Im ersten Gruppenspiel der Weltmeisterschaft 2022 verlor Deutschland gegen Japan. Die Stimmen der DFB-Verantwortlichen und Spieler.
Ar-Rayyan - Exakt 1610 Tage nach dem blamablen WM-Aus 2018 gegen Südkorea startete die deutsche Nationalelf bei der Weltmeisterschaft in Katar den nächsten Anlauf. Im ersten Gruppenspiel gegen Japan gab es jedoch einen Dämpfer: Die Mannschaft von Bundestrainer Hansi Flick unterlag mit 1:2.
Vor und nach der Pleite des DFB-Teams gegen die japanische Mannschaft äußern sich die Spieler, Trainer und Verantwortlichen an den Fernsehmikrofonen. Wir fassen alle Stimmen aus den Interviews der ARD und von Magenta TV zusammen.
Hansi Flick (Bundestrainer) nach dem Spiel in der ARD über...
... über den Ausgleich der Japaner: „Da muss Niklas (Süle, Anm. d. Red.) einfach aufpassen. Er hebt das Abseits auf, weil er sich zwei, drei Schritte zu weit hat fallen lassen. Das sind individuelle Fehler, die wir heute büßen mussten. (...) In der ersten Halbzeit haben wir viele Chancen nicht gemacht. Japan hat uns in der Effizienz klar geschlagen und deshalb ein Tor mehr gemacht. Die individuellen Fehler, die wir machen, dürfen nicht passieren. (...) Wenn man in der ersten Halbzeit 78 Prozent Ballbesitz hat, kann man sich nichts davon kaufen. Ihre Taktik (Japan, d Red.) ist einfach: schnell umzuschalten. Und das haben sie heute gemacht.“
... über Leon Goretzka, der das 1:1 mit verschuldete: „Wenn Basti (ARD-Experte Schweinsteiger, d. Red.) sagt, er will sich nicht auf einen Spieler einschießen. Deshalb ist es auch am Trainer, die ganze Mannschaft zu sehen. Wir gehen in die Analyse, haben einiges gut zu machen nach dem heutigen Spiel. Wir haben die Qualität, um Spanien zu schlagen.“
... über die Wechsel im DFB-Team, die den Rhythmus störten: „Wir wollten einfach frische Kräfte reinbringen. Thomas (Müller, Anm.) hat länger nicht gespielt, deshalb war das richtig. Das sind individuelle Fehler, die wir nicht machen dürfen, die wir aber gemacht haben. Deshalb haben wir verloren.“
... über das nächste WM-Gruppenspiel gegen Spanien: „Wir müssen nach vorne blicken, das tun wir. Es sind noch sechs Punkte, die zu vergeben sind. Die wollen wir holen. Und daran arbeiten wir.“
Leon Goretzka (Deutschland) nach dem Japan-Spiel in der Mixed Zone über...
... das Spiel: „So ein Spiel hat man schon sehr oft im Fußball gesehen. Du führst 1:0, wir haben das Spiel im Griff, machen aber unsere Chancen nicht. Und dann spielst du ja auch nicht gegen Vollblinde. Und dann hast du das Spiel auf einmal verloren. Die Erinnerungen (an Russland 2018) sind sehr weit hinten verdrängt, aber es fühlt sich nicht gut an. Jetzt ist zumindest die Marschroute klar. Wir müssen das Spiel gegen Spanien gewinnen.“
Kai Havertz (Deutschland) nach dem Japan-Spiel in der Mixed Zone über...
... das Spiel: „Wir haben in der Halbzeit gesagt, es ist noch nichts gewonnen. Wir wussten, wir müssen das zweite Tor machen, wir hatten viele gute Chancen, wir haben es nicht gemacht und wurden dann überrumpelt. Das passiert im Fußball, darf aber nicht auf dieser wichtigen Bühne passieren. Wir müssen versuchen, das Blatt umzudrehen. Es ist natürlich eine blöde Situation, in der wir jetzt sind, weil wir Druck auf dem Kessel haben. Aber wir haben genug erfahrene Spieler, um sagen zu können, dass wir dem Druck standhalten können.“
Nico Schlotterbeck (Deutschland) nach dem Spiel in der Mixed Zone über...
... das Spiel und das Gegentor zum 1:2: „Wenn du halt das Tor nicht machst, dann passiert das 1:1 und Japan bekommt Oberwasser. Beim Gegentor zum 1:2 war er (Takuma Asano) knapp hinter mir, ich weiß nicht, ob es knapp kein Abseits war. Ich komm‘ nicht ganz ran, dann trifft er aus spitzem Winkel. Wir müssen jetzt den Kopf nach oben bekommen.“
Thomas Müller (Deutschland) nach dem Spiel bei MagentaTV über...
