Werder-Boss Marco Bode kontert Vorwürfe: „Wir sparen uns nicht in die Zweite Liga, die Mannschaft ist wettbewerbsfähig“

Der Boss des SV Werder Bremen, Marco Bode (li.) und Sportchef Frank Baumann mussten nach der Sommer-Transferperiode viel Kritik einstecken.
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Die deutliche öffentliche Kritik an der Transferpolitik von Werder Bremen ist auch Marco Bode nicht entgangen. Doch der Aufsichtsratschef kann die Aufregung nach dem Weggang von Davy Klaassen und dem Verzicht auf die Verpflichtung eines Ersatzes nicht wirklich nachvollziehen.

Bremen - „Wenn sich jetzt jemand wundert, dass wir in unserer Situation keinen Marko Grujic aus der Premier League holen können, dann verstehe ich die Welt nicht mehr“, sagt Bode im Gespräch mit der DeichStube* und verweist auf die finanziell extrem angespannte Situation bei Werder Bremen. Gleichzeitig wehrt sich der Ex-Profi gegen die Schwarzmalerei: „Weil wir einen – zugegeben sehr guten – Spieler wie Klaassen verloren haben, bedeutet das doch nicht automatisch, dass wir nur noch gegen den Abstieg spielen. Wir sparen uns nicht in die Zweite Liga. Wir haben immer noch eine wettbewerbsfähige Mannschaft.“

Werder Bremen-Boss Marco Bode setzt auf erfahrene Kräfte wie Maximilian Eggestein

Auch im Mittelfeld? Eigentlich sollte nach den vielen namhaften Abgängen in diesem Bereich (Philipp Bargfrede, Kevin Vogt, Nuri Sahin) noch ein Sechser zu Werder Bremen geholt werden, stattdessen wechselte Mittelfeld-Chef Klaassen zu Ajax Amsterdam. „Ja, im Mittelfeld ist ein gewisses Risiko da“, gesteht Bode: „Aber wir müssen dieser Mannschaft auch vertrauen. Wir wollen den Weg mit jungen Spielern gehen, dann gehört so eine Situation nun dazu.“ Bode setzt dabei auf erfahrenen Kräfte wie Maximilian Eggestein (23) und Kevin Möhwald (27), aber auch auf Talente wie Jean Manuel Mbom (20), Romano Schmid (20), Nick Woltemade (18) und Ilia Gruev (20). Auch Yuya Osako (30) und Leonardo Bittencourt (26) könnten im Mittelfeld spielen. Und dann sei da natürlich auch noch Patrick Erras (25) – der Neuzugang vom Zweitligisten 1. FC Nürnberg, der es in den ersten beiden Bundesligaspielen nicht mal in den 20er-Kader von Werder Bremen geschafft hatte. „Das zeigt doch nur, welche Tiefe wir im Kader haben“, hält Bode dagegen und betont: „Man sollte nicht voreilig ein Urteil fällen. Für mich bleibt Patrick eine ernsthafte Option. Er hat das in der Vorbereitung sehr gut gemacht.“

Werder Bremen: Transfer von Milot Rashica zu Bayer Leverkusen geplatzt

Der Aufsichtsratschef ist aber auch Realist und hätte sich natürlich nicht gegen eine Verstärkung für das Mittelfeld gewehrt – vor allem nicht gegen einen Grujic. „Wenn man es kann, verpflichtet man so einen Spieler“, sagt Bode über den 24-Jährigen vom FC Liverpool, der in den vergangenen beiden Spielzeiten an Hertha BSC ausgeliehen war. Doch eine Verpflichtung – selbst eine Ausleihe – wäre nur möglich gewesen, wenn Milot Rashica rechtzeitig und für den gewünschten Preis verkauft worden wäre. Doch das hat nicht geklappt.

„Ich habe jetzt kein schlechtes Gewissen, weil wir es nicht gemacht haben“, sagt Marco Bode, „denn es wäre einfach unvernünftig gewesen.“ Ihn ärgert es, dass die schwierige finanzielle Lage des Clubs immer noch nicht allen bewusst sei. „Wir haben doch in den vergangenen Monaten ganz transparent gemacht, dass wir uns durch die Coronakrise im Krisenmodus befinden. Allein dadurch fehlen uns bis Jahresende 30 Millionen Euro. Das ist ein Viertel unseres Jahresumsatzes. Und wer weiß, wann wir wieder mit relevanten Zuschauereinnahmen rechnen können?“

