihm, wie bei den meisten Schalkern, und ausgerechnet jetzt soll er die Mannschaft mit Toren retten? Ganz abgesehen davon, dass er keine wahre Nummer neun ist, sondern auch eher eine hängende Spitze“, poltert der Ex-Bayern-Star.
Lothar Matthäus hat auch schon die Krise beim FC Bayern analysiert - und James Rodriguez und Robert Lewandowski angegriffen und ihnen Egoismus und Respektlosigkeit unterstellt.
dpa / sid mit nc