... das Spiel: „An sich vom Gefühl her haben wir über weite Strecken ein gutes Spiel gemacht. Ein gutes Spiel zeichnet sich aber eigentlich dadurch aus, dass man die Überlegenheit auch in Tore ummünzt. Die Effektivität hat nicht gepasst. Es ist schon aberwitzig, dass wir hier mit einer Niederlage starten. Aber wenn man sieht, dass wir vorne liegen lassen und wie wir die Tore bekommen, würde man im Fußballjargon sagen: nicht unverdient verloren“
... der Grund für die Niederlage: „Wir haben nach dem Doppelwechsel ja eine Doppel- oder Dreifachchance und am Ende müssen wir uns die mangelnde Effizienz vorwerfen. Ich denke, der Einsatz hat gestimmt.“
... die Niederlage: „Wir müssen das Ganze jetzt verarbeiten. Eine Niederlage sacken zu lassen, fällt nie leicht. Aber wir müssen sachlich bleiben. Sportlich ist die Niederlage einfach zu analysieren aber emotional schwer zu packen. Wenn du im Fußball nicht effektiv bist, dann gewinnst du nichts.“
Thomas Müller (Deutschland) nach dem Spiel in der ARD über...
... die verlorene Dominanz: „Die Japaner haben umgestellt und sind aggressiver draufgegangen. Wir haben uns aber trotzdem Chancen herausgespielt und waren überlegen. Die Effizienz sowohl vorne als auch hinten raus, dann ist es schwierig, ein Spiel zu gewinnen. Aktuell bin ich geschockt.“
... die gesamten 90 Minuten: „Wenn wir aber der 75. Minute zwei Tore kassieren, dann waren wir nicht dominant. Davor waren wir aber am Drücker, dann haben wir das Spiel aus der Hand verloren. Wenn man die erste Halbzeit sieht, haben wir das gut weggesteckt, hatten viel Energie. Ich bin ein bisschen ratlos. Normalerweise gehen wir als Sieger hervor. Jetzt haben wir aber einen Nachteil.“
... den nächsten Gegner Spanien: „Wir müssen schauen, dass wir das abschütteln und uns körperlich erholen. Wir müssen gegen Spanien schon fast gewinnen, jetzt haben wir den Salat.“
Manuel Neuer (Deutschland) nach dem Spiel in der ARD und in der Mixed Zone über...
... die Gründe für die Niederlage gegen Japan: „Die liegen gelassenen Torchancen, das ist klar. Wir haben bis zum Ende nicht gut hinten verteidigt. Japan hat Druck gemacht, uns im Eins-gegen-Eins angelaufen. Da hatten wir nicht die Ruhe hinten. Wir hätten eine bessere Positionierung gebraucht, so wie es in der ersten Halbzeit war. (...) Wenn wir ein besseres Ballgeschiebe, besseres Spiel nach vorne, ein bisschen ein besseres Selbstvertrauen gehabt hätten. Es war für uns eigentlich kein gefährdetes Spiel, wir haben den Gegner zurückgebracht. Wenn man sich nicht zeigt, keine Präsenz zeigt, kommt die Retourkutsche. Und die haben wir heute bekommen.“
... das, was Deutschland gegen Japan gefehlt hat: „Dieses unbedingte Wollen am Ende hat den Ausschlag gegeben. Japan wollte unbedingt was holen, und wir haben gedacht, wir bringen das über die Bühne. (...) Es ist nach dem Spiel schwer zu verstehen, wie wir das aus der Hand geben konnten.“
... das Gegentor zum 1:2: „Ich wollte, dass er mich anschießt. Vielleicht hätte ich noch einen halben Meter nach vorne machen können. Am Ende weißt du es nicht. Ich glaube, wir haben auch ein bisschen abgeschaltet in der Situation und bis zum Ende auch nicht klar verteidigt.“
Manuel Neuer (Deutschland) nach dem Spiel bei MagentaTV über...
