Rio de Janeiro - Luis Suárez ist für seine Beißattacke im WM-Spiel gegen Italien wie erwartet hart bestraft worden. Noch nie fällte die FIFA ein solches Urteil bei einer WM.
Skandal-Stürmer Luis Suárez hat die ganze Härte der Fußball-Gesetze zu spüren bekommen und ist für seine skandalöse Beißattacke mit einer Rekordstrafe in der WM-Geschichte belegt worden. Für vier Monate darf der 27-Jährige nicht mehr auf Torejagd gehen. Für Länderspiele Uruguays wurde der Angreifer zudem für neun Partien gesperrt und verpasst nach seinem sofortigen WM-Aus zumindest auch den Anfang der Copa America 2015 in Chile. Die Zeitsperre bis in den Herbst hinein bedeutet, dass Suárez für den FC Liverpool weder in der englischen Premier League noch in der Champions League spielen darf.
Angesichts dieser konsequenten Bestrafung ist die zusätzlich Geldbuße von 100 000 Schweizer Franken (etwa 82 000 Euro) nur eine Randnotiz. „So ein Verhalten kann auf keinem Fußball-Platz toleriert werden“, sagte der Chef der FIFA-Disziplinarkommission, Claudio Sulser, am Donnerstag in Rio de Janeiro. Auch ZDF-Experte Oliver Kahn findet die Sperre in Ordnung. „Das ist eine absolut nachvollziehbare Entscheidung. Das war eine Aktion, die nicht zufällig passiert ist. Es war bereits das dritte Mal - und diesmal hat die ganze Welt zugeschaut. Daher ist es eine konsequente Entscheidung der FIFA“, sagte der 45-Jährige im ZDF.
Unter Berufung auf Artikel 124 der FIFA-Gesetze ist ein Einspruch zwar möglich, hätte aber keine aufschiebende Wirkung. Suárez oder der uruguayische Verband können also ein Mitwirken im Achtelfinale gegen Kolumbien am Samstag (22.00 Uhr MESZ) nicht durch einen Gang durch die Instanzen der Sportgerichtsbarkeit erwirken.
Suárez hatte am Dienstag im letzten Gruppenspiel seinen Gegner Giorgio Chiellini bei einem Zweikampf im Strafraum unbemerkt vom Schiedsrichter in die Schulter gebissen. Die FIFA-Richter bewerteten das Vergehen nun nachträglich dem Reglement entsprechend auch nach Ansicht der TV-Bilder.
Die bisherige Rekordstrafe bei einer WM waren acht Spiele für den Italiener Mauro Tassotti für einen Ellenbogenschlag gegen Spaniens Luis Enrique im WM-Viertelfinale 1994. Der Kroate Josip Simunic wurde wegen rassistischer Vergehen nach dem WM-Playoff gegen Island sogar für zehn Spiele gesperrt und verpasste die WM in Brasilien.
Pressestimmen: "Suarez - der weiße Hai des Weltfußballs"
Der umstrittene Suárez hatte bereits 2010 bei Ajax Amsterdam und im Vorjahr beim FC Liverpool Gegenspieler gebissen und Sperren von sieben beziehungsweise zehn Spielen von den nationalen Verbänden erhalten. Wegen seiner rassistischen Bemerkungen gegen den Franzosen Patrice Evra von Manchester United - die Suárez bis heute bestreitet - wurde er 2011 für acht Spiele verbannt. Bei der WM 2010 hatte er mit einem absichtlichen Handspiel im Viertelfinale gegen Ghana und anschließenden arroganten Bemerkungen über sein unsportliches Verhalten für Wirbel gesorgt.
Sein derzeitiger Club FC Liverpool wollte vor einem Kommentar zunächst den Bericht der FIFA-Disziplinarkommission abwarten, erklärte Vorstandschef Ian Ayre.
Uruguay legt Protest ein
Der uruguayische Fußball-Verband wird Einspruch gegen die Sperre einlegen. Es sei „eine übertriebene Entscheidung“, sagte Verbandspräsident Wilmar Valdéz der Nachrichtenagentur AP am Donnerstag in Rio de Janeiro. „Es fühlt sich an, als wäre Uruguay aus der WM geworfen worden.“ Ein Einspruch gegen den Bann von neun Pflicht-Länderspielen gegen Suárez hat allerdings vor dem WM-Achtelfinale gegen Kolumbien am Samstag keine aufschiebende Wirkung, wie der Weltverband FIFA zuvor erklärt hatte.
Weiterer Ärger für Suarez
Die hohe FIFA-Strafe nach seiner Beiß-Attacke hat für Uruguays Nationalstürmer Luis Suarez weitreichende Folgen. Unmittelbar nachdem der 27-Jährige zu einer Sperre von neun FIFA-Spielen, 100.000 Franken (82.000 Euro) Geldstrafe und einer viermonatigen Sperre für alle Fußball-Aktivitäten verdonnert wurde, kündigte der erste Sponsor an, die Werbeaktivitäten mit dem Torschützenkönig der Premier League einzustellen.
„Wir planen keine weiteren Marketingaktivitäten mit Suarez während der FIFA Fußball-Weltmeisterschaft 2014“, sagte adidas-Sprecher Oliver Brüggen dem SID: „Adidas unterstützt die von der FIFA getroffene Entscheidung und duldet das jüngste Verhalten von Luis Suarez nicht. Wir werden ihn noch einmal an die hohen Verhaltensstandards erinnern, die wir an unsere Spieler stellen.“ Suarez sind allerdings alle Beteiligungen an Fußball-Aktivitäten für die kommenden vier Monate untersagt, dazu dürften auch Auftritte beim offiziellen WM-Ausrüster zählen.
dpa