Der Traum vom EM-Halbfinale könnte mit dem Unentschieden gegen Österreich für die DHB-Handballer Geschichte sein. Juri Knorr lederte nach dem Spiel los.
Köln – Das war wahrlich nicht der Abend der deutschen Handballer beim Unentschieden gegen die Außenseiter aus Österreich. 22:22 hieß es am Ende. Mit einer gewaltigen Portion Glück hätte Julian Köster noch das entscheidende Tor in der Schlusssekunde werfen können, aber das wäre dann auch zu viel des Guten gewesen. Denn die Deutschen präsentierten sich schwach und konnten sich bei Andi Wolff, wie auch der Latten und den Pfosten bedanken, dass es überhaupt zu dem Punkt gegen die Nachbarn kam. Im Zentrum der deutschen Kritik: Das Angriffspiel, besonders die Person Juri Knorr.
Juri Knorr reagiert auf Kritik - schon nach dem Island-Spiel im Fokus der Ex-Profis
Schon nach dem Island-Spiel gab es von den Ex-Profis deutliche Kritik. Stefan Kretzschmar und die Ex-Weltmeister Michael „Mimi“ Kraus und Pascal Hens griffen Knorr an. Im Dyn-Talk „Harzblut“ sagte Kretzschmar über das Island-Spiel: „Juri muss mehr aus der Bewegung kommen, heute war es einfach zu statisch, da leiden auch die Halben drunter.“ Auch Hens sah „nicht“ Knorrs „besten Tag“.
Juri Knorr blickte in der Interviewzone nach dem Österreich-Match immer wieder Richtung Decke, der Spielmacher der deutschen Handballer wog jedes seiner Worte genau ab, und er wurde deutlich. „Ich weiß nicht, was ihr wollt. Ich glaube, ihr wollt, dass wir erfolgreich sind, oder? Dass wir wieder ein Wintermärchen für die Leute schaffen, einfach schöne Momente für jeden schaffen, der da draußen ist“, sagte Knorr: „Wenn wir alle das gleiche Ziel haben, dann sollten wir auch so lange dafür arbeiten, solange es möglich ist.“
Wie Mertesacker: Juri Knorr angefressen in Interviewzone
Der deutsche Mittelmann, das war spürbar, hatte Redebedarf. Knorr sprach über Erwartungshaltung, Wahrnehmung und auch Kritik an seiner Person. Sein Auftritt nach dem Remis im EM-Hauptrundenspiel gegen Österreich (22:22) erinnerte an das legendäre „Eistonnen“-Interview von Per Mertesacker auf dem Weg zum WM-Titel der Fußballer 2014 in Brasilien.
„Wir müssen generell, ob wir Spieler das sind, ob ihr Journalisten das seid, die Berichterstattung, wenn wir hier erfolgreich sein wollen, dann müssen wir alle zusammenstehen, die Fans, die Spieler, die Journalisten, wenn wir wirklich das Ziel haben, dann muss auch so das Gefühl bei uns Deutschen herrschen. Und das Gefühl müssen wir alle bekommen und deshalb geht es nur in eine Richtung“, sagte Knorr.
Den 23-Jährigen ärgerte der Auftritt gegen den klaren Außenseiter Österreich. Dramatisieren wollte er ihn aber nicht. „Ich weiß nicht, was immer erwartet wird. Wir zerreißen uns auf der Platte. Natürlich wollen wir gewinnen. Am Ende sind wir heute an unseren freien Chancen gescheitert. Das bedeutet nicht, dass wir heute schlecht Handball gespielt haben“, sagte Knorr.
Kritik der Legenden hat ihn „natürlich“ getroffen, aber Knorr spricht auch über seine Kraftreserven
Der Profi der Rhein-Neckar Löwen, der bislang in jeder Partie zum besten DHB-Werfer avanciert war, war erst nach einer knappen Viertelstunde in die Partie gekommen, weil er „ein bisschen schlapp“ gewesen und sich „wer weiß wie viele Medikamente, die ich sonst nicht kenne, reingeworfen“ habe.
„Ich bin absolut kritikfähig und ich weiß ja auch, dass es nicht mein bestes Spiel war. Aber ich habe jetzt auch häufig genug gesagt, dass ich nicht bei 100 Prozent meiner Kräfte war“, sagte Knorr, der in solchen Situationen auch Rückhalt von der Freundin erfährt. Die Aussagen der „Legenden“ hätten ihn „natürlich“ getroffen. „Ich nehme mir das natürlich zu Herzen und finde es in dem Moment einfach schade“, sagte Knorr und ergänzte: „Ich glaube, man sollte immer das große Ganze sehen, bevor man mit dem Finger auf den anderen zeigt.“ (ank mit SID-Material)