... die Niederlage: „Sehr negativ. Ich bin total frustriert und verärgert, dass wir das Spiel aus der Hand gegeben haben. Es war mehr als unnötig, wir haben uns viele Chancen herausgespielt. Ich glaube der zwingende Wille für das zweite Tor hat gefehlt und wir haben Japan zurück ins Spiel gebracht.“
... den Unterschied zwischen den Halbzeiten: „In der zweiten Halbzeit hatten wir nicht das Selbstbewusstsein aus der zweiten Halbzeit. Wir hatten auch nicht mehr den Spielfluss und haben nicht mehr gut herausgespielt.“
... die Abwehrfehler: „Wir greifen zusammen an und verteidigen zusammen, ich will keinen herausnehmen. Aber dennoch müssen wir es ganz klar besser machen.“
... das, was verbessert werden muss: „Vieles, wir stehen von Anfang an unter Druck. Für mich war das das wichtigste Spiel und es ist in die Hose gegangen, nun haben wir den Salat. Aber wir müssen da geschlossen raus, auch wenn es jetzt gegen den stärksten Konkurrenten Spanien geht. Wir müssen alles geben und zeigen, was wir für ein Potenzial in der Mannschaft haben und das müssen wir auf den Platz bringen.“
Ilkay Gündogan (Deutschland) nach dem Spiel bei der ARD über...
... die Niederlage: „Wir haben es Japan zu einfach gemacht. Gerade das zweite Tor, das darf nicht passieren, wir sind hier bei der WM. Manu hat uns ein paar Mal gerettet. Vorne hatten wir unfassbare Möglichkeiten, haben das zweite aber nicht erzielt. Das darf uns nicht passieren.“
... die Schwachstellen im DFB-Spiel: „Es fehlten uns auch die Möglichkeiten, von hinten rauszuspielen. Es hat die Überzeugung von hinten gefehlt, dass man den Ball hält, sich anbietet. Wir haben dann lange Bälle gespielt. Man hatte das Gefühl, dass nicht jeder den Ball haben wollte. Wir haben viel zu oft und einfach den Ball verloren. Ich glaube, es ist noch nie einfacheres Tor bei einer Weltmeisterschaft erzielt worden.“
Ilkay Gündogan (Deutschland) nach dem Spiel bei der ARD über...
... das Spiel: „Zwei unnötige Tore kassiert, wir haben es dem Gegner viel zu einfach gemacht. Manu hat davor einmal richtig gut reagiert aber du brauchst auch mal die Coolness, dass du das Spiel mit 1:0 über die Bühne bringst. Wir waren nicht gut genug in der zweiten Halbzeit, das ist natürlich extrem enttäuschend.“
... den Grund für die Niederlage: „Die Japaner haben es anders verteidigt und haben uns höher attackiert und wir wollten trotzdem rausspielen, da hat einiges nicht funktioniert. Vielleicht war die Positionierung etwas falsch, am Ende wollten wir den Ball auch zu wenig haben und zu wenig behaupten. Wir haben den Japanern mit unseren Ballverlusten Oberwasser gegeben, was total unnötig war.“
Bastian Schweinsteiger (ARD-Experte und Weltmeister von 2014) nach dem Spiel über...
... die Niederlage: „Ich erkläre es mir damit, dass wir Chancen hatten, aber das 2:0 nicht gemacht. Nach der Umstellung der Japaner hatten wir keinen Zugriff mehr. Sie haben aufopferungsvoll gespielt und wir haben uns den Schneid abkaufen lassen. Die Niederlage zeigt, wo wir stehen. Das ist kein Zufall.“
... die Fehler: „Einfache Ballverluste, Stellungsfehler. Es ist nicht abgezockt, erfahren und clever genug. Wir müssen viel besser werden, um eine Chance gegen Spanien zu haben.“
Hansi Flick (Bundestrainer) vor dem Spiel bei der ARD über...
