Nach der Auftaktpleite 1982 gegen Algerien kam das DFB-Team ins Finale. Doch nach dem Fehlstart gegen Mexiko ist der Frust groß. Die Nerven liegen blank. Von allen Seiten hagelt es Kritik - wer hat Recht?
Moskau - Mats Hummels schimpfte nach der Peinlich-Pleite gegen Mexiko: „Wenn wir wieder so spielen, habe ich Sorge!“ Abwehr-Kollege Jerome Boateng legte nach: „Jetzt ist WM, und wir haben es immer noch nicht kapiert!“ Und Joshua Kimmich meinte: „Qualität alleine reicht nicht!“ Schon in der WM-Vorbereitung wurde deutlich, dass das DFB-Team immer den gleichen Trott spielte. Doch auch zum WM-Start setzte Bundestrainer Joachim Löw auf das altbewährte Gerüst mit acht Weltmeistern im Team und kündigte an: „Wir werden deswegen nicht von unserem Weg abgehen. Den Plan über den Haufen schmeißen – das machen wir gar nicht!“ Stellt sich die Frage: Jogi, hörst du die Hilferufe nicht?
Beim Titelgewinn in Brasilien war Löw in einer ähnlichen Situation. Damals hatte Philipp Lahm eine Einsatzgarantie im zentralen Mittelfeld. Erst nach dem Holper-Sieg gegen Algerien im Achtelfinale zog der Bundestrainer den Kapitän wieder nach rechts hinten – auf Anraten einiger Spieler. Ein entscheidender Kniff für den WM-Triumph. Gut möglich, dass Jogi nach dem Mexi-K.o. erneut Einzelgespräche mit seinen Stars sucht. Ob es hilft?
WM 2018: Was klappt beim DFB-Team nicht?
Zurück in die Gegenwart: Vor allem die Abstimmung zwischen Defensive und Offensive klappte nicht. Hummels: „Unsere Absicherung war nicht gut, das muss man ganz klar sagen. Jerome und ich stehen da oft alleine. Ich spreche das oft an intern. Es scheint aber nicht zu fruchten.“ Der Abwehrspieler sieht die Leistung seines Teams nicht erst seit dem WM-Auftakt im Keller: „Wir hatten den Weckruf schon gegen Saudi-Arabien. Ich verstehe nicht, wieso wir so aufgetreten sind. Wir hatten schon einen Schuss vor den Bug bekommen.“
„Qualität alleine reicht nicht“
Noch deutlicher wurde Kimmich: „Es sind schon ein paar mehr Spiele: Wir haben außer gegen Saudi Arabien die letzten sechs Spiele nicht mehr gewonnen. Man kann es einfach nicht vergleichen mit der WM-Quali, wo man kaum gefordert wird. Da nutzt der Gegner die Ballverluste nicht aus.“ Für den Außenverteidiger geht es in den nächsten Spielen um die Einstellung: „Mentalität ist immer so eine Sache, da kann man nicht genug davon haben. Qualität alleine reicht nicht. Wir müssen, wenn wir ein schlechtes Spiel an den Tag legen, das durch Mentalität auffangen.“
Das selbstkritische FCB-Trio komplettiert Boateng, der sich an der nicht vorhandenen Kommunikation auf dem Platz stört: „Wir müssen viel mehr reden. Wir hatten vier, fünf Ballverluste, wo ein Gegenspieler von hinten kommt, und keiner sagt was.“ Es gehe ihm allerdings nicht um Schuldzuweisungen, sondern darum, die richtigen Schlüsse zu ziehen: „Nach so einem Spiel muss sich fast alles ändern. Wir müssen als Team besser spielen, aggressiver und mit engeren Linien. Es war knallhart! Wir hatten jetzt schon zwei, drei Weckrufe.“ Übrigens: Nach der bislang einzigen WM-Auftaktpleite 1982 gegen Algerien (1:2) kam das DFB-Team trotz interner Querelen ins Finale. Nur Spanien holte trotz Niederlage zum Start den Titel (2010). Gutes Omen oder letzter Strohhalm?
Manuel Bonke
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