Werder Bremen musste für Leonardo Bittencourt und Ömer Toprak zwölf Millionen Euro zahlen

Aber Bode will nicht alles auf die Folgen der Coronapandemie schieben, der 51-Jährige gibt sich auch selbstkritisch. „Wir haben bei Werder Bremen ein zusätzliches Problem: Aus heutiger Sicht war es falsch, dass wir vor einem Jahr darauf verzichtet haben, einen Leistungsträger zu verkaufen. Wir wollten damit unsere Chance, uns für Europa zu qualifizieren, erhöhen, sind damit aber auf die Nase gefallen.“ Zu dieser „strategischen Entscheidung“ des Aufsichtsrates und der Geschäftsführung gehörte damals auch, dass die Neuzugänge Ömer Toprak und Leonardo Bittencourt nur ausgeliehen wurden, aber dann ein Jahr später – also in diesem Sommer – wegen einer Kaufverpflichtung bezahlt werden mussten. Zusammen ergab das eine Ablösesumme von zwölf Millionen Euro.

Das Geld wurde nun durch den Klaassen-Verkauf (elf Millionen Euro plus möglicher Boni von drei Millionen) wieder reingeholt. Ein Rashica-Transfer hätte die Corona-Mindereinnahmen gemildert. Dieser Effekt muss nun im Winter oder spätestens im Sommer nachgeholt werden. Um liquide zu bleiben, hatte Werder Bremen schon vor Monaten angekündigt, Kredite aufzunehmen – die Bewilligung eines KfW-Darlehens steht dabei noch aus, damit beschäftigt sich aktuell das Bundesfinanzministerium. Der Club arbeitet parallel an alternativen Lösungen.

Es geht darum, dass die finanzielle Schieflage nicht zu gefährlich für den Verein wird und dessen Zukunft infrage stellt. Geht das Konzept auf, Transferausgaben – auch im Winter – zu vermeiden, junge Spieler zu entwickeln, damit neue Werte zu schaffen und auch in der Liga zu bleiben, wäre die Saison ein großer Erfolg, die Konsolidierung in schwierigsten Zeiten geschafft. Eine Mammutaufgabe – auch für den Trainer Florian Kohfeldt. „Ich habe mit Florian gesprochen. Natürlich hätte er gerne einen Ersatz für Klaassen gehabt. Das will doch jeder Trainer“, so Bode: „Aber Florian geht diesen Weg mit. Er hat auch gesagt, dass wir nicht irgendeinen Spieler holen sollen, der womöglich nur unsere eigenen Spieler blockiert, ohne uns erheblich zu verstärken. Florian hat Lust, unsere Spieler zu entwickeln.“

Werder Bremen hat noch einen Trumpf im Ärmel: Milot Rashica

Trainer, Geschäftsführung und Aufsichtsrat – das ist in Bremen für Bundesliga-Verhältnisse eine schon ungewöhnlich enge Beziehung. „Wir waren im letzten Jahr mutig, immer weiter an Florian zu glauben. Wir hätten auch den einfachen Weg gehen und einen neuen Trainer holen können“, erinnert Bode an den harten Abstiegskampf: „Nun macht Florian das auch für uns und hadert nicht.“ Diese Einstellung wünscht sich der Aufsichtsratschef auch vom Umfeld und wirbt dabei um Unterstützung. „Ich bitte die Fans und ein Stück weit auch die Medien, dieser Mannschaft jetzt die Chance zu geben, die sie verdient. Es wird nicht immer alles glatt laufen, aber ich bin zuversichtlich und bleibe selbstbewusst. Es verbietet sich, von Europa zu sprechen, aber man muss auch nicht immer nur an den Klassenerhalt denken.“

Dabei habe Werder Bremen noch einen Trumpf im Ärmel: Milot Rashica, der nach seinem geplatzten Transfer bleiben muss. „Natürlich war er enttäuscht, aber er wird das wegstecken. Seine Chance auf den nächsten Karriereschritt ist doch nicht vorbei. Er kann sich das selbst wieder mit seinen Teamkollegen erarbeiten. Am besten macht er mit Toren auf sich aufmerksam. Es ist nicht ausgeschlossen, dass die Situation für Milot und für Werder etwas Gutes haben wird.“ (kni)  *DeichStube.de ist Teil des bundesweiten Ippen-Digital-Redaktionsnetzwerkes und begleitet das Testspiel des SV Werder Bremen gegen den FC St. Pauli im Live-Ticker.

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