... die Binden-Debatte: „Die Mannschaft war sehr enttäuscht, wir sind aber hier um Fußball zu spielen und ein gutes Turnier zu spielen. Wir hatten gestern ein gutes Abschlusstraining, dann können wir beruhigt ins Spiel gehen. Sie beschäftigen sich schon mit den Themen. Der Fokus liegt aber auf dem Fußball. Wir können sie nur unterstützen bei den Themen. Wichtig ist aber, dass wir uns auf den Fußball konzentrieren. Die Binde hat etwas mit Werten, für die wir stehen, zu tun. Man wollte ein Zeichen setzen. Die FIFA hat es abgeblockt. Wir wollen heute aber gut Fußball spielen.“
... eine Alternative zur Binde: „Schauen wir mal (schmunzelt).“
... den Fokus seines Teams: „Es waren nur vier gute Trainingseinheiten. Im Oman konnten wir adaptieren. Die Mannschaft bekam noch mehr Intensität im Training. Wir wollen einen klaren Plan umsetzen.“
... seine Defensive: „Restverteidigung ist wichtig, dass wir nicht ins offene Messer laufen. Wir haben die Dinge angesprochen. Die Mannschaft muss sich gegenseitig auf dem Platz pushen. Wir hatten gute Trainingsinhalte, darauf bauen wir auf. Die Mannschaft ist heiß und ist sich ihrer Verantwortung bewusst.“
... seine Offensive: „Ganz vorne ist Kai Havertz, Thomas ist auf der Zehn, außen Serge und Jamal. Wir versuchen flexibel zu sein. Ich bin gespannt, wie sie es umsetzen.“
... seine Viererkette: „Weil wir dann vom Spielaufbau das haben, was wir wollen, eine gewisse Absicherung in Ballbesitz. Japan kann schnell umschalten, darauf haben wir reagiert. Wir hoffen, dass wir es auch so umsetzen.“
... den Gegner: „Sie sind sehr gut ausgebildet, sowohl taktisch als auch technisch. Sie wissen, wie man Fußballspielt, wie man ein Spiel verlagert, und darauf müssen wir heute eine gute Antwort finden..“
Bernd Neuendorf (DFB-Präsident) vor dem Spiel bei der ARD über...
... den entstandenen Schaden durch die „One Love“-Binden-Debatte: „Ich glaube die FIFA arbeitet mit Einschüchterung und Druck. Ich habe die letzten Tage mit der Mannschaft verbracht und viel mit den Spielern gesprochen. Sie freuen sich auf das Turnier, dann ist es unglaublich schwierig in so einer Situation. Wir wussten nicht, welche Sanktionen es gibt. Wenige Stunden vor dem England-Spiel mussten wir eine Entscheidung treffen. Wir sehen nun, welche weiteren Maßnahmen wir treffen können.“
... die FIFA-Entscheidung: „Es ist ein schwierige Situation in der Abwägung, wir waren sehr entschlossen. Wir haben nicht damit gerechnet, dass die FIFA uns nicht antwortet. Wir stehen aber zum Thema Menschenrechte. Wir sind in der Opposition zur FIFA. Wir überlegen wie wir mit dieser untragbaren Situation umgehen.“
... die Planung: „Es hängt davon ab, wir kriegen keine genaue Auskunft der FIFA. Es stellt sich die Frage, welchen Risiken wir die Mannschaft aussetzen. Wir sind im Austausch unter den sieben Nationen. Und dann werden wir das weitere Vorgehen absprechen.“
Bastian Schweinsteiger (ARD-Experte und Weltmeister von 2014) über...
... die Debatte um die „One Love“-Binde: „Das hätte natürlich genervt. Es ist eine katastrophale Macht-Demonstration der FIFA, dann stehen die Verbände unter Druck. Es ist nicht die Schuld der Spieler. Die FIFA hätte die Binde zulassen sollen und fertig.“
... das Testspiel gegen den Oman: „Man darf das Spiel nicht zu hoch hängen. Sie waren nicht perfekt organisiert beim Umschalten des Gegners. Innerhalb von fünf, sechs Sekunden hat der Gegner gegen uns die Chance ein Tor zu schießen. Man muss die Kontrolle und Restverteidigung haben.“
... das erste Spiel bei einer WM: „Wenn man als Nationalspieler eine WM bestreiten darf, es gibt nichts Besseres. Du überlegst dir, wie das Spiel ablaufen kann und siehst die Fans.“
... den Druck für Jamal Musiala: „Aus meiner Erfahrung gar kein Druck. Du gehst hier raus und spielst für dein Land. Es ist nur Vorfreude. Keiner erwartet von ihm ein Mega-Spiel. Es soll so wie immer spielen.“
... Jamal Musiala: „Er ist ein Spieler mit besonderem Talent. Er kann Spieler auf engem Feld stehenlassen. Er kann Tore schießen und seine Mitspieler einsetzen. Besonders bei ihm ist aber, dass er auch nach hinten arbeitet. Das ist ein Unterschied zu beispielsweise Lionel Messi. Er ist ein Spieler, den man nicht greifen, nicht verteidigen kann.“
... Nico Schlotterbeck, der in der Startaufstellung steht: „Mich freut es sehr, dass er in der ersten Elf steht. Er muss verteidigen, aber wenn er den Ball am Fuß hat, spielt er perfekte Diagonalbälle. Ich hoffe, er verteidigt heute auch sehr gut.“
... seinen Tipp: „Ich tippe 3:1 für uns.“
(ajr)